Im November 2022 sah sich das das Statistische Bundesamt (Destatis) genötigt, in einer Presseerklärung auf den Fachkräftemangel im IT-Bereich hinzuweisen. Zugrunde lagen Daten aus der jährlichen Erhebung zur Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) in Unternehmen. Demnach hatten mehr als drei Viertel der Unternehmen (77 Prozent) in 2021 Schwierigkeiten, offene IT-Stellen zu besetzen – ein Fakt, der besonders aufgrund zunehmender Zwischenfälle durch Cyberkriminalität prekär ist. Bedarf existiert insbesondere auch bei kleineren und mittleren Unternehmen (KMU): Jedes fünfte dieser Unternehmen (mit einer Größe ab zehn Angestellte) beschäftigt mittlerweile eigene IT-Fachkräfte. Doch auch in anderen Bereichen sind Fachkräfte stark gesucht.

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Das betrifft Metall- und Elektroberufe, wie das Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung ausführt – ein beim Institut der deutschen Wirtschaft (IW) angesiedeltes Projekt des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), das kleine und mittlere Unternehmen dabei unterstützen soll, den Fachkräftebedarf abzudecken. Einen Mangel gibt es zudem im Bereich „Natur­wissenschaft, Geografie und Informatik“ sowie im Bereich „Gesundheit, Soziales, Lehre und Erziehung“, aber auch in anderen Bereichen. Laut Kompetenzzentrum konnten in 2021 von 1.028.925 offenen Stellen insgesamt 349.821 Stellen nicht besetzt werden (dies ist die so genannte "Fachkräftelücke").

Nachhaltige Personalpolitik als Wettbewerbsvorteil

Im Wettbewerb um das gefragte Personal haben aber kleine KMU gegenüber größeren Unternehmen und insbesondere gegenüber Großunternehmen einen Nachteil: Die größeren Unternehmen können leichter Fachkräfte durch Lohnnebenleistungen und Boni an sich zu binden, da oft mehr Kapital vorhanden ist. Was also tun? Hier empfiehlt das Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung unter anderem, Mitarbeiter durch Nachhaltigkeit an sich zu binden. Das betrifft zum einen ökologische Nachhaltigkeit – Fachkräfte lassen sich für ökologisch nachhaltige Unternehmen leichter begeistern, was gerade für junge Firmen und Start-Ups relevant sein kann. Das betrifft aber auch eine ökologisch nachhaltige Personalpolitik.

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Zu einer nachhaltigen Personalpolitik kann zum Beispiel zählen, Mitarbeiter in Entscheidungsprozesse einzubeziehen oder gute Aufstiegs- und Weiterbildungsangebote zu eröffnen. Beliebt sind auch flexible Arbeitszeitmodelle und ganzheitliche Vergütungsmodelle – hier geht es darum, systematische und transparente Anreize gemeinsam mit den Mitarbeitern zu entwickeln, um die Motivation zu erhöhen. Zu einer nachhaltigen Personalpolitik kann aber auch das Anbieten einer betrieblichen Altersversorgung (bAV) zählen. Diese Möglichkeit wird von vielen kleinen und mittleren Unternehmen noch unterschätzt.

bAV als Baustein im „Krieg um Talente“

Das Potential der betrieblichen Altersversorgung im „War for Talents“ – dem „Krieg um Talente“ (bzw. um Fachkräfte), zeigt die Studie Global Benefits Attitudes Survey der Unternehmensberatung Willis Towers Watson (WTW). Für diese Studie wurden 2022 weltweit über 35.000 Arbeitnehmer befragt – hiervon kamen 1.556 Arbeitnehmer aus Deutschland.

Zum eine zeigt die Studie unter deutschen Fachkräften eine hohe Wechselbereitschaft, und zwar insbesondere unter den jungen Arbeitnehmern aus der Generation Z (die so genannten Post-Millennials): während von den Babyboomern nur 26 Prozent der Befragten angaben, auf der Suche nach einer neuen Stelle zu sein, zeigten bei der „Generation Z“ hohe 46 Prozent eine Wechselbereitschaft. Der Konkurrenz junge Arbeitnehmer abzuwerben, ist demnach nicht unwahrscheinlich.

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Mehr als die Hälfte will Unterstützung bei bAV

Interessant ist zudem das Ergebnis, wenn man danach fragt, bei was sich Arbeitnehmer die größte Unterstützung von ihrem Arbeitgeber wünschen: 52 Prozent der Befragten geben auf diese Frage an, sie wünschen sich die größte Unterstützung bei der betrieblichen Altersversorgung. Ein noch höherer Anteil der Befragten (57 Prozent) wär sogar bereit, eine höhere Summe aus dem Monatsgehalt zu investieren, um eine großzügigere Auszahlung aus der bAV zu erhalten. Hierzu meint Johannes Heiniz, Senior Director Retirement bei WTW: „Grundsätzlich sind Mitarbeitende bereit für die Altersvorsorge zu sparen, jedoch bleibt es oft nur beim guten Vorsatz. Wenn es aber ein Angebot seitens des Arbeitgebers gibt, wird die Sparbereitschaft besser umgesetzt.“

bAV als Faktor der Arbeitgeberwahl

In einer zweiten Studie, der Future of Pensions Studie vom Juni 2022 (freilich durchgeführt nur in Großunternehmen), erfragten die WTW-Experten sogar: 37 Prozent der Beschäftigten wählten den Arbeitgeber aufgrund der angebotenen bAV. Gerade in Zeiten von demokratischem Wandel und Rentenlücken wird demnach auch die Absicherung im Alter ein wichtiger Faktor, sich für einen Arbeitgeber zu entscheiden.

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Hierzu pointiert Heiniz für WTW: „Die Bedeutung der bAV hat in den vergangenen Jahren zugenommen, weil die Generationen, die nun in den Arbeitsmarkt drängen, wissen, dass sie sich um ihre Altersvorsorge selbst kümmern müssen“. Umso erstaunlicher ist es für den Experten, dass zu viele Unternehmen diese Möglichkeit im Wettbewerb um Fachkräfte noch nicht für sich erkannt haben: Laut KMU-Studie der Gothaer bieten erst 30 Prozent der kleinen und mittleren Unternehmen ihren Mitarbeitern eine bAV an (Versicherungsbote berichtete). Hier ist auch die Maklerschaft gefragt, kleine und mittlere Unternehmen als Zielgruppe erschließen.

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