Im Gespräch zeigte sich, dass beide Gesellschaften (scheinbar) unterschiedliche Philosophien in der Zusammenarbeit Start-Ups verfolgen. So sucht die R+V nach Start-Ups, die sozusagen fertige Lösungen für konkrete Probleme mitbringen. Dabei ist für Axel Eppenstein wichtig: „Überzeugt man mich, dass es einen Kunden gibt, der das braucht? Es geht um die Nutzenfunktion. Ich finde selbst viele Dinge cool. Aber braucht es wirklich jemand?“

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Und fügt später noch hinzu: „Ich muss eine Vision haben, wie ich etwas einsetzen kann, damit man die Versicherung davon überzeugen kann: Daraus kann man was machen. Das klang zum Beispiel bei Complero super und ich hab sie dann sofort mit den Fachabteilungen verknüpft“, um das Problem der nicht aktuellen Kundendaten zu lösen. Bei Miss Moneypenny war es die einfache Möglichkeit, den, wie er es nennt „digitalen Fuß in der Tür“ des Kunden zu haben.

Bei der RheinLand achten Alina Eikermann und Jochen Fischer „auf Codewörter, die Themengebiete streifen, die mit dem eigenen Berufsfeldern zu tun haben.“ Anschließend möchten sie „gemeinsam mit den Start-Ups die Terra-incocnita umsetzen“ und neue Produkte zu entwickeln. So nutzte man die Grundlagen des Insaas-Trendradar, um einen Makleratlas zu entwickeln, mit dem die RheinLand deutschlandweit die passenden Makler finden kann.

Die Wallet-Technologie von Miss Moneypenny bot wiederum die Basis für die Ideenfabrik der RheinLand. Dabei handelt es sich um eine Kunden-Community für Umfragen zur Produktentwicklung und -optimierung. Hier hebt Alina Eikermann heraus, dass „Miss Moneypenny die komplette Idee abdecken kann. Sie bieten nicht nur die Wallet-Technologie, sondern auch die Survey-Technologie an. Alles aus einer Hand mit einem Dienstleister. Was will man mehr?“

So unterschiedlich die spätere Kooperation mit Start-Ups ist, so ähnlich sind allerdings auch die Anforderungen, die man an diese stellt, damit es letztendlich zu einem Match kommt. Insgesamt kristallisierten sich in den Gesprächen 5 (bis 6) relevante Punkte heraus.

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  1. Das professionelle Auftreten der Start-Ups. Jochen Fischer fasst es wie folgt zusammen: Sie „müssen von der Grundlage her, eine gewisse Professionalisierung mitbringen. [Die Start-Ups sollten] durchdachte Unternehmen, von der Finanzierung und vom Geschäftsmodell“ sein.
  2. Im Pitch dürfen sich Start-Ups nicht in den Details verlieren, sondern müssen sich vielmehr auf Storytelling konzentrieren. Man muss merken, dass sie für ihre Idee brennen. Und wie Alina Eikermann anmerkt, pitcht ein interessantes Start-Up „zwar einen konkreten Use-Case, aber lässt beim Pitch auch möglichst viele Felder offen, dass man es noch modulieren und in die eigene Richtung abändern kann.“ Jochen Fischer ergänzt dazu: „Es ist immer sehr schwierig, wenn ein Start-Up mit einer 1-0-Idee kommt. Weil so können die Unternehmen nur Ja oder Nein sagen.“
  3. Kommt es nach dem Pitch zu einem Gespräch, dann ist es wichtig, dass ein Start-Up aufzeigt, was sie konkret tun können. Wie können sie den Versicherer genau unterstützen? Wobei es hier wichtig ist, dass sich die Start-Ups flexibel zeigen und auch neue Ideen und Impulse zulassen.
  4. Kommt es nach dem Pitch zu keinem Gespräch, dann müssen Start-Ups hartnäckig sein und immer wieder mal nachhören. Denn es kann sein, dass gerade nicht die richtige Zeit für die Idee im jeweiligen Unternehmen ist oder die Abstimmungswege länger dauern als gedacht. Axel Eppenstein empfiehlt: „Nicht frustriert sein, wenn es länger dauert und manchmal ist auch nicht der richtige Zeitpunkt, deswegen immer mal wieder nachhören.“
  5. Last but not least, ist allerdings der alles entscheidende Faktor bei einem Start-Up die Gründerpersönlichkeit. Die Gründer müssen nicht nur für ihr Thema brennen und dieses Brennen auch vermitteln können, sondern es muss auch auf der menschlichen Ebene stimmen. So erklärt bspw. Axel Eppenstein, dass es „nur unglaubliche 8 Wochen dauerte“ bis die R+V mit der Wallet-Pass von Miss Moneypenny Technologies live gegangen ist. Das lag zum einen zwar daran, dass es wenig Schnittstellen und damit wenig Abstimmung innerhalb der R+V bedurfte und aber „vor allem weil ich mit Anna [Bojic] auf einer Wellenlänge ticke.“
  6. Als sechsten Punkt muss ich noch etwas hinzufügen, worauf Versicherer nach eigenen Aussagen weniger achten, was aber bei Start-Ups eine große Rolle spielte. Es ist, dass man sich in der Branche auskennt, ihre Sprache spricht und sich in die Versicherungswelt hineindeckt. Alle Gründer wiesen mehrfach in unseren Gesprächen darauf hin, wie wichtig das ist. Auf meine Nachfrage erklärte man mir von Versichererseite jedoch, dass dies kein großes Thema sei. Am besten fasst es Jochen Fischer wie folgt zusammen: „Von Versicherungen gehört haben, ja. Auch gut, wenn man weiß, welche Regulatorik es gibt. […] Es ist eher ein Vorteil, wenn das Start-Up, die handelnden Personen nicht aus der Versicherungsbranche kommen. Weil das Start-Up so einen ganz anderen Blick auf die Branche hat und nicht betriebsblind ist.“

Die konträre Sicht bei diesem Thema lässt sich vermutlich darauf zurückführen, dass Personen aus der Versicherungsbranche nicht bewusst ist, wie kompliziert selbst die einfachsten Dinge für Außenstehende sind. Was sie als selbstverständlich erachten, ist für alle anderen ein Buch mit 7 Siegeln. Meine Gesprächspartner haben auch mir gegenüber ganz selbstverständlich Fachtermini verwendet, die ich nur verstehe, weil ich selbst seit mittlerweile 13 Jahren irgendwie in der Branche bin. Deswegen, auch wenn es von Versichererseite nicht ausgesprochen wurde, möchte ich als 6. Punkt hinzufügen, dass Versicherern schon wichtig ist, dass man ihre Sprache spricht und weiß, wie sie denken.

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