Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) will prüfen, ob finanziell gut gestellte Kassen zu einer Ausschüttung von Prämien an ihre Mitglieder gezwungen werden können. „Die Kassen sind solide finanziert, und wenn sie viel Geld auf dem Konto haben, dann soll das Versicherten und Patienten zugute kommen. Entweder in Form verbesserter Leistungen oder durch Rückzahlungen“, sagte Bahr in einem heute veröffentlichten Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Derzeit berate die Koalition darüber, ob man die Kassenanbieter notfalls per Gesetz zu einer Ausschüttung verpflichten könne. Es sei zwar besser, wenn die Krankenkassen selbst entscheiden - „notfalls muss aber der Gesetzgeber handeln“. Spätestens im Jahr 2013 könnten Versicherte dann von einer Neuregelung profitieren.

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Bahr äußerte in dem Interview seine Verärgerung darüber, dass bisher nur zehn Kassen Prämien ausgeschüttet haben – davon haben bisher rund eine Million Beitragszahler profitiert. Die breite Masse der Versicherten ging jedoch leer aus, obwohl derzeit circa 30 Krankenkassen eine Prämienausschüttung stemmen könnten.

Vor wenigen Tagen hatte bereits das Bundesversicherungsamt (BVA) mehrere Versicherer aufgefordert, Prämienrückzahlungen an die Patienten zu prüfen. Die Vorraussetzungen dafür sind gegeben: Laut Sozialgesetz dürfen die Kassen maximal 1,5 Monatsausgaben als Rücklage zurückhalten, diesen Betrag haben viele Anbieter deutlich überschritten.

Keine Kostenexplosion im Gesundheitssystem?

In dem Interview mit der FAZ kritisierte der Bundesgesundheitsminister zudem die Warnungen der Kassenanbieter, wonach in den nächsten Jahren die Ausgaben für Arzneimittel, Krankenhäuser und Ärzte drastisch steigen werden. Mehrfach hatten die Kassenverbände eine „Kostenlawine“ für die nächsten Jahre prophezeit – und das neue Ärztegesetz dafür mitverantwortlich gemacht, welches unter Bahrs Federführung eingeführt wurde. Unter anderem würden höhere Arzthonorare und steigende Ausgaben für die Kliniken deutliche Mehrkosten mit sich bringen. Ähnlich hatte sich auch die Unternehmensberatung McKinsey positioniert und eine Kostenexplosion im Gesundheitswesen bis zum Jahr 2014 vorausgesagt.

„Warnungen sind schnell ausgesprochen und werden für eigene Interessen benutzt, sie bestätigen sich aber meist nicht“, wies Bahr diese pessimistischen Prognosen der Krankenkassen zurück. Die Bundesregierung habe bei Arzneiausgaben ehrgeizig gespart und würde auf solide Finanzen sowie eine wohnortnahe Versorgung der Patienten achten, sagte der FDP-Politiker.

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Ein Appell des Gesundheitsministers ging auch an die private Krankenversicherung. Bahr forderte Ärzte und private Versicherungsanbieter dazu auf, einen gemeinsamen Reformvorschlag für die ärztliche Gebührenordnung vorzulegen. Am Dienstag soll über eine mögliche Reform auf dem Deutschen Ärztetag beraten werden. „Wenn es der Ärzteschaft und der PKV gelingt, einen gemeinsamen Vorschlag zu machen, dann können wir in dieser Wahlperiode noch weit kommen", zeigte sich Bahr optimistisch.

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