Beamte zählen zu den umworbenen Zielgruppen der privaten Krankenversicherung. Wenn sie in den Staatsdienst treten, sind sie jung und haben einen krisensicheren Job. Beamte sind auch zuverlässige Beitragszahler, während der Staat sich über Beihilfen an den Krankheitskosten beteiligt. Fast die Hälfte der knapp 9 Millionen Privatpatienten arbeitet in Staatsdiensten – nicht wenige Experten behaupten, ohne sie würde die PKV kollabieren.

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Umso mehr dürfte der aktuelle Vorstoß der SPD für einen Aufschrei in der Branche sorgen. Nach Informationen der Berliner Zeitung will die Partei erreichen, wenigstens Teile der Bürgerversicherung nach der verlorenen Wahl umzusetzen. Und so diskutieren Union und SPD in den Koalitionsverhandlungen darüber, wie Beamte zukünftig leichter bei einer gesetzlichen Krankenversicherung unterkommen können. Zwar sei die CDU noch skeptisch. Gleichwohl gebe es auch in der Union Sympathien, den Staatsangestellten zukünftig eine echte Wahloption einzuräumen.

Arbeitgeberanteil könnte an „Kassenbeamte“ ausgezahlt werden

Bisher sind Krankenkassen keine Alternative für Beamte, da der Staat nicht den Arbeitgeberanteil für den Kassenbeitrag übernimmt. Das macht die Krankenkassen für Beamte finanziell unattraktiv. Das soll sich künftig ändern. So sollen die Beamten ein Wahlrecht bekommen, ob sie die Beihilfe nutzen oder sich den Arbeitgeberanteil zahlen lassen, wenn sie lieber zu einem gesetzlichen Anbieter gehen.

Interessant wäre diese Option vor allem für Staatsdiener mit Kindern. Denn in der PKV sind Kinder nicht automatisch über ihre Eltern mitversichert, wie dies bei den gesetzlichen Kassen der Fall ist. Privatpatienten müssen für jedes ihrer Kinder eine eigene Krankenversicherung abschließen, und das kann in der Summe teuer werden. Deshalb wäre der gesetzliche Schutz gerade für Familien mit mehreren Kindern eine echte Option.

Beamte ins Solidarsystem locken

Im Bundestagswahlkampf hatte die SPD unter anderem kritisiert, dass sich ausgerechnet Staatsdiener trotz vieler Privilegien dem Solidarsystem der Krankenkassen entziehen. Auch deshalb warb man mit der Idee einer Bürgerversicherung, die langfristig alle Menschen in das Kassensystem zwingen würde.

Das Kalkül: mehr gesunde Gutverdiener strömen in die GKV und tragen mit ihren Beiträgen zu einer Kostenstabilisierung bei. Kritiker halten diesen Überlegungen entgegen, dass die Alterung der Gesellschaft sich auch in den Privattarifen widerspiegelt. Zudem seien keineswegs nur Gutverdiener privat versichert. Nur jedes fünfte PKV-Mitglied verfügt über ein Nettoeinkommen von mehr als 4.000 Euro, wie aus einer Studie des Wissenschaftlichen Instituts der privaten Krankenversicherung (WIP) hervorgeht.

Nach Angaben aus Verhandlungskreisen hatten die Sozialdemokraten zunächst vorgeschlagen, die Mehrheit der Beamten durch die Einführung einer Versicherungspflichtgrenze zwangsweise gesetzlich zu versichern. Wer als Staatsdiener weniger als 53.550 Euro im Jahr verdient, wäre dann Mitglied einer gesetzlichen Kasse, wer mehr verdient, könnte sich privat versichern. Die Union lehnte diesen Vorschlag ab. Die Private Krankenversicherung würde kaum noch neue Kunden bekommen, so das Argument der Unionspolitiker.

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Auch die jetzigen Vorschläge würden wohl auf eine Schwächung des Neugeschäftes in der PKV hinauslaufen. Bereits im letzten Jahr blieben die Krankenversicherer hinter den Erwartungen zurück, so dass die Zahl der Privatversicherten in 2012 um 20.067 Kunden sank. Zudem belasten die niedrigen Zinsen am Kapitalmarkt das Geschäft. Ausbaden müssten dies im schlimmsten Fall die Privatversicherten, da die Beiträge in manchen Tarifen noch schneller steigen könnten als bisher.

Berliner Zeitung

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