Müssen Lebensversicherungs-Kunden besser davor geschützt werden, dass ihre Verträge an einen externen Bestandsabwickler verkauft werden? Mit einer kleinen Anfrage im Bundestag wollten die Grünen die Bundesregierung dazu zwingen, sich zu dieser Frage zu positionieren (Drucksache 19/1429). Das Ergebnis: Die Regierung hält die derzeitigen Regeln für völlig ausreichend. „Das bestehende aufsichtsrechtliche Instrumentarium für den Umgang mit externen Run-offs hat sich bewährt“, schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort auf die Anfrage.

Anzeige

Das allerdings bezweifeln die Grünen: sie befürchten Nachteile für die Kunden. „"Welches Interesse hat beispielsweise eine Plattform über die gesetzlichen Vorgaben hinaus, ihre Kunden an den Überschüssen zu beteiligen oder den Service wie im bisherigen Maß zu erhalten?“, zitiert die „Süddeutsche Zeitung“ Gerhard Schick, finanzpolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/die Grünen im Bundestag. Auch würde die Stabilität durch eine Konzernmutter in einigen Fällen plötzlich fehlen, wenn Bestände an externe Investoren verkauft werden, gibt Schick zu bedenken.

Die Bundesregierung verweist wiederum darauf, dass die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) den Verkauf der Bestände genehmigen muss. Dabei prüft die Behörde auch, an welchen Anbieter die Bestände gehen: etwa, ob der Käufer ausreichend mit Eigenkapital ausgestattet ist und ausreichend transparent. Gibt es Bedenken, wird das Geschäft nicht genehmigt.

Mehrere Anbieter prüfen Verkauf

Hintergrund der aktuellen Debatte: Mehrere Versicherer stellen derzeit das Neugeschäft in klassischen Lebensversicherungs-Tarifen ein und wickeln die Bestände nur noch ab. Nicht nur haben sie Probleme, die hohen Garantien in Niedrigzins-Zeiten zu erwirtschaften. Sie haben auch oft mit einer veralteten IT-Technik zu kämpfen und müssen seit Solvency II die Policen mit viel Eigenkapital absichern, was auf den Unternehmensbilanzen lastet.

Doch einige Assekuranzen gehen noch weiter - und überlegen, ob sie die Bestände an externe Investoren abtreten. Allein im Jahr 2017 hat die BaFin drei Verkäufe von Run-off-Beständen gebilligt, berichtet die Bundesregierung in ihrer Antwort auf die kleine Anfrage. Betroffen sind 513.000 Bestände mit einer Versicherungssumme von 15,6 Milliarden Euro. Insgesamt sechs externe Run-offs hat die BaFin bisher genehmigt.

Doch das könnten erst die Anfänge sein, viele weitere Anbieter folgen. Unter anderem prüft derzeit die Generali, sich von vier Millionen Altverträgen zu trennen. Die Ergo hatte sogar eine Zeit lang mit dem Verkauf von sechs Millionen Policen geliebäugelt - wickelt die Bestände nun aber selbst ab, auch, weil man einen Reputationsschaden durch den Verkauf fürchtete (der Versicherungsbote berichtete).

Grünen-Politiker kritisiert "Beruhigungspillen"

Grünen-Politiker Schick erinnert nun daran, dass auch Unionspolitiker in den letzten Monaten wiederholt strengere Regeln für Run-offs gefordert hatten. Die seien wohl nur "Beruhigungspillen" gewesen, kritisiert der Oppositionspolitiker. Ihn überrasche das durchweg positive Bild, das die Bundesregierung von externen Run-offs zeichne.

Anzeige

Unter anderem hatte Ralph Brinkhaus, CDU-Finanzexperte und stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, im November 2017 eine strengere Regulierung angekündigt. “Wir stellen leider fest, dass verstärkt Run-Offs diskutiert werden: Was etwa im Bereich Lebensversicherungen nicht mehr genügend Rendite bringt, soll abgestoßen werden. Das werden wir in dieser Wahlperiode zu einem Regulierungsthema machen““, sagte Brinkhaus damals.