Wolfgang Schäuble will sparen, doch das geht nicht ohne Einschnitte vonstatten. Am Freitag bestätigten Koalitionskreise, dass der Bundesfinanzminister die Neuverschuldung schneller senken will als geplant: Die Vorgaben der Schuldenbremse sollen schon im Jahr 2014 erfüllt werden, obwohl sie erst ab 2016 verfassungsrechtlich bindend wären. Um die Vorgaben zeitiger zu erfüllen, plane Schäuble ein gewaltiges Sparpaket von mehreren Milliarden Euro jährlich.

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Die Überlegungen vollziehen sich vor dem Hintergrund, dass derzeit über den Bundeshaushalt für das Jahr 2013 beraten wird. Bis Ende März soll der Haushaltsplan dem Kabinett vorliegen. Dabei setzt Schäuble den Rotstift vor allem bei den Sozialkassen an. Nach Informationen des Spiegel prüfe das Finanzressort des Bundes derzeit, ob milliardenschwere Zuschüsse an die gesetzlichen Krankenkassen und die Rentenversicherung gekürzt werden können. Zwar bestreitet das Finanzministerium derartige Pläne und weist sie als Spekulation zurück, jedoch sind Sozial- und Wirtschaftspolitiker aller Lager bereits alarmiert.

Gesundheitsfonds und Rentenversicherung sollen jährlich 2 Milliarden Euro weniger erhalten

So berichtet der Spiegel, der Bundeszuschuss zum Gesundheitsfonds der Krankenkassen soll um 2 Milliarden Euro gekürzt werden, die Zuschüsse des Bundes zur Rentenversicherung ebenfalls um zwei Milliarden Euro. Beide Kürzungen sollen dauerhaft durchgesetzt werden und nicht nur einmalig erfolgen. Zusätzlich sind Einsparungen bei der Arbeitslosenversicherung von mehreren hundert Millionen Euro geplant. Das Elterngeld soll zukünftig gedeckelt werden.

Die hohen Zuschüsse des Bundes an die Sozialkassen sind seit Jahren Gegenstand heftiger Debatten. Derzeit erhält die gesetzliche Krankenkasse vom Bund einen jährlichen Zuschuss von 14 Milliarden Euro, die Rentenkasse wird sogar mit rund 82 Milliarden Euro unterstützt. Allein die Rentenzuschüsse machen rund 25 Prozent des gesamten Bundeshaushalts aus.

Zur Debatte steht nun auch wieder die Finanzierung des umstrittenen Betreuungsgeldes, das die Familienministerin Kristina Schröder ab dem Jahr 2013 einführen will. Eltern, die ihre Kinder zu Hause erziehen und nicht in den Kindergarten schaffen, haben dann einen zusätzlichen Anspruch auf monatlich 100 Euro pro Kind, ab 2014 sogar auf 150 Euro. Von Kritikern wird die geplante Finanzspritze als „Herdprämie“ verspottet. Doch auch die Finanzierung stellt die Bundesregierung vor zusätzliche Herausforderungen. Ungefähr 1,3-1,6 Milliarden Euro muss der Bund an jährlichen Mehrausgaben einplanen, die FDP stand dem Vorhaben von vorn herein kritisch gegenüber. Umstritten ist beispielsweise die Frage, ob das Betreuungsgeld auf Hartz IV-Leistungen angerechnet wird und somit die Empfänger von Sozialleistungen nicht profitieren können.

FDP will mögliches Sparprogramm mittragen

Die FDP deutete bereits an, dass sie mögliche Sparbemühungen mittragen werde. So betonte FDP-Chef Philipp Rösler gegenüber dem Spiegel, dass er bei Kürzungen des Steuerzuschusses an die gesetzliche Krankenversicherung mit Schäuble einer Meinung sei. Auch FDP-Finanzexperte Otto Fricke erklärte, dass seine Partei einen schnelleren Schritt „hin zur schwarzen Null“ begrüße.

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Die Krankenkassen verweisen hingehen darauf, dass aus den zusätzlichen Steuerzuschüssen vor allem die beitragsfreie Mitversicherung von Kindern finanziert werde. Auch kritisierte der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Fraktion Carsten Schneider den schnelleren Schuldenabbau. Zu erreichen sei dieser nur durch Tricksereien – unter anderem werde am 01. März die Kriegskasse erstmals aufgefüllt, indem ein positiver Dispokredit für einen zusätzlichen Spielraum von 28 Milliarden Euro sorgt. Auf diese Weise würden nach Berechnungen der Bundesbank bis 2016 ungefähr 50 Milliarden Euro aus der Schuldenstatistik herausfallen.

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