Unrasiert, dickbäuchig, testosterongetränkt – in der deutschen Medienlandschaft geht es zu wie in einer Männersauna. Tatsächlich sind nur zwei Prozent aller Chefredakteure der rund 360 deutschen Tages- und Wochenzeitungen Frauen, von den 12 Intendanten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sind lediglich drei weiblich. Nicht nur in den Redaktionen herrscht Frauenmangel – Auch die Leser vieler Tages- und Wochenzeitungen sind zum überwiegenden Teil männlich!

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Doch während sich die männlich besetzten Redaktionen damit abgefunden haben, dass vor allem Männer die tagesaktuelle Berichterstattung bestimmen und auch mehr Geld verdienen, soll mit der männlichen Dominanz unter den Zeitungslesern nun Schluss sein. Mehrere vornehmlich von Männern gelesene Medien haben einen ersten Vorstoß gewagt, zukünftig eine allgemeinverbindliche Frauenleserquote einzuführen. Die Regelung sieht vor, dass auf den Onlineportalen der teilnehmenden Medien eine Abfrage erscheint, ob der Leser männlich oder weiblich ist – Die Frage muss wahrheitsgemäß beantwortet werden. Bei vielen Onlineplattformen bedeutet dies, dass Männer zukünftig nicht weiterlesen dürfen. Beteiligt an der Aktion sind unter anderem die Financial Times Deutschland (77 Prozent männliche Leser), das Handelsblatt (76 Prozent männliche Leser), die Frankfurter Allgemeine Zeitung (63 Prozent männliche Leser), die Welt am Sonntag (64 Prozent männliche Leser) sowie das Sportmagazin Kicker (96 Prozent männliche Leser). Auch der Versicherungsbote wird ab dem 01. April eine allgemeinverbindliche Frauenleserquote einführen.

Georg Mascolo, Chefredakteur des Männermagazins „Der Spiegel“ (70 Prozent männliche Leser), begrüßte die bundesweite Initiative. „Frauen sind nicht die schlechteren Leser“, sagte er gegenüber der Presseagentur dpa. „Wir müssen gewährleisten, dass unser männlich dominierter Journalismus verstärkt von Frauen wahrgenommen wird.“ Ähnlich äußerte sich auch Gabor Steingart, Chefredakteur des Handelsblattes. „Vor allem im Wirtschaftsjournalismus gibt es eine deutliche Diskrepanz zwischen männlichen Interessen und weiblicher Anteilnahme. Wenn wir etwa schreiben: Der Staat müsse mehr sparen und die Haushaltsausgaben gekürzt werden, dann sind davon überproportional Frauen betroffen. Denn Frauen sind es, die überproportional in prekärer Beschäftigung stecken, die zu zwei Dritteln ihre Angehörigen zu Hause pflegen, die wegen Teilzeitarbeit schlechtere Aufstiegschancen haben. Hier bitten wir die Frauen, die Interessen der männlichen Redaktionen vermehrt zur Kenntnis zu nehmen.“

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