Statistisch gesehen leben Frauen länger als Männer, müssen daher auch höhere Beiträge für gleiche Leistung ihrer Lebensversicherung zahlen. Dagegen verursachen sie weniger Verkehrsunfälle, weshalb sie derzeit noch in der Kfz-Versicherung profitieren. Diese Unterscheidung, ob der Versicherungsnehmer männlich oder weiblich ist, war bislang zulässig, sofern das Geschlecht ein bestimmender Faktor ist und dies durch statistische und versicherungsmathematische Daten belegt werden kann.

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Die EuGH-Generalanwältin Juliane Kokott plädiert im September 2010 für eine Abschaffung dieser Sonderregelung. Denn eine solche Tarifgestaltung sei diskriminierend und gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung (versicherungsbote.de berichtete).

Nun hat der EuGH dieser Empfehlung nachgegeben (Rechtssache C-236/09, Urteil vom 01.03.2011). Spätestens ab dem 21. Dezember 2012 soll es in der Versicherungsbranche nur noch geschlechtsunabhängige Tarife geben. Die Konsequenz wird sein, dass sich dieses Urteil auf die Prämienhöhe auswirken wird. Altverträge bleiben allerdings davon unberührt.

Die EuGH-Entscheidung wird von den Verbänden nicht unbedingt begrüßt. Die Deutsche Aktuarvereinigung (DAV) warnte bereits im Oktober 2010 vor den Folgen einer gesetzlich erzwungenen Gleichbehandlung zwischen Frauen und Männern (versicherungsbote.de berichtete). Auch der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) bedauert, das EuGH-Urteil. „Mit der Entscheidung wird ein zentrales Prinzip der privaten Versicherungswirtschaft, nämlich das Prinzip der Äquivalenz von Beitrag und Leistung, in Frage stellt“, so GDV-Vorsitzender Jörg von Fürstenwert.

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Der Bund der Versicherten (BdV) dagegen warnt die Versicherungswirtschaft vor ungerechtfertigten Beitragserhöhungen. Der Schadensaufwand steige durch Unisex-Tarife nicht – auch wenn der eine Versicherte etwas mehr und der andere etwas weniger an Prämie zu zahlen habe. „Wenn die Prämien insgesamt erhöht würden, so dient dieses ausschließlich der Gewinnsteigerung, nicht aber dem Ausgleich von vermeintlichen Kosten der Unisex-Tarife,“ konstatiert Hartmuth Wrocklage, Vorstandsvorsitzender beim BdV.

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