In einem Interview mit Zeitungen der Funke Mediengruppe hat der Wirtschaftsweise Martin Werding die geplante Rentenreform der Bundesregierung scharf kritisiert. „Die Politik ist dabei, die Lasten der alternden Gesellschaft einseitig den Jungen aufzubürden“, sagte Werding. Und weiter: „Die werden diese Klientelpolitik zugunsten der Alten bezahlen müssen.“ Er beklagte: „Niemand in der Politik vertritt hier die Interessen jüngerer Erwerbstätiger.“

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Der Sozial- und Finanzwissenschaftler stößt sich vor allem daran, dass die Politik erneut eine Haltelinie für das Rentenniveau plant: Diese soll bei 48 Prozent liegen. Das Rentenniveau ist eine fiktive Größe, welche die Nettorente eines sogenannten Standardrentners (das ist ein Rentner mit 45 Beitragsjahren als Durchschnittsverdiener) ins Verhältnis setzt zum jeweils aktuellen Nettoarbeitsentgelt eines Durchschnittsverdieners. Wird das Niveau zu stark unterschritten, greift die Politik z.B. mit Zuschüssen an die Rentenversicherung ein.

Werding warnt nun in dem Interview vor massiven Folgen für die Volkswirtschaft und die Sozialkassen. Zwischen 2035 und 2040 werden die Beitragssteigerungen im Rentensystem und den anderen Sozialversicherungen demnach „so stark ausfallen, dass wirklich eine enorme Belastung auf die Beitragszahler“ zukommt, sagt der Wirtschaftsweise. „Das kann für die Volkswirtschaft dramatische Konsequenzen haben.“ Werding rechnet damit, dass der Beitragssatz zur gesetzlichen Rente schon bald von 18,6 Prozent auf rund 20 Prozent steigen muss. Im Jahr 2040 könnte der Beitragssatz dann sogar bei 22 Prozent liegen, wenn das Rentenniveau so festgeschrieben wird, wie es geplant ist.

Wenn der Bund hingegen für die zusätzlichen Kosten aufkommt, würde 2040 „fast jeder zweite Euro im Bundeshaushalt für die Rente draufgehen. Das Geld fehlte dann an anderer Stelle – etwa bei Klimaschutz, Digitalisierung, Bildung oder Sicherheit“, warnt der Finanzexperte.

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Die Reformmaßnahmen, die Werding vorschlägt, sind eher unpopulär: Das Rentenalter müsse weiter erhöht werden, die Ausgaben der Rentenversicherung gesenkt. Notwendig sei zudem der Aufbau einer kapitalgedeckten Säule, bei der die zukünftigen Rentnerinnen und Rentner verpflichtend einen individuellen Kapitalstock ansparen können - ergänzend zum Umlageverfahren der gesetzlichen Rente.

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