Weil Steuererhöhungen aber immer einen negativen Tenor haben, bemüht sich der Verein „Mein Grundeinkommen“, zu betonen, dass für die Mehrheit das neue Modell wie eine Steuersenkung wirken würde. Ein einheitlicher Steuersatz von 50 Prozent höre sich erst einmal nach einem wahnsinnig hohen Wert an, sagt Michael Bohmeyer, Gründer und Projektentwickler bei "Mein Grundeinkommen“, gegenüber t-online.de. „Aber weil das Grundeinkommen wie eine Steuergutschrift wirkt, bedeutet die Reform unterm Strich für die große Mehrheit eine Steuersenkung". Besagte 83 Prozent der Haushalte sollen am Monatsende mehr in der Tasche haben. Nur zehn Prozent der Bevölkerung würden schlechter gestellt - solche mit hohem Einkommen. Zugleich soll die Zahl der armutsgefährdeten Menschen von 13 Millionen auf vier Millionen sinken.

Anzeige

Der Verein wehrt sich zudem gegen das Argument, dass mit dem Grundeinkommen ein zusätzlicher Anreiz bestehe, nicht mehr zu arbeiten. Vielmehr würden gerade Geringverdiener zusätzliche Anreize für eine Arbeitsaufnahme haben, weil sie schlicht mehr behalten könnten. Wer heute Bürgergeld und damit den Regelsatz von 502 Euro beziehe, könne mit einem 520-Euro-Job sein Einkommen auf nur 686 Euro hebeln. Da nur 20 Prozent des zusätzlich verdienten Geldes anrechnungsfrei bleiben, dürfe der Betroffene lediglich 184 Euro aus seinem Job behalten.

Anders mit dem Grundeinkommen. Vom 520-Euro-Job dürfe nach dem neuen Modell ein Minijobber dann die Hälfte behalten, also 260 Euro. Das macht 1.460 Euro, wenn man von einem Grundeinkommen von 1.200 Euro ausgeht. Allerdings übernimmt das Jobcenter dann auch nicht mehr die Miete sowie andere Kosten, auf die Bürgergeld-Empfänger derzeit Anspruch haben. Die Frage bleibt, ob die Betroffenen dann nicht Miese machen würden, da das Jobcenter derzeit ja zum Beispiel auch für Neben- und Heizkosten im gewissen Umfang aufkommt. Grundsätzlich sehen Gegner des Grundeinkommens die Gefahr, dass armutsgefährdete Bevölkerungsgruppen aufgrund des Wegfalls von Sozialleistungen doch am Ende weniger haben als beim Status Quo.

Mögliche negative Effekte

In dem Papier des DIW Berlin werden mit Rückgriff auf die vorhandene Forschungsliteratur gleichwohl auch mögliche negative Effekte beschrieben: zu denen es aber bisher wenig praktische Erfahrungen gibt. „Höhere Einkommensteuersätze belasten zusätzliche Einkommen durch Mehrarbeit stärker als bisher, zugleich führt ein Grundeinkommen wie hier vorgeschlagen per Saldo zu höheren Nettoeinkommen bis in die Mittelschichten. Insoweit werden Arbeitszeitreduktionen attraktiv“, heißt es in der Studie. Es steigen Anreize, auf Karriere zu verzichten und weniger gut bezahlte Tätigkeiten zu bevorzugen, die mehr Spaß bereiten, heißt es darüber hinaus: ohne, dass dies angesprochen wird, könnte das Nachteile für die Wettbewerbsfähigkeit des Landes und das Fachkräfteangebot bedeuten.

Anzeige

Ein weiteres Problem: Da sich Einkommen aus Arbeit auch für Gutverdiener oder im Zweifel Unternehmen weniger lohnen, die Abgabenlast für diese Personen zudem steigt, könnte es viele Unternehmen auch ins Ausland ziehen. Auch ein Boom der Schattenwirtschaft wäre zu befürchten, da es zusätzliche Anreize gebe, Steuern zu vermeiden.

vorherige Seite
Seite 1/2/

Anzeige