Zeitfresser eMail - hat sie in Unternehmen eine Zukunft?

Quelle: Tumisu@Pixabay.com

Das Mobile-Phone oder die iWatch brummt. Wieder ist eine Mail eingegangen. Schaue ich mir diese gleich oder später an? Ist es wieder eine dieser Mails, die sofort in den elektronischen Papierkorb kommt? Und was bedeuten E-Mails für das Zeitmanagement von Versicherungsmaklern? AssekuranzDoc Dr. Peter Schmidt geht diesem Problem einmal auf den Grund.

Unbestritten gehören E-Mails zu den beliebtesten und meistgenutzten Kommunikationsformen. Weltweit sollen laut statista.com fast 300 Milliarden Mails versendet werden. Täglich! Allein in Deutschland betrifft dies über achtzig Prozent der Bevölkerung. Darunter viele E-Mails, die uns weder betreffen noch für uns interessant sind, auch wenn die Anzahl der Newsletter per Mail im Gefolge der DSGVO zeitweise abgenommen hat.

Bei unseren Coachings zur Optimierung von Arbeitsprozessen stellen wir fest, dass nur wenige Makler die Möglichkeiten von automatisierten und intelligenten Postfächern nutzen, um deren Inhalte beispielsweise an Mitarbeiter weiterzuleiten oder den betreffenden elektronischen Kundenordnern im Maklerverwaltungsprogramm direkt zuzuleiten.

Intelligente Posteingangssysteme für E-Mails

Intelligente Postfächer können beispielsweise alle Mails zu einem gewünschten Deckungskonzept oder einem Projekt im Unternehmen zur Optimierung des Workflows enthalten. Und dies dann auch unabhängig zu den Postfächern, in denen die E-Mails abgelegt und archiviert werden.

Ein zusätzlicher Vorteil der intelligenten Postfächer besteht darin, dass Markierungen oder Änderungen direkt auch in der E-Mail mit vorgenommen werden, wo die Mail gespeichert ist. Liegen die E-Mails und intelligenten Postfächer in einer Cloud, dann werden die Änderungen auch auf allen genutzten Geräten wie Mobile-Phone oder Tablet mit vorgenommen.

Der @AssekuranzDoc

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Dr. Peter Schmidt ist Experte Personenversicherungen und Unternehmensberater im Bereich Versicherungen, Vertriebe und Makler mit langjähriger Erfahrung als Führungskraft und Vorstand bei deutschen Versicherern und twittert als @AssekuranzDoc.

Damit haben wir schon eine Form der Zeitersparnis im Umgang mit E-Mails kurz beschrieben. Weitergehend sind die Möglichkeiten zur Vorselektion, Ablage und Erledigung von E-Mails zu Routinevorgängen direkt durch Software, die auf künstlicher Intelligenz beruhen.

So gibt es inzwischen Software-Lösungen, die über Sprach- bzw. Texterkennung (semantische Muster) E-Mails nach Inhalten, Versicherungs- und Schadennummern oder nach dem Namen der Versicherten identifizieren und den entsprechenden Behandlungsweisen und -prozessen zuführen.

Nur wenn die Texterkennung nicht weiterkommt, dann wird der Vorgang an die entsprechenden Spezialisten weitergeleitet. Formen der automatischen und standardisierten Mail-Beantwortung kennen wir inzwischen alle. Und diese Form wird sich ausbreiten und verstärkt wiederum die Spirale der E-Mail-Flut.

E-Mail-Bearbeitung und Zeitmanagement

Selbst wenn die Automatisierung der E-Mail-Bearbeitung weiter voran schreitet, kommt man um die Frage nach dem „wann und wie“ der E-Mail-Bearbeitung nicht herum. Unternehmensberater verfolgen hier im Wesentlichen zwei Theorien:

  • A) sofort Bearbeiten oder
  • B) in bestimmten Zeitkorridoren die E-Mails abarbeiten.

Die Anhänger von Variante A) argumentieren ungefähr so: Ich lese meine E-Mails sofort und entscheide auch gleich, ob die Mail in den elektronischen Papierkorb geht, ich diese weitersende oder ob ich eine kurze Antwort schreibe. Nur die wichtigsten noch zu erledigenden Mails hebe ich auf und bearbeite diese später.

Diese Arbeitsweise mit E-Mails bringt eine ganze Reihe von Nachteilen und Risiken mit sich. Die Gefahr, das wichtige von unwichtigen Vorgängen nicht immer richtig erkannt werden, ist latent. Schnelligkeit kann Oberflächlichkeit und Fehler mit sich bringen. Die ständigen Unterbrechungen der Konzentration wirken sich langfristig negativ auf den oder die Bearbeiter aus.

Menschlich verständlich ist diese Art der E-Mail-Bearbeitung aber dennoch. Der Anwender bekämpft so sein Gefühl vom ständig überlaufenden Mail-Postfach und es entsteht zumindest zeitweise ein Gefühl der Zufriedenheit durch das Geschaffte. Dennoch warne ich vor diesem sich ständig drehenden Hamsterrad, was früher oder später zu Erscheinungen von Burnout führen kann.

Damit ist klar, dass ich zu Fragen des Zeitmanagements für Makler für Variante B) plädiere: Die Bearbeitung von Mails in bestimmten Zeitkorridoren. Und für diese Art der strukturierten Bearbeitung von E-Mails könnten Sie folgendes tun:

Push- Benachrichtigung „Neue E-Mail“ deaktivieren

Fast alle E-Mail-Programme bieten die Möglichkeit, den Eingang von neuen E-Mails in einem kleinen Informationsfenster oder per Push-Nachricht auf dem Mobile-Phone anzeigen zu lassen.

Das durchaus nützliche Hilfsmittel wird aber dann nervig und geht auf die Konzentrationsfähigkeit, wenn der Empfänger im Laufe des Tages oder der Woche viele E-Mails und damit die gleiche Anzahl Push-Mails erhält, der PC oder Laptop auch zu Beratungs- und Präsentationszwecken verwendet wird und wenn der Eingang von Push-Mails auch noch mit Signaltönen versehen wird.

Für Antwort-Mails oder ganz wichtige E-Mails können Sie in vielen Mail-Programmen die etwas stressreduzierte Form der Benachrichtigung nur für ausgewählte und priorisierte Mails bestimmter Kontakte oder zu bestimmten Betreff nutzen.

Mails in Tagesabschnitten bearbeiten

Ich vertrete die Auffassung, dass für Variante B) die Bearbeitung von Mails möglichst in Tageszeitabschnitten stattfinden sollte, die nicht zu den kreativsten Phasen des Arbeitstages gehören. In den bei Menschen zeitlich unterschiedlichen Phasen der Kreativität und Höchstleistung sollten nur die wichtigsten, anspruchsvollsten und eiligen Themen bearbeitet werden.

Darum herum sind dann die nicht vermeidbaren Routineaufgaben zu platzieren. Erleichtern Sie die Bearbeitung von Routine-E-Mails durch standardisierte Antwort- und Weiterleitungsmails und klare Anweisungen zum Umfang von Antworten oder E-Mail-Weiterleitungen an Ihre Mitarbeiter.

Dennoch: Kein Mensch kann auf Dauer nur Routinevorgänge wie eben das Lesen, Sortieren und Bearbeiten von Mails auf Dauer zuverlässig erledigen. Es gehören zu Variante B) auch ein entsprechendes Umfeld (Großbüros sind das nicht!), eine optimale innerbetriebliche Kommunikationskultur sowie Phasen der Entspannung. Abwechselnde Aufgaben, neue Eindrücke und auch Reize müssen einen Ausgleich zur E-Mail-Routine schaffen.

Nach meinen Erfahrungen zu Variante B) gehört, dass bei vielen Maklern und deren Sachbearbeitern genügt, wenn alle zwei bis drei Stunden im Arbeitsalltag die Mails gecheckt werden. Vorzugsweise sind Arbeitsstunden für die Mail-Sichtung zu nutzen, in denen nicht intensiv Telefon-Service geleistet wird.

Aus Sicht des Biorhythmus vieler Menschen empfehlen sich oft die Nachmittagsstunden mit dem zweiten Leistungshoch für diese Tätigkeiten. Aber wir Menschen sind mit den Cronotypen „Lerche“, „Normalo“ oder „Eule“ bekanntlich unterschiedlich. Als personalverantwortlicher Unternehmer sollten Sie möglichst darauf Rücksicht nehmen.

Es gibt sie: Alternativen zu E-Mails

In absehbarer Zeit werden E-Mails nicht aussterben. Prognosen gehen von einer weltweiten Zunahme von über zehn Prozent in den nächsten fünf Jahren aus. Dennoch gibt es erstzunehmende Gegentrends, die durchaus auch für Maklerunternehmen interessant sind.

Zu den hinreichend bekannten Alternativen gehören jetzt bereits in Maklerunternehmen die Kommunikationen mit Kunden und Kollegen über soziale Medien, Messanger und Chats. Leider werden diese Kommunikations-Formen durch die DSGVO eingeschränkt und teilweise auch unterbunden. Und mancher Kunden versteht es überhaupt nicht, warum er seinen Makler nicht mehr per WhatsApp & Co. anschreiben darf.

In größeren Unternehmen geht die Kommunikation immer mehr in Chats und Plattformen wie Firmen-Wikipedia. Über diese Plattformen kann transparent und schnell zu speziellen Themen und Projekten sachbezogen der Meinungs- und Informationsaustausch stattfinden. Vorteil: Über Suchbegriffe sind diese Informationen schnell und für alle Beteiligten nachvollzieh- und abrufbar.

Softwareanbieter wie Slack bringen die Teamarbeit in Kommunikationskanäle (Channels) und ersetzen E-Mails. Der Channel wird der Kommunikationsort und ersetzt Meetings oder gar Geschäftsreisen zu anderen Firmenstandorten. Schnelligkeit, Transparenz, Kosten- und Zeitersparnis sprechen für diese Tools.

Die Potentiale der Channels

Die neuen Kommunikationskanäle haben Potential: Im Channel liegen dann sowohl die „Unterhaltungen“ zum Thema oder Projekt, die Möglichkeiten der Suche und Selektion sowie weitere Tools und Services zur Projektorganisation, zum Monitoring sowie Entscheidungsvorlagen und die Aufgabenverteilung. Stellen Sie sich dieses Zusammenkommen auf technischer Basis einmal für den konkreten Fall einer komplizierten Deckungszusage für einen Gewerbebetrieb vor:

Makler und Groß-Kunde(n) sind im speziellen Channel. Ziel, Aufgaben und Detailthemen werden erfasst und verteilt. Zeitweise können Experten oder auch die Spezialisten der Versicherer hinzu gebeten werden, ohne dass Kosten für Fahrten und KFZ entstehen. Die beteiligten Kunde(n) organisieren Pläne, Fotos etc. zum Risikos. Weitere Mitglieder wie Rechtsanwalt oder Steuerberater können phasenweise dazu kommen und dann auch nach Meinungsäußerung den Channel verlassen.

Brainstormings können über solche Tools auch per Video-Konferenz digital und persönlich besprochen werden, egal wo die Teilnehmer ihren Heimat- oder Firmenort haben. Gesellschafter, Aktionäre oder Aufsichtsgremien, die sonst nicht im operativen Tagesgeschäft gefangen sind, können bei Bedarf einbezogen werden. Und all dies entlastet den sonst üblichen Kettenversand von Endlosmails, bei denen irgendwann keiner mehr durchsieht.

Fazit:

E-Mails werden weiter unseren Alltag bestimmen, auch wenn wir zunehmend neue Formen der Kommunikation nutzen (werden). Strukturieren Sie für sich den Arbeitsalltag so, dass Sie nicht dauernd und nebenbei Mails bearbeiten.

Konzentrieren Sie sich auf feste Zeiten, in denen Sie auch nichts anderes machen als E-Mails zu bearbeiten. Und dann gilt AAA: Aktion (Delegieren, Antworten), Ablage (Archivierung oder Ordner „Offenes“) und Abfall (Papierkorb).

Zu einer effizienten E-Mails-Struktur gehören intelligente E-Mail-Ordner, die automatische Sicherung von Dateien zu Policen oder Angeboten im MVP sowie ein passendes Ablagesystem. Weitere Hinweise zum E-Mail-Marketing im Maklerunternehmen haben wir in einem speziellen Leitfaden zusammengestellt.

Eine effiziente Arbeitsorganisation macht auch Ihnen das Arbeitsleben mit den E-Mails leichter – meint Ihr AssekuranzDoc, der sich damit in die Sommerpause verabschiedet. Wir lesen uns im September wieder.