Der für das Versicherungsvertragsrecht zuständige IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat sich erstmals mit Einzelheiten der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung von Lebens- und Rentenversicherungsverträgen zu befassen. In seinen Urteilen IV ZR 384/14 und IV ZR 448/14 vom 29. Juli 2015 legt der BGH dar wie zu verfahren ist, wenn Versicherungsnehmer nach § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. den Widerspruch gegen das Zustandekommen des Vertrages erklärt haben und daher eine Rückabwicklung der Verträge angezeigt ist.

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Lebensversicherung: Anrechnungen wurden teilweise bereits zuvor entschieden

Der IV. Zivilsenat hat bereits mit Urteil vom 7. Mai 2014 (IV ZR 76/11) entschieden, dass Versicherungsnehmer bei der nach einem wirksamen Widerspruch durchzuführenden bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung ihrer Lebens- und Rentenversicherungsverträge nicht uneingeschränkt alle gezahlten Prämien zurückverlangen können; vielmehr müssen sie sich den jedenfalls bis zur Kündigung des jeweiligen Vertrags genossenen Versicherungsschutz anrechnen lassen. So entschied der BGH auch jetzt, erweiterete jedoch seine damalige Rechtsprechung.

Kurz zusammengefasst

darf der Versicherer nach Ansicht des BGH in diesen Fällen folgende Kosten anrechnen

  • die Kosten des gewährten Versicherungsschutzes und
  • die Kapitalertragsteuer und den Solidaritätszuschlag, die der Versicherer bei Auszahlung des Rückkaufswertes für den Versicherungsnehmer an das Finanzamt abgeführt hat

Den Versicherungsnehmern nicht in Abzug gebracht werden dürfen jedoch

  • Abschlusskosten
  • Verwaltungskosten
  • Ratenzahlzuschläge

Die betroffenen Versicherer tragen hierzu das sogenannte Entreicherungsrisiko.

BGH zum Nutzungsersatz für den Kläger (Versicherungsnehmer)

Unzweifelhaft ist wohl darüber hinaus, dass der Kläger (Versicherungsnehmer) gegen die Beklagte (Versicherer) Bereicherungsansprüche gemäß § 818 Abs. 1 Alt. 1 BGB wegen der durch die Beklagte gezogenen Nutzungen geltend machen kann. Allerdings sind nur solche Nutzungen herauszugeben, die vom Bereicherungsschuldner (Versicherer) tatsächlich gezogen wurden.

Die Darlegungs- und Beweislast dafür wird jedoch beim Versicherungsnehmer gesehen. Dem Versicherungsnehmer wird daher ein entsprechender Tatsachenvortrag abverlangt, der nicht ohne Bezug zur Ertragslage des jeweiligen Versicherers auf eine tatsächliche Vermutung einer Gewinnerzielung in bestimmter Höhe, etwa in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, gestützt werden kann.

Im Klartext: Der Versicherungsnehmer kann „nicht einfach so“ einen Nutzungsersatz in Höhe von z.B. 5 Prozent für den Zeitraum Vertragsabschluss bis Widerruf verlangen, sondern muss konkret nachweisen, welchen Gewinn der Versicherer (vermutlich mit seinem Geld im betreffenden Zeitraum) tatsächlich erzielt hat.

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Wie dieser Nachweis denn durch einen einfachen Versicherungsnehmer erbracht werden könnte, dazu äußerte sich der BGH zumindest in seiner Kurzmitteilung zum Urteil nicht. Dies dürfte dem BGH wohl auch im Urteil schwer fallen, insofern sich dort überhaupt etwas dazu finden lassen wird. Über weitere Einzelfragen des Nutzungsersatzes hatte der Bundesgerichtshof in diesen Revisionsverfahren nicht zu entscheiden, da keine der Parteien Einwendungen gegen die Schätzung des Berufungsgerichts erhoben hat.

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