Die Rechtsschutzversicherung erfüllt eine wichtige soziale Funktion: Sie ermöglicht jedem Bürger die Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen ohne Rücksicht auf das hiermit verbundene Kostenrisiko. In der Vergangenheit hatten es die Anbieter aber nicht leicht. Eine erste Klagewelle wurde durch die Banken- bzw. Finanzkrise ab 2007 verursacht. Auch die Corona-Pandemie sorgte für einen wahren „Schaden-Tsunami“ – Betriebsschließungen, aber auch Entlassungen oder stornierte Reisen ließen die Schadenaufwendungen in die Höhe schnellen (Versicherungsbote berichtete).

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Den Schaden-Super-GAU aber verursachte in den zurückliegenden Jahren der so genannte „Diesel-Gate“ – Streitigkeiten um Diesel-Manipulationen bei VW und den Tochterfirmen. Kosten stiegen seit Beginn des Skandals 2015 bis Ende 2022 auf insgesamt 1,5 Milliarden Euro (Versicherungsbote berichtete). Auswirkungen der Probleme zeigten sich insbesondere 2020 – die halbe Branche schrieb damals rote Zahlen; die Schaden-Kosten-Quote der Branche kletterte auf ungünstige 101,87 Prozent (Versicherungsbote berichtete). Eine solche Situation macht den Blick in die Kennzahlen besonders spannend. Schafften es die Versicherer, ihre Situation zu verbessern? Ein neuer Branchenmonitor Rechtsschutz der Experten von V.E.R.S. Leipzig ermöglicht nun eine Einschätzung der Situation nach der Corona-Pandemie.

Situation verbessert sich 2022 wesentlich.

Und die Branche kann aufatmen: Die Situation verbessert sich in 2022 wesentlich. Das zeigen u.a. die Schadenquoten – Schadenaufwendungen brutto direkt in Prozent der verdienten Bruttoprämien. Lag die Schadenquote über 25 Rechtsschutzversicherer hinweg in 2020 noch bei 73,06 Prozent und in 2021 bei 67,15 Prozent, sinkt sie in 2022 auf 60,51 Prozent. Das ist der beste Wert des gesamten Erhebungszeitraums des Branchenmonitors Rechtsschutz 2017-2022.

Gute Schadenquoten wirken sich natürlich auch auf die durchschnittliche Schaden-Kosten-Quote bzw. Combined Ratio (CR) der Branche aus. Die Schaden-Kosten-Quote gibt Schaden- und Betriebsaufwendungen in Prozent der verdienten Bruttoprämien an. Lag die Durchschnitts-CR der Branche in 2020 noch bei 101,87 Prozent, so dass die Branche rote Zahlen schreiben musste, verbesserte sie sich 2021 auf 95,55 Prozent und in 2022 sogar auf 88,96 Prozent. Zum ersten Mal im Erhebungszeitraum ab 2017 liegt die CR unter 90 Prozent.

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Nur noch ein Versicherer mit CR über 100 Prozent

Dass die Branche 2022 schwarze Zahlen schreibt, wird auch an einer anderen Tatsache anschaulich. Denn während im Corona-Jahr 2020 noch die Hälfte der Rechtsschutzversicherer rote Zahlen schreiben musste, ist zwei Jahre später nur noch ein einziges Unternehmen betroffen, das eine CR über 100 Prozent ausweisen muss. Es trifft in 2022 die Concordia – mit einer Schaden-Kosten-Quote in Höhe von 101,02 Prozent.

Durchschnittsprämien steigen

Für eine ausgeglichenere Schaden-Kosten-Bilanz sorgen natürlich auch Prämienanpassungen. Denn in den letzten Jahren stieg nicht nur die Zahl der Klagen, sondern auch Kosten erhöhten sich stetig. Grund war das Kostenrechtsmodernisierungsgesetz (ab 2013) und das Kostenrechtsänderungsgesetz (ab 2021) – beide sorgten dafür, dass sich Rechtsanwalts- und Gerichtskosten spürbar verteuerten.

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Folglich heben die Rechtsschutzversicherer auch die Prämien an, wie ein Vergleich der gebuchten Bruttoprämien je Vertrag für die Jahre 2017 bis 2022 zeigt. In 2017 lagen die Prämien noch bei durchschnittlich 175,47 Euro im Jahr und stiegen bis 2020 auf 185,77 Euro im Jahr. Danach stiegen die Prämien noch einmal in zwei Schritten – so dass in 2022 ein Rechtsschutzvertrag für durchschnittlich 194,74 Euro im Jahr zu haben war.

Nachfrage steigt

Trotz der Verteuerung steigt die Nachfrage – wenngleich in 2022 nur leicht. Denn hatte in 2021 jeder Versicherer noch durchschnittlich 1.082.856 Verträge im Bestand, sind es in 2022 durchschnittlich 1.088.529 Verträge. Größer war freilich das Wachstum des durchschnittlichen Vertragsbestands zwischen 2020 und 2021 – in 2020 hatte jeder Versicherer noch durchschnittlich 1.062.767 Verträge im Bestand.

Großer Sprung beim versicherungstechnischen Ergebnis

Auch die im Schnitt gebuchten Bruttoprämien je Versicherer steigen – sie lagen in 2017 bei 170,08 Mio. Euro, in 2021 schon bei 199,88 Mio. Euro und in 2022 bei 206,81 Mio. Euro. Freilich sorgte die ungünstige Schaden-Kosten-Bilanz in der Vergangenheit auch dafür, dass beim versicherungstechnischen Ergebnis (vor Veränderung der Schwankungsrückstellung) so viel nicht über blieb. In 2018 lag der versicherungstechnische Gewinn je Versicherer bei nur 3,59 Mio. Euro; in 2020 lag er gar nur bei 1,17 Mio. Euro.

In 2021 aber verbesserte sich das Ergebnis schon wesentlich: damals konnte jeder Versicherer einen Gewinn von durchschnittlich 9,05 Mio. Euro ausweisen. Im Folgejahr aber, in 2022, sprang das Ergebnis erstmals im gesamten Analysezeitraum des aktuellen Branchenmonitors in den zweistelligen Millionenbereich. 19,50 Mio. Euro stehen in 2022 durchschnittlich als versicherungstechnisches Ergebnis (vor Veränderung der Schwankungsrückstellung) auf der "Haben-Seite".

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Hintergrund: Alle Kennzahlen sind dem aktuellen Branchenmonitor Rechtsschutzversicherung der V.E.R.S. Leipzig GmbH entnommen. Der Monitor analysiert Kennzahlen der Jahre 2017 bis 2022 und deckt die 25 größten Unternehmen (98 Prozent des Marktes) ab. Zusammen mit weiteren Branchenmonitoren kann der Branchenmonitor Rechtsschutz auf der Webseite der Leipziger Experten bestellt werden.

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