Man sollte unterscheiden, ob das in der Theorie oder der Praxis eine gute Idee ist. Wenn man es rein theoretisch durchdenkt, hat die Idee etwas Schlüssiges. Aber die Frage ist – was passiert mit dem Beratungsergebnis, wenn man dann den Staffelstab an den Verkauf übergibt?

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Wenn der Kunde die Beratung bezahlt, hat er immer noch kein Produkt.

Genau, und was passiert denn in der Praxis? Ich habe selbst erlebt, wie hinterher etwas ganz anderes heraus kommt als in der Beratung vorher. Ich halte die Trennung für ein bisschen schwierig. Sie ist auch ein bisschen konstruiert. Die beste Lösung für Verbraucher ist es, wenn man es mit qualifizierten Vermittlern zu tun hat, die Kundeninteressen zu ihren eigenen Interessen machen. Auf Sicht funktioniert das auch wirtschaftlich am besten.

Die Beeinflussung für das eine oder andere Produkt kommt ja daher, dass ich – je nach Produktart und Anbieter – immer eine unterschiedliche Vergütung bekomme. Dieser Anreiz fiele weg, weil jeder für die Vermittlung eines Produkts die selbe Summe bekommt.

Lassen sich denn Interessenkonflikte immer vermeiden? Die Verbraucherzentralen sind auch Anbieter kostenpflichtiger Verbraucherberatungen. Man könnte ihnen Interesse daran unterstellen, dieses Geschäftsmodell auszubauen.

Es ist dasselbe Thema. Ein Geschäftsmodell, das man selbst betreibt, sollte man nicht bei anderen bewerten. Darin steckt ein Interessenkonflikt. Deswegen haben wir uns stets um die Funktionstrennung zwischen der Bereitstellung der Technik und der eigenen Rating-Analyse bemüht. Natürlich kann man aber in jedem Ansatz Kritikpunkte finden.

Ein Beispiel: wovon lebt das Rating-Geschäft? Von der Siegel-Vermarktung. Man könnte nun sagen: wenn wir Siegel vermarkten, haben wir ein Interesse daran, dass möglichst viele tolle Ratings dabei herauskommen. In der Theorie scheint das schlüssig, aber ein Rating mit zu vielen Top-Noten ist schnell wertlos. Aber es gibt hier sehr unterschiedliche Philosophien. Ein Tipp: vergleichen Sie mal die Anzahl der Top-Noten bei den verschiedenen Ratinganbietern. Bei uns ist die Spitzengruppe im Rating traditionell vergleichsweise klein.

Das sind zumindest Indikatoren dafür, dass wir kein Interesse haben, möglichst breit zu gehen, sondern eine konsequente Orientierung zu liefern. Eine große Herausforderung haben wir allerdings in der Berufsunfähigkeitsversicherung. Denn hier sind die Versicherungsbedingungen nach über 25 Jahren Ratingpraxis nahezu austrainiert? Wir haben unser Ziel erreicht und für eine durchweg hohe Qualität der Produkte gesorgt.

Ein Problem haben wir allerdings in der Berufsunfähigkeitsversicherung. Denn was soll sich bei den Bedingungen noch groß ändern? Wir haben da einfach einen guten Job gemacht und für die Qualität der Produkte viel Druck ausgeübt.

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Zuletzt haben wir Stabilitätskriterien ins Rating aufgenommen, weil die Kalkulation durch den ständigen Preiswettbewerb immer dünner wird. Seit 2004 bewerten wir auch die Leistungspraxis der Versicherer, aber es stellt sich nur eine Minderheit der Versicherer diesem Verfahren. Gerne würden wir für mehr Orientierung sorgen und mehr Versicherer bewerten. Das geht aber nur, wenn uns die Unternehmen ins Haus lassen. Aber am Produkt, an den Bedingungen ändert das nichts – die haben mittlerweile vielfach ein hohes Niveau erreicht.

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