Nun jedoch ist es soweit: Der Bestand an versicherungsgebundenen Riester-Verträgen gerät nachhaltig ins Wanken. Dies kündigte sich an und ist für Wissende an sich nicht überraschend.

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Es lässt sich leicht erkennen, dass selbst das gesamte Neugeschäft nicht mehr ausreicht, um die Stornierungen aufzufangen. Von Beitragsfreistellungen reden wir dabei noch gar nicht. Diese betragen zusätzlich zum Storno (vom BMAS geschätzt) 20 % der Verträge. Ich schätze dagegen, dass diese Zahl weitaus höher ist.

Überraschend ist dagegen, dass einige Makler und auch etliche Maklerpools augenscheinlich noch immer nicht begriffen haben, um was es sich bei Riester zum Großteil handelt; um eine staatlich subventionierte Geldbeschaffungsmaßnahme für die solche Produkte anbietenden Versicherungsgesellschaften und nicht etwa um ein tolles Produkt für die meisten Verbraucher. Siehe dazu auch die Fallstudie "Wer profitiert in welchem Umfang von den staatlichen Subventionen der Riester-Rente?" von Prof. Dr. Klaus Jaeger, Freie Universität Berlin, Fachbereich Wirtschaftswissenschaft.

Die Sache wird noch gruseliger, wenn man einen Blick ins „Statistisches Taschenbuch der Versicherungswirtschaft 2013“ wirft. Besonders lesenswert ist hier Seite 36 (Bestand und Neuzugang an Riester-Verträgen).

Interessierte Leser sollten sich durchaus die Mühe machen und dort in der Tabelle "Bestand" (hier Spalte "Versicherungssumme bzw. 12fache Jahresrente“) die Bestandszahl aus 2012 (136.061,6 Mio. Euro) mit der Gesamtsumme aus Tabelle "Neuzugang" (auch hier Spalte "Versicherungssumme bzw. 12fache Jahresrente“) über alle Jahre (in Summe 213.717,4 Mio. Euro) vergleichen.

Was fällt Ihnen dabei auf? Richtig, irgendwie ergibt sich da ein ganz gewaltiger Fehlbetrag von sagenhaften 77.655,8 Mio. Euro. Wo sind diese 77.655,8 Mio. Euro geblieben? Wer hat diese 77.655,8 Mio. Euro? Und das dürfte nur die Spitze des Eisberges von Stornierungen sein, denn die beitragsfrei gestellten Riester-Verträge sind ja auch „tot“, fressen aber weiterhin Kosten – ohne dass es noch Förderung gibt – bis eben nichts mehr da ist.

Betroffene Kunden haben Unsummen von Geld verloren und verlieren es weiter. Dieses Geld ist jedoch – wie jeder gute Finanzberater weiß - nicht weg, es hat nur ein Anderer. In diesem Falle zum Großteil die Versicherer und der Staat (durch Rückzahlung der Förderung bei Kündigung).

Nun gibt es aber weiterhin ganz Unbelehrbare, die einem Herrn Riester ihr Gehör schenken, der entweder einfach nicht begreifen will, es nicht mehr begreifen kann oder darf, dass da mit der Riester-Rente etwas gewaltig schief gelaufen ist. Und für solche Vorträge werden dann auch noch Zertifikate oder vielleicht gar Bildungspunkte vergeben, wobei es für Letztere noch gar keine gesetzliche Regelung gibt. Schicken hier Versicherer und Maklerpools gerade Makler direkt in die Haftung?

Denn vermutlich wird es nur noch wenige Jahre dauern, bis in Sachen falscher Riester-Vermittlung erste Versicherungsmakler auf Schadenersatz verklagt werden, insbesondere mit Hinsicht auf fehlende, unvollständige oder falsche Dokumentation. Dabei dürften betroffene Versicherungsmakler (die bekanntlich Sachwalter ihrer Mandanten sind) ziemliche Gefahr laufen, sämtliche gegen sie von unzufriedenen Kunden in dieser Sache erhobenen Klagen zu verlieren; also zu Schadenersatz verurteilt zu werden.

Einen ersten Hinweis darauf zeigt z.B. das OLG Saarbrücken.
Zwar ging es hier um ein abweichendes Thema, aber das OLG hat ganz zweifelsfrei festgelegt, dass die Pflichten eines Versicherungsmaklers weit gehen und dass der Makler daher auch bei staatlich geförderten Produkten deren Nachteile und Zwänge zu dokumentieren hat. Dies dürfte kaum ein Makler bei Vermittlung von Riester, Rürup, bAV bzw. sonstigen gezillmerten, kapitalisierenden Lebensversicherungen getan haben.

Maklern ist daher dringend zu raten, in Sachen Riester, Rürup, bAV und sonstigen kapitalbildenden, gezillmerten Lebensversicherungen bei solchen Mandanten nachzuberaten und nachzudokumentieren, denen derartige Produkte bereits ganz ohne oder mit nur unvollständiger Dokumentation vermittelt wurden. Insbesondere gehören in die Dokumentation – für einen Laien verständlich beschrieben - auch folgenden Themen:

  • Riester -> Nennung auch von Nachteilen & Zwängen - z. B. Grundsicherung, Folgen der Zillmerung, beschränkte Vererbbarkeit, nur teilweise Förderung wenn nicht der volle Beitrag gezahlt wird, Folgen einer Beitragsfreistellung, Folgen des § 89 VAG
  • Rürup -> Nennung auch von Nachteilen & Zwängen - z.B. nicht kündbar, kaum vererbbar, Grundsicherung, Folgen der Zillmerung, Folgen einer Beitragsfreistellung, Folgen des § 89 VAG etc.
  • bAV -> Nennung auch von Nachteilen & Zwängen - z. B. Abzug von Sozialversicherungsbeiträgen bei GKV-Pflichtversicherten in der Auszahlung – hier insbesondere bei Direktversicherungen, ggf. mangelnde Ausfinanzierung durch den Arbeitgeber bei bestimmten Durchführungswegen, Gefahr der Ausgliederung der bAV durch den Arbeitgeber in eine "toxische GmbH" und dadurch ggf. Verlust der Zusage, Grundsicherung, Folgen einer Beitragsfreistellung, Folgen der Zillmerung, Folgen des § 89 VAG etc.
  • kapitalbildende, gezillmerte LV allgemein -> Nennung auch von Nachteilen & Zwängen - z.B. Grundsicherung, Folgen einer Beitragsfreistellung, Folgen der Zillmerung, Folgen des § 89 VAG etc.

Makler, die Finanzanlagen z.B. im Bereich offener Investmentfonds vermitteln, kennen diese Dokumentationspflichten schon seit langem. Hier muss z.B. über das Totalverlustrisiko und andere Risiken (z.B. Währungsschwankungen, Kursschwankungen etc.) dokumentiert werden. Tun Makler dies nicht, werden sie vor Gericht äußerst schlechte Karten haben.

Warum in aller Welt sollten Gerichte, im Falle einer Klage des Mandanten in Sachen Riester, Rürup & Co. sowie sonstiger kapitalisierenden Versicherungen gegen seinen Versicherungsmakler, anders entscheiden…

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…fragt sich mit gruseligen Grüßen Ihr
Freddy Morgengrauen

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