Solvenzquoten in der Lebensversicherung: Was niedrige Werte aussagen

Quelle: DALL-E

Was aber bedeutet all das konkret? Um diese Frage zu beantworten, lohnt ein genauerer Blick auf jene Lebensversicherer, die 2024 die niedrigsten Basisquoten im Markt ausweisen. Der MAP-Report 939 liefert hierzu eine belastbare Datengrundlage: Er analysiert die Eigenmittelausstattung aller aktiven Lebensversicherer – also jener Gesellschaften, die noch Neugeschäft betreiben und nicht im externen Run-off verwaltet werden.

Die Spannbreite der Quoten ist beachtlich: Während viele Anbieter stabile Werte im Bereich von 300 Prozent und mehr erreichen, liegt das untere Marktsegment deutlich näher an der aufsichtsrechtlichen Schwelle von 100 Prozent – teils sogar darunter. Doch wie gezeigt, ist eine niedrige Quote nicht zwangsläufig ein Alarmsignal. Vielmehr offenbaren die folgenden Beispiele, wie unterschiedlich die Ursachen für knappe Solvenzwerte ausfallen können – je nach Bestandsstruktur, Geschäftsausrichtung und Konzernstrategie.

Debeka: Niedrige Quote trotz Größe und Solidität

Mit rund 3,69 Milliarden Euro an verdienten Bruttobeiträgen zählt die Debeka Lebensversicherung zu den größten Anbietern im deutschen Markt – Rang 4 im MAP-Report. Dennoch liegt ihre Basisquote 2024 bei lediglich 135,5 Prozent, ein deutlicher Rückgang gegenüber dem Vorjahreswert von 183,8 Prozent.

Der Grund liegt in der Bestandsstruktur: Etwa 48 Prozent des Vertragsvolumens entfallen auf Rentenversicherungen, weitere 30 Prozent auf klassische Kapitalversicherungen. Hinzu kommen rund 1,03 Milliarden Euro aus fondsgebundenem Geschäft – also knapp 28 Prozent der Beitragseinnahmen – sowie kleinere Anteile aus Risiko- und Kollektivversicherungen. Es dominiert somit eine klassische Produktwelt mit hoher Garantiebindung.

Gerade diese Altverträge verursachen hohe Rückstellungspflichten – und damit einen entsprechend hohen Kapitalbedarf. Die Debeka gilt als wirtschaftlich solide, insbesondere aufgrund ihrer Rechtsform als Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit. Doch die Quote zeigt: Selbst bei großen, etablierten Häusern kann die historische Last die bilanzielle Solvenzkennzahl spürbar drücken.

Cosmos: Knapp kalkuliert, aber stabil gesteuert

Mit einer Basisquote von 106,2 Prozent liegt die Cosmos Lebensversicherung nur knapp über der aufsichtsrechtlichen Schwelle. Im Vorjahr betrug der Wert noch 91,6 Prozent. Das Unternehmen gehört zur Generali Deutschland AG und ist Marktführer im Direktvertrieb von Lebensversicherungen. Die Beitragseinnahmen summierten sich 2024 auf rund 1,40 Milliarden Euro – davon stammen rund 131 Millionen Euro aus fondsgebundenen Produkten.

Bemerkenswert ist der starke Fokus auf biometrische Risiken: 59 Prozent des Vertragsbestands entfallen auf Risikolebensversicherungen, weitere 22 Prozent auf Rentenprodukte. Klassische Kapitalversicherungen und fondsnahe Verträge spielen eine untergeordnete Rolle.

Angesichts dieser Produktstruktur überrascht die vergleichsweise niedrige Quote. Doch sie lässt sich mit einer schlanken Kapitalstrategie im Konzernkontext erklären. Die Cosmos erfüllt alle aufsichtsrechtlichen Vorgaben – wird aber offenbar so kapitalisiert, dass sie effizient betrieben werden kann, ohne zusätzliche Eigenmittelreserven. Die Steuerung erfolgt innerhalb klar definierter Risikogrenzen – nicht auf Überdeckung, sondern auf funktionale Angemessenheit.

neue leben: Sparkassennahe Vorsorge mit Altlasten

Die neue leben Lebensversicherung erreicht 2024 eine Basisquote von 109,6 Prozent – nach 132,5 Prozent im Vorjahr ein merklicher Rückgang. Mit rund 691 Millionen Euro verdienten Bruttobeiträgen liegt sie auf Rang 29 im Markt. Davon entfallen über 373 Millionen Euro auf fondsgebundene Produkte, also mehr als 50 Prozent des gesamten Prämienvolumens.

Die Bestandsstruktur verweist auf eine moderne Vertriebs- und Produktstrategie: 25 Prozent der Verträge entfallen auf Rentenversicherungen, 17 Prozent auf klassische Kapitalpolicen, 21 Prozent auf Risikoversicherungen und 31 Prozent auf sonstige – überwiegend fondsgebundene – Verträge. Nur 7 Prozent entfallen auf das Kollektivgeschäft.

Trotz dieser aktuellen Ausrichtung bleibt die Basisquote niedrig. Die Erklärung liegt in der Unternehmensgeschichte: Die 1954 gegründete Gesellschaft agiert seit langem als Vorsorgepartner im Sparkassensektor und führt noch immer einen erheblichen Bestand an garantielastigen Altverträgen. Diese schlagen sich spürbar in den Kapitalanforderungen nieder – auch wenn das Neugeschäft auf moderne Tarife setzt. Als Tochter der HDI Deutschland AG wird die neue leben konzernintern effizient gesteuert, bleibt in der Quote aber durch ihre vertragshistorische Struktur belastet.