Die Lebenserwartung steigt statistisch (längst aber nicht für alle Menschen in Deutschland) und das wirkt sich auch auf die Rentenbezugsdauer aus. Die hat sich seit 1966 (alte Bundesländer) nahezu verdoppelt. Doch das ist nicht die einzige Herausforderung, vor der die deutsche Rentenkasse steht. Einer steigenden Zahl von Rentenempfängern stehen immer weniger Menschen gegenüber, die Beiträge entrichten und so die Renten finanzieren.

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Wie positionieren sich die politischen Parteien in Deutschland hinsichtlich der künftigen Rentenpolitik? Welche Ansätze werden verfolgt, wessen Konzepte passen zusammen? Die Übersicht von Versicherungsbote gibt diesbezüglich Orientierung:

Union gibt Riester nicht auf

Starre Garantien sind in der Niedrigzinsphase ein „Hemmschuh“, findet Peter Weiß, rentenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag. In seinem Beitrag für das Magazin der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV) skizziert er, wie sich die Union einen Umbau von der staatlich geförderten privaten Altersvorsorge vorstellen kann. Demnach soll Riester auch für Selbstständige geöffnet werden. Dass gerade bei Selbstständigen Vorsorge-Bedarf besteht, ist nicht neu. Die Debatte um eine Vorsorge-Pflicht für Selbstständige wird ergebnislos seit 10 Jahren in Deutschland geführt. Zuletzt musste die Corona-Pandemie dafür herhalten, dass eine gesetzgeberische Umsetzung noch immer nicht stattgefunden hat.

Peter Weiß formulierte aber noch weitere Ansatzpunkte, um den beschädigten Ruf der Riester-Rente wieder herzustellen. So setzt er auf Vereinfachung von Zulagenprüfung und Förderung und hält eine Erhöhung der Dynamisierung der Fördergrenze von 2.100 Euro im Jahr für sinnvoll. Zudem setzt er sich für ein Nebeneinander von Sparsummen mit und ohne Garantie ein.

Doch eine verbesserte Riester-Rente allein wird die Herausforderungen in der Rentenpolitik nicht lösen können. Das ist auch Peter Weiß bewusst. Deshalb plädiert er dafür, zweite und dritte Säule der Altersvorsorge zu stärken. So soll der Geringverdienerzuschuss in der betrieblichen Altersversorgung (bAV) obligatorisch vorgesehen und dynamisch ausgestaltet werden. Auch das Sozialpartnermodell müsse „gängier“ werden, so der Politiker. Wie das passieren soll, lässt er allerdings offen.

Insgesamt hält er es für „kaum zu vermeiden“, dass sich Deutsche an längeres Arbeiten und leicht sinkendes Rentenniveau gewöhnen. „Wir sollten längeres Arbeiten stärker anreizen und einen höheren Zuschlag beim Arbeiten nach Erreichen der Regelaltersgrenze ermöglichen. Dazu soll­ten wir auch die Flexirente attraktiver machen, etwa durch den Wegfall der Hinzuverdienstgrenzen“, so Weiß gegenüber der DAV.

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Rückkehr zu 53 Prozent Rentenniveau

Die Stärkung von Betriebsrenten wünscht sich auch die Bundestagsfraktion Die Linke. Deren rentenpolitischer Sprecher, Matthias W. Birkwald, stellte gegenüber der DAV allerdings fest, dass der bAV-Ausbau mit 40 bis 100prozentiger Arbeitgeberfinanzierung angesichts der Niedrigzinsphase stockt. Die Stärkung der gesetzlichen Rentenversicherung ist deshalb der wichtigste Ansatzpunkt der Linken. Erklärtes Ziel: Die Rückkehr zu 53 Prozent Rentenniveau. „Aktu­ell wäre dieses lebensstandardsichernde Rentenniveau mit einer moderaten Beitragssatzerhöhung von 18,6 auf 20,4 Prozent zu finanzieren“, so Birkwald. Das wären für einen Durchschnittsverdiener und dessen Chef „keine 32 Euro mehr“, rechnet der Politiker vor. Zur Finanzierung sei auch eine „drastische, schrittweise Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze“ möglich. Zudem setzt sich die Linke für einen Mindestlohn in Höhe von 13 Euro ein und sieht Unternehmen in der Pflicht, altersgerechte Arbeitsplätze zu schaffen.

Rentenniveau stabilisieren

Dass die gesetzliche Rentenversicherung gestärkt werden muss, sieht man auch bei den Grünen so. Im Unterschied zur Linken vertreten die Grünen aber keine Erhöhung des Rentenniveaus, sondern dessen Festschreibung: „Die dauerhafte Stabilisierung des Rentenniveaus hat für uns oberste Priorität“, so Markus Kurth, rentenpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion Bündnis 90 / Die Grünen, gegenüber der DAV.

Zur Finanzierung bräuchte es einen Maßnahmen-Mix: Die Erwerbs­beteiligung von Frauen und Migranten müsse gesteigert und die Situation von prekär Beschäftigten verbessert werden. „Älteren Beschäftigten wollen wir ein ge­sünderes und längeres Arbeiten ermöglichen“, so Kurth. Greifen diese Maßnahmen nicht oder nicht im erforderlichen Umfang, könnte der Rentenbeitragssatz ab 2030 angehoben werden.

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Der Riester-Rente erteilte Kurth eine Absage: „Das Vorhaben, die Alterssicherung in großem Stil auch über die Kapitalmärkte zu organisieren, muss spätestens seit der Finanzkrise als gescheitert gelten.“

Gesetzliche Rentenversicherung besser als ihr Ruf

Neben Grünen und Linken will auch die SPD den Schwerpunkt der künftigen Rentenpolitik auf die Stärkung der gesetzlichen Rentenversicherung legen. Die Genossen wollen vor allem deren Finanzierung auf breitere Schultern verteilen und auch Beamte, Selbstständige und Abgeordnete einzahlen lassen. Denn pauschales längeres Arbeiten würde vor allem eins bedeuten: Die Menschen mit höheren Abschlägen bestrafen, so Ralf Kapschak, rentenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion gegenüber der DAV.
Als „beste Ergänzung“ zur gesetzlichen Rente sieht Kapschak die betriebliche Altersversorgung. Auch, wenn er einräumen muss, dass die neuen Möglichkeiten für Tarifpartner noch kaum genutzt werden. Die Nicht-Erfüllung von Erwartungen hat das Sozialpartner-Modell aus Sicht der SPD mit der (wesentlich älteren) Riester-Rente gemein. Laut Kapschak könnten freiwillige zusätzliche Rentenbeiträge eine Alternative zur Riester-Rente werden.

Gesetzliche Aktienrente einführen

Die Stärkung der gesetzlichen Rente stellt sich die FDP hingegen völlig anders vor. Sie plädiert für eine gesetzliche Aktienrente als Teil der ersten Säule. „Wir wollen, dass jeder Versicherte etwa zwei Prozent des Bruttoeinkommens in eine gesetzli­che Aktienrente einzahlt. Der Beitrag zur umlagefinanzierten, gesetzlichen Rente wird entsprechend gesenkt. Durch unser Modell erwerben endlich gerade auch Geringverdie­ner Eigentum für die Altersvorsorge. Und durch eine Entlas­tung des Umlagesystems wird die Rente weniger abhängig vom demografischen Wandel und bleibt für die Jüngeren bezahlbar“, beschreibt Johannes Vogel, rentenpolitischer Sprecher FDP-Bundestagsfraktion, das Konzept gegenüber der DAV. Darüber hinaus soll die zweite und dritte Säule mit „mehr Anlagemöglichkeiten und Verbraucherfreundlichkeit“ gestärkt werden.

Die Frage nach einem höheren Renteneintrittsalter beantwortet Vogel mit einem Blick nach Skandinavien. Ein flexibler Renteneintritt soll es jedem Einzelnen überlassen, wann er oder sie in die Rente gehen will, so die Liberalen. Wenn Menschen selbst entscheiden können, würden sie im Schnitt sogar länger arbeiten wollen, so Vogel.

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Renten- und Steuerreform zusammen

Die politisch weitgehend isolierte AfD stellte ihr Rentenkonzept im November 2020 vor. Dort wird vor allem auf Steuerfinanzierung gesetzt. Nach den Vorstellungen der AfD kann eine Rentenreform aber nur im Zuge einer gleichzeitigen Steuerreform gelingen. Grundgedanke dahinter: Alle Steuerzahler finanzieren die Rentnergeneration und bauen so eigene Ansprüche auf spätere Leistungen auf. Beamte und Selbstständige sollen ebenfalls in die Gesetzliche Rente einzahlen. Selbstständige können aber durch Nachweis privater Vorsorge wieder austreten bzw. wären beitragsfrei.
Das Renteneintrittsalter will die AfD in Abhängigkeit von der Kinderzahl gestalten.

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