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Eigeninitiative, Mentoren, Elternhaus – damit bleibt vielen Jugendlichen vermutlich der Zugang zu Finanzthemen verweht, oder wie sehen Sie das?

Regina Halmich: Hier sehe ich ein großes Problem. Ich hatte das Privileg, dass mir mein Vater als Buchhalter bereits als Teenager und zu Beginn meiner Karriere in finanziellen Fragen mit Rat und Tat zur Seite stand. Doch nicht alle Eltern kennen sich bei Finanzthemen aus. Häufig haben sie gerade hier große Wissenslücken und Berührungsängste. Deshalb sollte Finanzbildung auch ein öffentliches Thema werden – und am besten auch ein Schulfach für Kinder und Jugendliche.

Hermann Schrögenauer: Bezeichnenderweise wünscht die große Mehrheit der Jugendlichen ja sogar selbst mehr Finanzvermittlung in der Schule. Mehr als 90 Prozent fordern das laut dem Jugend-Finanzmonitor. Interesse und Bewusstsein sind also durchaus vorhanden. Das belegt auch das hohe Interesse an unserem Tiktok-Kanal und das geht auch aus unserem Financial Freedom Report hervor: Er zeigt, dass finanzielle Unabhängigkeit für junge Menschen einen besonders großen Stellenwert besitzt. Sie streben stärker als andere Generationen nach der Erfüllung von finanziellen Träumen und wollen mehr Geld verdienen. Auch gehen sie Finanzthemen deutlich progressiver an.

Wie meinen Sie das?

Hermann Schrögenauer: Jüngere Menschen sind renditestarken Anlagemöglichkeiten gegenüber durchaus aufgeschlossen und investieren eher in Aktien, auch bei wenig Kapital. Das ist nicht nur löblich, sondern das müssen sie auch, wenn sie ihre Träume angesichts der veränderten Wirtschaftslage erreichen wollen.

Regina Halmich: Tatsache, denn die Inflation frisst im wahrsten Sinne des Wortes Zukunft auf. Ohne Gegenmaßnahmen schrumpfen Geldreserven, das alltägliche Leben wird kaum noch bezahlbar. Was für meine Generation das Sparbuch war, müssen für die Gen Z fondsgebundene Lösungen sein.

Wie kann es vor diesem Hintergrund der Versicherungsbranche gelingen, die junge Generationen zu erreichen?

Hermann Schrögenauer: Wie bei vielen anderen Themen lautet auch hier das Stichwort „Digitalisierung“. Die Gen Z konsumiert anders, darauf müssen Dienstleistungen und Produkte zugeschnitten werden: unkompliziert, intuitiv und unterhaltsam – stets online abrufbar. Vermittler müssen sich im Informationsdschungel des Internets gegenüber Crypto-Influencern und selbsternannten Experten als vertrauenswürdige Ansprechpartner in Finanzfragen positionieren. Hier hat die alte Denke vom Versicherungsberater als „Ortskaiser“ endgültig ausgedient. Stattdessen muss Fachexpertise maßgeschneidert da abrufbar sein, wo die Zielgruppe sich aufhält und informieren will.

Regina Halmich: Getreu dem Motto: Man kann sich persönlich vor Ort beraten lassen, muss es aber nicht. Digitale und physische Räume verschmelzen immer mehr – privat und geschäftlich. Das gilt in fast allen Branchen und auch in meinem Business: Markenbildung ist heute wichtiger denn je. Jüngere Menschen erreicht man nicht mehr ausschließlich offline, sondern sie müssen dort abgeholt werden, wo sich ein Großteil ihres Lebens abspielt: im Internet und in den sozialen Medien. Offenheit, Verständnis und ein Austausch auf Augenhöhe sind auf beiden Seiten unabdingbar.

Wie stellt man so einen Austausch auf Augenhöhe sicher?

Hermann Schrögenauer: Wie Regina bereits erwähnt hat, sollten Berater und Beraterinnen gezielt dort präsent sein, wo sich die Gen Z aufhält und durch auf sie zugeschnittene Content-Formate Aufmerksamkeit erzeugen. Die Aufmerksamkeitsspanne junger Menschen wird durch die zunehmende Reizüberflutung und Kanäle wie TikTok immer kürzer. Das wirkt sich natürlich auch auf die Ansprache aus.

Regina Halmich: Das ist ein ganz entscheidender Punkt. Junge Menschen konsumieren nicht nur anders, wie Hermann gerade sagte, vor allem kommunizieren sie anders. In ihrer Lebenswelt sind Informationen jederzeit und überall, also auch mobil, verfügbar. Diesem Tempo müssen wir alle uns anpassen. Aber Schnelligkeit bedeutet noch lange nicht Oberflächlichkeit oder mangelnde Seriosität.

Hermann Schrögenauer: Genau deshalb sollten sich Vermittler wie auch Unternehmen an Bewegtbild-Formaten orientieren. Ein professionelles und schnelles Community Management ist ebenfalls wichtig, um sich als zuverlässiger Ansprechpartner für Finanzberatung zu etablieren. Die LV 1871 bietet ihren Geschäftspartnern Unterstützung durch verschiedene Schulungsformate wie dem Digital Partner Programm oder ganz neu der Online Marketing Academy, um das Online-Know-how weiter auszubauen.

Regina Halmich: Man sollte aber auch die zwischenmenschliche Ebene nicht aus den Augen verlieren. Man muss die Sprache junger Menschen sprechen, aber auch echtes Interesse und Verständnis für ihre Lebensrealität zeigen. Ansonsten läuft man schnell Gefahr, Vorurteile zu bedienen und mit seiner Message nicht durchzudringen. Letztendlich wollen wir die Gen Z ja mitnehmen und nicht von ihr abgehängt werden.

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