Im Durchschnitt hält jeder Bundesbürger mehr als eine Lebensversicherungspolice. Doch nur wenige sind mit ihrem Anbieter zufrieden. Noch gibt es mehr als 90 Millionen Lebensversicherungspolicen in Deutschland, doch das einstmals populäre Instrument zur Risiko- und Altersabsicherung steht zunehmend unter Druck. Inzwischen ist die Zahl der Kritiker deutlich höher als die der zufriedenen Kunden. Das zeigt eine Umfrage der internationalen Managementberatung Bain & Company. Dazu wurden 10.000 Versicherungskunden in Deutschland befragt. Weltweit stellte Bain insgesamt 160.000 Versicherungsnehmern die Frage: "Auf einer Skala von null bis zehn, wie wahrscheinlich ist es, dass Sie Ihre Versicherung einem Freund oder Kollegen weiterempfehlen?"

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Lebensversicherung: Loyalitätswert deutscher Versicherer steht bei minus 17 Prozent

Der Loyalitätswert deutscher Lebensversicherer steht im Jahr 2014 bei minus 17 Prozent - und damit weit unter dem Niveau der Sachversicherer. Deren Wert beläuft sich auf ein Prozent. "Es wäre zu einfach, die schwachen Ergebnisse der Lebensversicherer allein auf die schwierigen Rahmenbedingungen zurückzuführen", erklärt Dr. Gunther Schwarz, Leiter der weltweiten Versicherungsberatung von Bain & Company und Co-Autor der Studie. "Einzelne Anbieter verstehen es durchaus, ihre Kunden zu binden und zu begeistern." Dies gilt vor allem für HUK Coburg und Cosmos Direkt. Beide Häuser erzielen einen positiven Wert.

Als entscheidender Loyalitätstreiber entpuppt sich auch bei den langjährigen Lebenspolicen die regelmäßige Kundeninteraktion. So liegt die Loyalität von Kunden, die in den vergangenen zwölf Monaten Kontakt zu ihrer Versicherung hatten, immerhin bei null Prozent. Bei Kunden ohne Interaktion rutscht der Loyalitätswert auf minus 34 Prozent ab. "Im Dialog können die Versicherer zweifellos überzeugen", stellt Bain-Partner Dr. Henrik Naujoks fest, Leiter der Praxisgruppe für die Beratung von Finanzdienstleistern in Europa und Co-Autor der Studie. "Doch diese Stärke spielen sie viel zu selten aus. Gerade in ökonomisch schwierigen Zeiten ist die Kundenansprache besonders wichtig."

Loyalitätstreiber sind regelmäßige Kundeninteraktion

Im digitalen Zeitalter beschränkt sich der von den Kunden geforderte Dialog längst nicht mehr nur auf Agenturen und Callcenter. Die Mehrheit sieht digitale Kanäle mittlerweile als selbstverständlichen Bestandteil des Leistungsspektrums einer Versicherung. Der aktuellen Bain-Studie zufolge wird die Zahl der hybriden und ausschließlich digital kommunizierenden Kunden in den kommenden drei bis fünf Jahren auf rund 80 Prozent steigen.

Von den Befragten wollen 39 Prozent Lebensversicherungsverträge künftig auch online abschließen, 35 Prozent setzen auf ein personalisiertes Portal für Informationen und Self-Service. Zugleich möchte aber kaum ein Kunde auf die Möglichkeit des persönlichen Gesprächs mit einem Makler oder Agenten verzichten. Solche hybriden Kunden sind für Versicherer besonders interessant: Schon heute äußern sie sich zufriedener als andere.

Versicherer müssen analoge und digitale Kanäle verzahnen

Hybride Lebensversicherungskunden, die zusätzlich zu ihrem persönlichen Ansprechpartner auch digitale Kanäle nutzen, haben einen Loyalitätswert von elf Prozent. Dagegen kommen Kunden, die nur digital oder per Telefon Kontakt mit ihrem Anbieter haben, auf minus neun Prozent.

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"Die Versicherer müssen analoge und digitale Kanäle verzahnen und auch Agenturen und Maklern den Übergang ins digitale Zeitalter ermöglichen", so Bain-Experte Schwarz. "Nur so können sie einen reibungslosen Informationsfluss über alle Kanäle hinweg gewährleisten und die Erwartungen ihrer Kunden erfüllen." Es bedarf einer "Digical Transformation", die physische und digitale Kanäle vereint. "Ungeachtet aller anderen Herausforderungen müssen die Lebensversicherer dieses Thema anpacken", betont Schwarz. "Ansonsten unterminieren sie ihr Bestandsgeschäft und gefährden langfristig ihre Existenz."

Bain & Company Germany

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