Wie zuverlässig ist Immobilienfinanzierung tatsächlich?
Der Skandal um den Fall der Frankfurter Immobiliengruppe S&K sorgte im Februar für zahlreiche Schlagzeilen in den Medien. Vorgeworfen wurde den Firmengründern S. Schäfer und J. Köller, Anlagegelder verschwendet zu haben. Am 27.02. begann die Verhandlung wegen des Vorwurfs der „Untreue“. Einer der wichtigsten Partner von S&K, United Investors, meldete nun Insolvenz an. Acht Gesellschaften des Hamburger Fondssauses sind davon betroffen. Auch der Geschäftsführung des Fonds SHB Renditefonds wird in Verbindung des S&K-Falles vorgeworfen, Gelder veruntreut zu haben.
Von Untreue spricht man, wenn anvertrautes Vermögen missbraucht wurde. Der Strafbestand ist eng verwandt mit dem Betrug, bei dem Vermögen rechtswidrig erlangt wurde. Das Gesetz sieht in § 266 StGB vor, dass entweder eine Geldstrafe oder dass bis zu fünf Jahre Haft von dem Gericht angeordnet werden können, im Fall der schweren Untreue sieht das Gesetz eine Freiheitsstrafe zwischen 6 Monaten und 10 Jahren vor. Was die Haftenden erwarten könnte und was Anleger tun können, erzählte uns Rechtsanwalt Dr. Ralf Stoll von der Dr. Stoll & Kollegen Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in einem Interview.
Versicherungsbote:
Wie zuverlässig ist die Immobilienfinanzierung tatsächlich?
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Dr. Ralf Stoll:
Immobilien haftet der Ruf als besonders verlässliche Geldanlage an. Dies ist zwar auch nicht immer richtig – Stichwort Schrottimmobilien – aber in den meisten Fällen steht der Investition ein bestimmter Wert gegenüber. Wenn es sich jedoch um eine Immobilieninvestition in Form einer Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds handelt, müssen jedoch Besonderheiten beachtet werden. Denn geschlossene Fonds sind nicht nur Kapitalanlagen, die das Geld in Immobilien parken – vielmehr beteiligt sich ein Anleger an einer unternehmerischen Gesellschaft.
Bei Immobilienunternehmen hängt die Rendite von Faktoren wie der erzielbaren Miete, der Vermietbarkeit und auch dem Wiederverkaufswert der jeweiligen Immobilie ab. Eine Erfolgsgarantie gibt es jedoch für kein Unternehmen, das sich am Markt bewähren muss. Die Investition in Immobilien als solche macht ein Unternehmen nicht sicher oder lukrativ. Daher tragen die Anleger sämtliche unternehmerische Risiken (z. B. das Totalverlustrisiko), was ihnen oftmals nicht bewusst ist.
Weiterhin sind die S&K-Fonds aufgrund ihrer Rechtsform „GmbH & Co. KG“ (Kommanditgesellschaft) mit erheblichen rechtlichen Stolperfallen verbunden, die kaum ein Anleger kennt. Beispielsweise ist gesetzlich geregelt, dass die Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft auch noch nach ihrem Austritt aus der Gesellschaft einige Jahre ein Haftungsrisiko tragen. Dieses Risiko ist zwar auf einen bestimmten Geldbetrag begrenzt, aber es ist dennoch ein nicht zu unterschätzendes Risiko.
Versicherungsbote:
Was können Anleger bei S&K jetzt tun?
Dr. Ralf Stoll:
Aus unserer Sicht ist Anleger dringend zur Gang zu spezialisierten (Fach)Anwälten nahezulegen. Mit einer Strafanzeige allein ist Anlegern nicht geholfen. Diese allein bringt das Geld nicht zurück. Vielmehr müssen verschiedene rechtliche Maßnahmen ergriffen werden, wenn Anleger ihr Geld wiederbekommen möchten. Zum einen gibt es Ansprüche, die im Strafverfahren wurzeln - grob gesagt können Geschädigte von den sichergestellten Werten profitieren. Allerdings ist offen, ob das sämtliche Schäden abdeckt. Und es ist noch offen, bei welchen Fonds tatsächlich Schäden eintraten – die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen laufen noch.
Daneben gibt es noch zivilrechtliche Ansatzpunkte, die aus unserer Sicht genauso wichtig, wenn nicht wichtiger sind. Besonders interessant sind für Anleger Schadensersatzansprüche wegen falscher Anlageberatung. Dies liegt zum einen daran, dass diese sich nicht gegen die S&K Gruppe richten, sondern gegen den Berater bzw. das Unternehmen, welchem der Berater angehört. Zum anderen weisen unserer Erfahrung nach die meisten Anlageberatungen Fehler auf, denn die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Anlageberatung sind sehr hoch.
Kurz gesagt: Für einen Anleger ist es angesichts dieser verschiedenen, teilweise hochkomplexen rechtlichen Optionen kaum möglich, das investierte Geld in Eigenregie zu sichern.
Versicherungsbote:
Denken Sie persönlich, dass sich zweifelhafte Immobiliengeschäfte häufen?
Dr. Ralf Stoll:
Dass derzeit Fälle mit Immobilienbezug Schlagzeilen schreiben, ist sicherlich auf darauf zurückzuführen, dass Immobilien – gerade nach der Finanzkrise – sehr beliebte Anlageobjekte sind, gerade weil die Assoziation der Sicherheit besteht. Nun ist es leider so, dass kreative Geschäftsleute umso mehr angezogen werden, je mehr Geld involviert ist – und der Immobilienmarkt ist ein sehr geldintensiver Markt.
Weiterhin darf nicht übersehen werden, dass sich nicht wenige Immobilien-Kapitalanlagen (v.a. geschlossene Fonds) auf dem sogenannten grauen Kapitalmarkt angeboten werden. Die Bezeichnung lässt tief blicken! Dieses Kapitalanlagen-Segment untersteht beispielsweise nicht der Börsenaufsicht. Die Kontrolle der Bafin ist eher formaler Natur. Zwar gibt es auch seriöse Anbieter, aber eben auch jene Anbieter, denen mit Vorbehalten zu begegnen ist.
Versicherungsbote:
Was könnte die vermeintlichen Betrüger in diesem Fall erwarten?
Dr. Ralf Stoll:
Welche konkrete Entscheidung das Gericht (wenn es im Fall S&K zu einer Anklage kommt) aussehen wird, hängt von vielen Faktoren ab: Welche Straftaten sieht das Gericht als bewiesen an, welche Eindruck haben die Angeklagten hinterlassen (z.B. haben sie gestanden), welcher Schaden ist entstanden, sind die Angeklagten vorbestraft. Das Gericht entscheidet aufgrund der Eindrücke, die es im Lauf des Prozesses sammeln konnte. Wie die erhebliche Schadenshöhe von 150 Mio. Euro einfließt, kann nur abgewartet werden.
Tendenziell ist aber anzumerken, dass Wirtschaftsstraftaten in Deutschland milder bestraft werden als Gewaltverbrechen, sodass für die Geschädigten teilweise eine enttäuschend geringe Strafe ausgesprochen wird – auch wenn die Strafe als solche im Vergleich zu anderen Wirtschaftsfällen sich im Rahmen des Üblichen bewegt.
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Vielen Dank für das Gespräch!
Die Fragen stellte Bettina Kretzschmar für Versicherungsbote.