Axel Gedaschko, Präsident des Bundesverbandes deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW), hat am Montag in Berlin an die Bundesregierung appelliert, bei der Energiewende die sozialen Auswirkungen nicht aus den Augen zu verlieren. Die energetische Sanierung von Wohnobjekten dürfe nicht dazu führen, dass Bezieher staatlicher Unterstützungsleistungen gezwungen werden auszuziehen, weil die Miete infolge der Sanierungsumlage zu teuer wird. Nach jetzigem Recht ist der Vermieter berechtigt, 11 Prozent der Modernisierungskosten auf die Miete aufzuschlagen - Die Preise für Neumieten können aber weitaus drastischer steigen.

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"Dort, wo kein Ausgleich von Mehrkosten durch staatliche Transferleistungen möglich ist, muss durch die Höhe der Förderung der Effekt vermieden werden, dass der preiswerte Wohnraum in Deutschland energetisch wegsaniert wird", so Gedaschko. Er warnte, auch die zunehmende Alterung der Gesellschaft werde mit einem steigenden Bedarf an billigem Wohnraum einhergehen – Da das Rentenniveau langfristig sinkt. Dringend müsse deshalb preiswerter Wohnraum bereitgestellt werden.

Boom – Aber am Bedarf vorbei gebaut

Paradoxerweise kann auch ein Boom der Branche nicht verhindern, dass am Bedarf vorbeigebaut wird. Im Jahr 2011 haben die 3.000 GdW-Unternehmen rund 20,8 Prozent mehr Wohnungen errichtet als noch im Jahr 2010. Doch rund 43 Prozent der Neubauten entstanden im oberen Preissegment, die durchschnittliche Kaltmiete der neu entstandenen Wohnungen liegt bei 8 Euro je Quadratmeter. Dachterrasse und Luxusappartements statt preiswerter Mietwohnungen: So lässt sich die aktuelle Baupraxis zusammenfassen.

"Neubau ist durch die Anforderungen an die Energieeffizienz, aber auch durch die Preise für den Baugrund und die Baukosten so teuer geworden, dass er sich in vielen Fällen nur noch im oberen Mietpreissegment rechnet", erklärte Gedaschko. Leidtragende der Entwicklung sind Menschen mit kleinem Geldbeutel, die vielfach wegen der hohen Preise ihr Wohnumfeld verlassen müssen oder bei einem Umzug in eine fremde Stadt keine Wohnung finden – Neben Hartz IV-Empfängern auch Studenten, Geringverdiener, Selbstständige mit kleinem Einkommen. Aber auch junge Familien, die gerade erst beginnen sich eine Existenzgrundlage aufzubauen. Dass ausländische Investoren auf den Wohnungsmarkt drängen und vermehrt Baugrund in beliebten Wohngegenden aufkaufen, treibe die Mieten zusätzlich in die Höhe.

Mehr preiswerte Neubauten erforderlich

Mit Sorge verfolgt auch der Deutsche Mieterbund (DMB) die aktuelle Entwicklung. Lukas Siebenkotten, Direktor des Mieterbundes, warnte gestern in Berlin: „Bis zum Jahr 2017 werden in Deutschland 825.000 Mietwohnungen, insbesondere in Ballungszentren, Groß- und Universitätsstädten fehlen, wenn so weitergebaut wird wie bisher. Dann werden die Mieten noch schneller steigen als bisher. Kommen dann noch teure energetische Modernisierungen dazu, werden die Mieten für einen Großteil der Mieter in Deutschland nicht mehr bezahlbar sein“. Schon heute würden laut einer Studie in den Großstädten mehr als 100.000 Wohnungen fehlen.

Deshalb sind sich sowohl der GdW als auch der Mieterbund einig, dass gerade der Sozialwohnungsbau zusätzlich gefördert werden muss. „Wir sehen hier dringenden Handlungsbedarf“, kommentierte Axel Gedaschko vom GdW. Seit 2010 seien bundesweit immerhin bereits 39.100 Sozialwohnungen weggefallen. „Es gibt besonders in einigen Ballungsregionen zu wenig Wohnungen, um auch sozial schwächer gestellte Menschen weiterhin ausreichend versorgen zu können".

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Der GdW verwies aber auch darauf, dass die Nettokaltmieten in den eigenen Unternehmen insgesamt nur moderat gestiegen seien: Von 2010 auf 2011 um zwei Prozent auf 4,96 Euro/m². Wegen der umfangreichen – maßgeblich energetischen – Modernisierung der Wohngebäude sei dieser Anstieg etwas stärker als die Mietsteigerung im Bundesdurchschnitt für alle Wohnungen (1,2 Prozent). Darüber hinaus seien die Kaltmieten langsamer gestiegen als die warmen Betriebskosten. Rund 62 Prozent aller GdW-Gebäude sei bereits vollständig oder teilweise saniert wurden.

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