Das Adverse Development Cover (ADC) ist eine retrospektive Rückversicherungsdeckung, die Erstversicherern Schutz gegen Abwicklungsrisiken bietet. Diese Risiken können aus unzureichenden Schadenreserven entstehen, sei es durch unerwartet hohe Zahlungen für bereits gemeldete Schäden (IBNER-Reserven) oder für Schäden, die zwar eingetreten, aber noch nicht gemeldet wurden (IBNR-Reserven). Der Rückversicherer übernimmt im Rahmen eines ADCs kumulierte Schadenzahlungen, die eine vorab vereinbarte Priorität überschreiten, bis zu einer definierten Haftstrecke.
Wie funktioniert ein Adverse Development Cover?
Die Methodik eines ADCs basiert auf folgenden Elementen:
1. Priorität
Die Priorität entspricht dem Betrag, den der Erstversicherer selbst tragen muss, bevor der Rückversicherer einspringt. Sie liegt in der Regel auf Höhe des erwarteten Schadenerwartungswerts oder darüber.
2. Haftstrecke
Die Haftstrecke definiert den maximalen Betrag, den der Rückversicherer im Rahmen des Vertrags übernimmt. Sie begrenzt die Haftung des Rückversicherers.
3. Rückversicherungsprämie
Die Prämie wird einmalig bei Vertragsabschluss entrichtet und basiert auf:
- Dem Barwert der erwarteten zukünftigen Schadenzahlungen.
- Zuschlägen für Gewinn und Verwaltungskosten des Rückversicherers.
Ziele eines Adverse Development Covers
Ein ADC verfolgt mehrere strategische Ziele:
-
Ergebnissicherheit
Durch die Übertragung von Abwicklungsrisiken auf den Rückversicherer wird die finanzielle Stabilität des Erstversicherers gestärkt. -
Freisetzung von Risikokapital
Die Reduzierung des Reserverisikos ermöglicht dem Erstversicherer eine effizientere Nutzung seines Kapitals. -
Planungssicherheit
Die Begrenzung von Nachreservierungsrisiken, insbesondere bei IBNR- und IBNER-Schäden, erhöht die Verlässlichkeit von Prognosen und Planungen. -
Unterstützung von Fusionen und Übernahmen
ADCs schaffen Klarheit über bestehende Reserven und erleichtern so die Integration von Portfolios oder den Rückzug aus Geschäftsfeldern.
Strukturvarianten eines Adverse Development Covers
Ein ADC kann je nach Selbstbehaltsgestaltung unterschiedliche Merkmale aufweisen:
-
Klassisches ADC
Der Selbstbehalt liegt oberhalb der erwarteten Schadenreserven. -
ADC mit Portfolio-Transfer-Merkmalen
Der Selbstbehalt kann auch unterhalb der Schadenreserven liegen, wodurch fließende Übergänge zu einem Loss Portfolio Transfer (LPT) entstehen.
Vorteile eines Adverse Development Covers
-
Risikominimierung
Der Rückversicherer übernimmt unerwartete Nachreservierungen und reduziert so das finanzielle Risiko des Erstversicherers. -
Flexibilität
ADCs können individuell an die Bedürfnisse des Erstversicherers angepasst werden, z. B. durch spezifische Prioritäten und Haftstrecken. -
Kapitalentlastung
Durch die Reduzierung der Kapitalbindung in Schadenreserven kann das freigesetzte Kapital anderweitig investiert werden. -
Vertrauensstärkung
Die Nutzung eines ADCs signalisiert Stabilität und Risikobewusstsein gegenüber Investoren und Aufsichtsbehörden.
Beispiel für ein Adverse Development Cover
Ein Erstversicherer hat Schadenreserven in Höhe von 100 Mio. €. Um sich gegen unerwartete Nachreservierungen zu schützen, schließt er ein ADC mit einer Priorität von 110 Mio. € und einer Haftstrecke von 20 Mio. € ab.
- Schadensumme unter 110 Mio. €: Vom Erstversicherer zu tragen.
- Schadensumme zwischen 110 und 130 Mio. €: Übernahme durch den Rückversicherer.
- Schadensumme über 130 Mio. €: Nicht gedeckt durch das ADC.
Herausforderungen eines Adverse Development Covers
-
Prämienhöhe
Die Einmalprämie kann hoch sein und erfordert eine sorgfältige Kosten-Nutzen-Abwägung. -
Komplexität der Vertragsgestaltung
Die Definition von Priorität und Haftstrecke sowie die Berücksichtigung regulatorischer Vorgaben erfordern Expertise. -
Begrenzte Haftung
Ein ADC schützt nur innerhalb der vereinbarten Haftstrecke. Schäden, die diese übersteigen, sind nicht gedeckt.
FAQ zu Adverse Development Covers
1. Was ist ein Adverse Development Cover?
Ein ADC ist eine Rückversicherungsdeckung, die Erstversicherer gegen Nachreservierungsrisiken absichert.
2. Wie funktioniert ein ADC?
Der Rückversicherer übernimmt Schadenzahlungen, die eine festgelegte Priorität übersteigen, bis zu einer definierten Haftstrecke.
3. Welche Vorteile bietet ein ADC?
Es bietet Ergebnissicherheit, Kapitalfreisetzung, Planungssicherheit und unterstützt Fusionen und Übernahmen.
4. Was ist der Unterschied zwischen IBNR- und IBNER-Reserven?
- IBNR: Schäden, die eingetreten, aber noch nicht gemeldet wurden.
- IBNER: Schäden, die gemeldet, aber in ihrer Höhe noch nicht endgültig feststehen.
5. Für wen ist ein ADC geeignet?
Ein ADC eignet sich für Erstversicherer, die ihre Reserven absichern oder sich aus bestimmten Geschäftsfeldern zurückziehen möchten.