Amazon scheitert mit Versicherungsvergleich in Großbritannien

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Amazon schließt weniger als zwei Jahre nach der Eröffnung seinen „Amazon Insurance Store“ in Großbritannien. Damit erleidet erneut ein Big-Tech-Gigant Schiffbruch mit dem Versuch, in die Versicherungsmärkte vorzudringen: Auch Google ist mit einem ähnlichen Versuch vor zehn Jahren gescheitert. Der „Versicherungsshop“, an dem namhafte Versicherer beteiligt waren, sollte ähnlich wie ein Vergleichsportal funktionieren, war aber offenbar nicht so erfolgreich wie erhofft.

Es ist eine oft gehörte Warnung: Große Tech-Giganten wie Amazon, Tesla oder Google könnten irgendwann ins Versicherungsgeschäft einsteigen und Versicherer sogar überflüssig machen. Sie verfügen über eine Fülle an persönlichen Daten von potentiellen Kundinnen und Kunden, von denen Versicherer teilweise nur träumen können. Und bieten darüber hinaus radikal einfache und kundenzentrierte Services. So weit die Theorie, doch in der Praxis gestaltet sich das alles etwas schwieriger. Wie ein Blick nach Großbritannien zeigt: Dort hat mit Amazon erneut ein Big Player einen Vorstoß auf den Versicherungsmarkt abblasen müssen.

Auf der Insel hatte Amazon versucht, sich als Versicherungsvermittler zu etablieren. Am 19. Oktober 2022 war der sogenannte Amazon Insurance Store eröffnet worden: zunächst für ausgewählte Kunden, später wurde der Store für alle User geöffnet. Im Angebot hatte der Tech-Riese einfach abzuschließende Policen wie Hausratversicherungen. Die Produktpalette sollte aber nach und nach ausgebaut werden. Für seinen Insurance Store kooperierte Amazon mit führenden einheimischen Versicherern: Auch die Allianz-Tochter LV Gig war mit im Boot.

Die Ambitionen waren groß. Amazon wollte den führenden Vergleichsportalen in Großbritannien Konkurrenz machen: Anbietern wie „Compare the Market“, das jeder zweite Vergleichsportal-Nutzer im Königreich schon einmal genutzt hat. Das ist so, als hätte Amazon in Deutschland Check24 den Kampf angesagt.

Jonathan Feifs, General Manager Payment Products bei Amazon in Europa, versprach, dass das Abschließen einer Versicherung ähnlich einfach funktionieren würde wie der Kauf anderer Produkte bei Amazon. "Als wir den Amazon Insurance Store ins Leben riefen, wollten wir das Einkaufserlebnis für Kunden derart verbessern, dass sie Optionen einfach vergleichen und eine fundierte, objektive Entscheidung treffen können - genau wie beim Einkaufen auf Amazon", wurde Feifs damals von Insurance Business UK zitiert.

Amazon-Versicherungsvergleich wird geschlossen

Doch die Ernüchterung stellte sich beim Branchenriesen schnell ein. Wie mehrere Medien übereinstimmend berichten, wird Amazon seinen Insurance Store nach nur 15 Monaten wieder schließen. „Im Laufe des letzten Jahres haben wir verschiedene Geschäftsbereiche und Programme evaluiert und in diesem Zusammenhang die schwierige Entscheidung getroffen, den Amazon Insurance Store einzustellen", zitiert die Insurance Post Vassil Gedov, der das Projekt für Amazon leitet. Für Kundinnen und Kunden, die bereits eine Versicherung abgeschlossen haben, soll es keine Änderungen beim Schutz und laufenden Regulierungen geben.

Die „Financial Times“ zitiert in einem Artikel mehrere Versicherungsmakler und Vorsorge-Spezialisten, wonach das Aus für Amazon nicht überraschend kommt. Ranald Mitchell, Geschäftsführer beim Immobilien- und Versicherungsmakler Charwin Private Clients aus Norwich, weist darauf hin, dass andere große Konzerne ähnliche Erfahrungen machen mussten. So habe der Amazon Insurance Store etwa genauso lange existiert wie das Google-Vergleichsportal, das 2012 an den Start ging - und ebenfalls vom Markt genommen wurde. „Offensichtlich war das Projekt nicht so erfolgreich wie geplant, und wie Amazon herausfinden musste, ist es doch nicht so einfach, die Köpfe und Kaufgewohnheiten der britischen Öffentlichkeit zu verändern“, so Mitchell.

Ähnlich äußert sich Scott Gallacher von Rowley Turton. Während die Marke Amazon beim Online-Shopping ein Erfolgsgarant sei, habe sie bei Versicherungen kaum Gewicht und genieße nicht das Vertrauen der Kunden, vermutet er als Grund für das Scheitern. Hohe Kosten im Versicherungsgeschäft, geringe Margen sowie strenge regulatorische Vorgaben, die Amazon unterschätzt habe, werden von den interviewten Experten ebenfalls als Gründe für das Aus vermutet. Der Konzern selbst äußerte sich nicht konkret, weshalb er seinen Versicherungsvergleich eingestampft hat.

Auch in der EU ist Amazon als Versicherungsvermittler registriert: Das luxemburgische Vermittlerregister führt Amazon EU S.à.r.l. als Sociétés de Courtage - also als Versicherungsmakler. Mit dieser Zulassung darf Amazon auch in Deutschland und Österreich Policen vermitteln. Die jetzige Bauchlandung in UK bedeutet keineswegs, dass Amazon grundsätzlich das Versicherungsgeschäft nicht versteht. Erfolgreich ist der Konzern damit, zielgerichtet Versicherungen für Produkte zu vermitteln, die bei Amazon eingekauft werden. Im Juli des letzten Jahres hat Amazon zudem in den USA eine Cyberversicherung für kleine und mittlere Unternehmen gestartet.