Mit seinem Finanzvertrieb MEG hielt der frühere Versicherungsmakler Mehmet Göker der Branche den Spiegel vor. Im Akkord vermittelte Göker private Krankenversicherungen am Telefon, die Beratung ließ oft zu wünschen übrig. Parallel zu den Stornoraten wuchsen auch die Courtagen, die Versicherungen bereit waren, wegen des angeblichen Geschäftserfolges an die MEG zu zahlen. Zuletzt stornierten über 90 Prozent der Kunden ihre unpassende Krankenversicherung, der Vertrieb ging pleite. Göker setzte sich mit einem riesigen Schuldenberg in die Türkei ab.

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Nachdem Göker die Versicherungswirtschaft foppte, lässt er derzeit auch die deutsche Justiz nicht gut aussehen. Ein Zeuge erhob bereits vor zwei Jahren schwere Vorwürfe gegen den Unternehmer. Demnach sollte der Zeuge in das Grundbuch von Gökers Villen eingetragen werden, berichtet das Handelsblatt (Dienstag). Die Idee dahinter: Wenn die Grundstücke nicht mehr in Gökers Besitz sind, kann sie der Insolvenzverwalter nicht pfänden. „Es war durch den Rechtsanwalt bereits alles vorbereitet, so dass ich nur noch unterschreiben brauchte“, erklärte der angebliche Ex-Mitarbeiter gegenüber der Staatsanwaltschaft Koblenz.

Justiz bleibt untätig

Die Anklage liegt seit Herbst 2013 beim Landgericht Kassel. Doch obwohl weitere Klagen gegen Göker vorliegen, etwa wegen gemeinschaftlichen Betrugs und unerlaubten Adresshandels, tut sich: nichts. Aktuell wurde kein Verfahren gegen Göker eröffnet.

Zwei Gründe nannte Dr. Jan Blumentritt, Sprecher des Landgerichtes Kassel, für die Untätigkeit des Gerichtes: Zum einen habe sich Göker in die Türkei abgesetzt und so der deutschen Justiz entzogen, eine Auslieferungsvereinbarung mit dem Land existiere nicht. Zum anderen habe das Landgericht Kassel mit personellen Engpässen zu kämpfen. So gebe es aktuell keinen Vorsitzenden Richter, nachdem der bisherige Vorsitzende Wolf Winter befördert worden sei (Versicherungsbote berichtete). Die Konsequenz: „Wir stecken keine Arbeitskraft in den Fall Göker“.

Der Fall Göker wird Thema im Hessischen Landtag

Die unhaltbaren Zustände in Kassel blieben der hessischen Opposition nicht verborgen. Laut einem Bericht der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung dürfte der Fall Göker schon bald den Hessischen Landtag beschäftigen. „Wir sind entsetzt, dass es offenbar kein Gerichtsverfahren gegen Mehmet Göker geben wird“, begründet die SPD-Abgeordnete Brigitte Hofmeyer, Sprecherin der nordhessischen Landtagsabgeordneten, eine aktuelle Anfrage. Die Landesregierung müsse sich fragen lassen, warum sie es so weit hat kommen lassen.

So wird Mehmet Göker auch weiterhin in den Schlagzeilen bleiben – selbst, wenn er sich aktuell in der Türkei aufhält und kein Verfahren eröffnet wird. Im Frühjahr könnte dann wieder die Versicherungswirtschaft zittern. Der frühere MEG-Vorstand hat seine Autobiographie angekündigt und will auch enthüllen, wie die Versicherungs-Vorstände um die möglichst höchsten Provisionen gebuhlt haben.

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Mehmet Göker ist bereits in einem früheren Verfahren rechtskräftig verurteilt wurden. 2008 wurde er wegen Steuerhinterziehung und Vorenthaltung von Arbeitsentgelten zu einer Geldstrafe von 210.000 Euro verpflichtet. Im September 2011 erhielt er wegen Untreue eine Bewährungsstrafe von sechs Monaten.

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