Seit dem 1. Januar 2013 sind in England Provisionen weitgehend verboten. Nun kommen aus England die ersten gemessenen (empirischen) Ergebnisse dieses Verbots. Statt lediglich Zahlen und Zustände zum britischen Provisionsverbot aufzuzählen, können zugleich die berichteten britischen Verhältnisse mit Deutschland abgeglichen werden. Zunächst, und das ist die Nachricht von der Insel, bilanziert die britische Aufsicht „Financial Conduct Authority“ (FCA) die Wirkungen des Verbots von Provisionen für reine Sparverträge.

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Provision und Biometrie bleibt in England erlaubt

Gewusst? Biometrische Risiken deckende Policen sind von dem Verbot „auf der Insel“ bisher ausgenommen. Mancher Beobachter weiß das nicht, weil mancher Pressebericht dies unterschlägt. Zurück zu den „verbotenen“ Verträgen respektive Provisionen: Zwei wesentliche Änderungen im Zusammenhang mit dem Provisionsverbot führt die Aufsicht FCA nun, gestützt auf eine Studie, in der Öffentlichkeit an.

Abhängig oder unabhängig gilt in Deutschland für Versicherungen bereits seit 2007

Erstens: Vermittler auf der Insel müssen nun unaufgefordert angeben, ob sie, weil unabhängig, „alles“ oder, weil abhängig, lediglich ein begrenztes Produktportfolio für Sparverträge anbieten.

In Deutschland ist das Beschriebene bereits Standard seit dem „neuen“ Versicherungsvertrags-Gesetz. Diesem entsprechend muss der Vermittler bereits im Impressum seiner Internetseite oder mittels der formellen Erstinformation angeben: „Ich bin Versicherungsmakler“ oder „ich bin Gebundener Vermittler“ (letzterer zum Beispiel als Versicherungsagent).

Vertriebsprovisionen der Produktanbieter verboten

Zweitens: Egal, ob „Berater“ oder „Vermittler“ - egal wie man sie benennt: Diese Personen dürfen sich im United Kingdom (UK) nicht mehr vom Produktanbieter bezahlen lassen. So stellt es die Aufsicht FCA fest. Dies entspricht oder eher entspräche quasi einer Trennung des Anbieters von der Vergütung. Wirklich? Effektiv kassieren die „Berater“ weiter Cash, bezahlt vom Anbieter.

Und das geht so: Im Unterschied zu bisher müsse der Kunde der sogenannten Advisory Charge (vulgo Provision) schriftlich zustimmen“, erläuterte der Engländer Steward Cazier von Herderson Global Investors, einem großen Vermittler, im Jahr 2013 kurz nach Einführung des Provisionsverbots gegenüber Fonds Professionell Online.

„Jede Menge Papier“

Dies funktioniere, so Cazier, weil der Kunde bei Abschluss „jede Menge Papiere und Formulare bekommt und auch nicht sonderlich an den tatsächlichen Kosten interessiert ist“. Wenn das, was Steward Cazier sagt, stimmt, hätten wir wiederum deutsche Verhältnisse. Alles, was der Kunde unterschreibt, ist genehmigt. Vom Protokoll bis hin zu den Vertragsbedingungen. Kurz gesagt: Was früher eine provisions-Automatismus war, wird heute in 70 bis 80 Seiten Papier „geregelt“. Und versteckt?

Die Provision findet immer einen Weg

Vor knapp zwei Jahren bezeichnete GDV-Präsident Alexander Erdland das seit 2013 geltende Provisionsverbot als „unverantwortliches Experiment“. Oberverbraucherschützer Klaus Müller vom Verbraucherzentrale Bundesverband sagt dazu, es finde oftmals „wegen des Provisionsanreizes keine sachgerechte Beratung mehr statt, sondern schlicht ein Verkaufsgespräch“.

Vielleicht sollten alle Beteiligten akzeptieren, dass Verbraucher intelligent sind. Zumindest sofern alle Fakten zum Produkt plus Kosten auf den Tisch liegen. Wie England zeigt, findet Provision, also idealerweise für Verkäufer und Käufer erfolgsabhängiges Entgelt, immer einen Weg.

Echte Beratung ab 70.000 Euro Analgevermögen

Dennoch macht das Beispiel England klar: Eine aufwendige, individuelle Beratung gibt es erst ab umgerechnet 70.000 Euro Anlagevermögen, will die englische Aufsicht FCA heraus-studiert haben. Wer weniger hat, den verweisen englische Anbieter auf Internetplattformen und Selbstbedienung. Dort seien nun „einfacher strukturierte“ Produkte zu finden, mit denen sich der (englische) Bürger nun selbst eindecken solle.

Bei Jüngeren funktioniere dies bereits, so die FCA. „Ältere“ Kunden, rund 18 Millionen an der Zahl, und deren Lebensversicherer entmündigt die englische Aufsicht derzeit.

Standardprodukte für Standardanlagen

Warum auch nicht? Der deutsche „Otto Normalverbraucher“ verdient, am „Durchschnittsentgelt“ der Deutschen Rentenversicherung gemessen, gut 2.900, aufgerundet 3.000 Euro brutto pro Monat und müsste abzüglich Zulagen etwas mehr als 100 Euro „riestern“. Abhängig von seinem Lebensalter, korrespondierend mit der Sparzeit bis 67, müsste dieser Sparbürger nun nur noch „seinen“ Mix aus Aktien und festverzinslichen Wertpapieren kennen. Hierzu könnte ihn eine Maschine online befragen und antworten. Fertig. Dies könnte man als Standard anbieten. Online.

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Das Problem ist: Ohne - weniger werdende - Verkäufer(!) gibt es niemanden mehr, der den Normalbürger zum Sparen anhält. Weder in Deutschland, noch auf „der Insel“.

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