‚Versicherungsbedingungen müssen rechtssicher sein - das macht sie eben kompliziert‘. Doch muss man sich damit wirklich abfinden? Zumal es ja einigen Versicherern gelingt, rechtssicher UND verständlich zu formulieren.

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Ende April legte Wortliga, ein Software-Unternehmen aus München, eine Untersuchung zur Verständlichkeit von Produkttexten aus der Versicherungsbranche vor. Analysiert wurden Online-Texte zu Auto-, Hausrat-, Private Haftpflicht-, Rechtsschutz- und Unfallversicherung anhand von Satz- und Wortlänge. Die Ergebnisse der am besten und am schlechtesten platzierten Versicherer wurden über eine Wayback Machine mit der Textversion aus dem Jahr 2018 verglichen. Der Befund: Seit 2018 verbesserten sich nur wenige Versicherer; manche informieren sogar komplizierter (Versicherungsbote berichtete).

Nun stellte Wortliga den Expertenbericht ‚Von Ergo bis Gothaer - Versichern statt verwirren‘ vor. Der orientiert sich an den Erfolgsbeispielen der Ergo, die auch im Ranking 2023 zu den Gewinnern zählte.

Wenn die FAQ mehr Fragen aufwerfen, als sie beantworten

So beleuchtet der Bericht beispielsweise die Schwierigkeiten der Gothaer, auf Fragen wie ‚Was ist eine Hausratversicherung?‘ einfach und unbürokratisch zu antworten. Die Lösungen von Versicherern wie Ergo zeigen den Weg, schreibt Wortliga. Aus den direkten Vergleichen leitet der Bericht Maßnahmen für Optimierungen ab.

„Unser Bericht zeigt, dass Probleme weit über das oft kritisierte Versicherungsdeutsch hinaus gehen“, sagt Studienleiter und Geschäftsführer Gidon Wagner. Im Bericht stellt er einen Vier-Punkte-Plan als Kompass zur Verständlichkeit vor.

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Schwachstellen sind bei fast allen Versicherern dieselben

„Meist fehlt es den Unternehmen an einem Konzept für barrierefreie Sprache, nicht am Willen oder an Kompetenz zu klarer Sprache“, sagt Wagner. „Zum Beispiel haben fast alle Unternehmen mit ausführlichen FAQ-Bereichen nachgerüstet“, fährt Wagner fort. „Leider werfen aber gerade diese zur Hilfe bestimmten Inhalte oft mehr Fragen auf, als sie beantworten. Unsere Handlungsempfehlungen helfen, den Dialog mit Kunden zu verbessern.“

5 Beispiele, wie Sprachgewohnheiten die Kundenbeziehung verbauen

Wie solche konkreten Handlungsempfehlungen aus dem Hause Wortliga aussehen, zeigt das Unternehmen in fünf Beispielen. Der vollständige Expertenbericht ‚Von Ergo bis Gothaer - Versichern statt verwirren‘ kann kostenpflichtig bei Wortliga bestellt werden.

Lange und verschachtelte Sätze

Lange Sätze sind kompliziert. Dadurch können Kunden wichtige Details übersehen oder missverstehen.
Schlechtes Beispiel: Im Falle eines Schadens, der durch einen Unfall, der von einem Dritten verursacht wurde, entstanden ist, müssen Sie zunächst den Schaden bei uns melden, bevor wir Ihnen dann, nach Prüfung der Sachlage, eine mögliche Entschädigung auszahlen können.
Gutes Beispiel: Wenn ein Dritter einen Schaden verursacht, melden Sie ihn bitte bei uns. Wir prüfen den Fall und zahlen Ihnen die Entschädigung aus.

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2. Versicherungsdeutsch

Versicherungsdeutsch überfordert Kunden – Empfänger können wichtige Botschaften nicht richtig erfassen. Viele Fachbegriffe sind überflüssig.
Schlechtes Beispiel: Ihre Deckung umfasst Schäden durch Brand, Blitzschlag und Explosion …
Gutes Beispiel: Ihr Versicherungsschutz umfasst Schäden durch Feuer, Blitz und Explosion …

3. Bürokratische Sprache

Bürokratische Sprache schafft Abstand zum Kunden. Das schwächt das Vertrauen in den Versicherer.
Schlechtes Beispiel: Wir unterbreiten Ihnen die Möglichkeit, die fälligen Beiträge bequem per Lastschriftverfahren zu begleichen.
Gutes Beispiel:Zahlen Sie Ihre Beiträge einfach per Lastschrift.

4. Überflüssige Komplexität

Unnötig komplexe Wörter und Formulierungen verwirren, frustrieren und überfordern Kunden.
Schlechtes Beispiel: Die detaillierten Bedingungen und Anforderungen für den Versicherungsschutz finden Sie umseitig aufgelistet.
Gutes Beispiel: Die Bedingungen und Anforderungen für Ihren Versicherungsschutz stehen auf der Rückseite.

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5. Zu starker Bezug zum Produkt

Wenn es in Texten um Produkte statt um Bedürfnisse der Versicherten geht, fühlen sich Kunden nicht verstanden. Das schwächt das Vertrauen in den Versicherer.
Schlechtes Beispiel: Unsere Privat-Haftpflichtversicherung prüft, ob Sie zum Ersatz des Schadens gegenüber Dritten verpflichtet sind. Sie zahlt bei berechtigten Schadenersatzansprüchen und wehrt unberechtigte Ansprüche ab – wenn es sein muss, auch vor Gericht.
Gutes Beispiel: Auf dem Weg zur Arbeit übersehen Sie einen Radfahrer und es kommt zum Unfall. Gut, wenn Sie bei uns haftpflichtversichert sind – wir zahlen Schadensersatz-Ansprüche und wehren unberechtigte Ansprüche ab.

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