2019 umfasste der Kreis der Grundfähigkeitenversicherer gerade mal 17 Anbieter. Das änderte sich rasant. So kamen beispielsweise allein im Sommer 2020 mit R+V, Württembergischen und Basler drei neue Versicherer hinzu. Inzwischen sind es 26 Gesellschaften, die solche Tarife am deutschen Markt anbieten. Und weitere Versicherer stünden aktuell kurz vor einer Markteinführung, schreibt Franke und Bornberg. „Versicherer entdecken zunehmend, dass die Grundfähigkeitsversicherung ihr BU-Geschäft nicht kannibalisiert. Ganz im Gegenteil – sie bietet ihnen zusätzliche Absatzchancen bei Menschen, die wegen ihres Berufes oder aufgrund von Vorerkrankungen keinen bezahlbaren BU-Schutz erhalten würden“, so Michael Franke über die Gründe des anhaltenden Grundfähigkeiten-Booms. Zudem bleibe die GF-Versicherung von schwer kalkulierbaren Entwicklungen am Arbeitsmarkt unberührt: „Veränderte Berufsbilder, Leistungsdruck und fortschreitende Digitalisierung können die Wahrscheinlichkeit für den Eintritt einer Berufsunfähigkeit erhöhen. In diesem Fall wirkt ein GF-Bestand stabilisierend auf das Versicherer-Portfolio“, so Franke.

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Für das Grundfähigkeitenversicherung-Rating 2022 untersuchte das Analysehaus 97 Tarife von 26 Gesellschaften nach bis zu 74 Kriterien (Stand September 2022). Dabei wurde zwischen „Grundfähigkeit“ und „Grundfähigkeit Plus“ unterschieden. Tarife der Plus-Variante bieten Zusatzbausteine mit weiteren Leistungsauslösern. Dazu zählt zum Beispiel Versicherungsschutz bei schweren Krankheiten. Die Höchstnote FFF+ erhielten nur Tarife, die alle 15 Grundfähigkeiten in der geforderten Qualität absichern. Und das waren 45 Prozent der Tarife. Allerdings lässt sich das gute Ergebnis nur selten auf neue Leistungsauslöser zurückführen, schreiben die Hannoveraner.

Bereits im Sommer 2022 kritisierte Franke und Bornberg die Aufspaltung etablierter Grundfähigkeiten in detaillierter beschriebene Leistungsauslöser (Stripping Down). „Stripping Down bietet häufig keinen belastbaren Mehrwert. Es setzt vor allem das Kopfkino in Gang. Das Smartphone, ein Tablet oder die geliebte Spielekonsole nicht mehr nutzen zu können, kommt für viele Menschen einem GAU gleich. Und erhöht ihre Bereitschaft, für diese Fälle vorzusorgen“, so Michael Franke.

Berufsschutz in der Grundfähigkeitenversicherung

Ein weiterer Trend: berufsbezogene Fähigkeiten werden in den Leistungskatalog aufgenommen. „Hier beobachten wir mittlerweile Fähigkeiten wie Ein- und Aussteigen in die/ aus der Lok, einen Lkw oder Bus fahren sowie das Benutzen von Atemschutzgeräten. Von den klassischen Grundfähigkeiten wie Sehen, Stehen oder Hören ist das meilenweit entfernt“, so Franke. Und je berufsspezifischer die Leistungen, umso näher scheine die GF-Versicherung an die klassische BU heranzurücken. Jedoch sei das konkrete Leistungsbild ein vollkommen anderes. „Es kann einen großen Unterschied ausmachen, ob man eine Fähigkeit zu 50% eines üblichen Arbeitstages oder nur einmalig nicht mehr ausüben kann“, ergänzt Franke. „Sollten neue Auslöser tatsächlich zu mehr Leistungen führen, gibt es die nicht zum Nulltarif. Jeder zusätzliche Auslöser, der hält, was er verspricht, kostet Geld“, warnt Michael Franke.

Die Rating-Ergebnisse für „Grundfähigkeit“ und „Grundfähigkeit Plus“ sind auf der Webseite der Analysten einsehbar.

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Dass immer komplexere Leistungsauslöser es erheblich erschweren, einzuschätzen, wann ein konkreter Leistungsanspruch entsteht, kritisierte auch Assekurata in der Vergangenheit (Versicherungsbote berichtete). Das dichte Leistungsniveau im Bereich der Grundfähigkeitenversicherung bestätigte auch das Rating von Morgen und Morgen (Versicherungsbote berichtete).

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