Der Versicherungsmakler ist treuhänderischer Sachwalter des Kunden und damit auch verpflichtet, diesen gut und umfassend zu beraten. Dass sich daraus auch strenge Pflichten ergeben, zeigt erneut ein Urteil, diesmal vom Oberlandesgericht Karlsruhe (OLG). Es verurteilte einen Makler zu Schadenersatz, weil er seine Beratungspflichten verletzt hatte. Auf das Urteil macht aktuell Rechtsanwalt Jens Reichow von der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte aufmerksam.

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Im konkreten Rechtsstreit hatte ein Versicherungsmakler seiner Mandantin den Wechsel ihres privaten Krankenversicherers empfohlen. Der bisherige Versicherungsvertrag sah unter anderem vor, bei Arbeitsunfähigkeit ein Krankentagegeld und Krankenhaustagegeld zu zahlen: wichtige Leistungen vor allem für selbstständig Tätige, um krankheitsbedingte Auszeiten im Job abzusichern. Im April 2019 wechselte die Versicherungsnehmerin schließlich ihren Krankenversicherer.

Als die Frau wenig später allerdings auf Leistungen des Krankenversicherers angewiesen war, prüfte dieser, ob sie ihre vorvertragliche Anzeigepflicht verletzt hatte. Nachdem der Versicherer feststellte, dass die Frau eine Vorerkrankung verschwiegen hatte, wollte sie zunächst nicht zahlen. Zwar konnte verhindert werden, dass sie ihren Krankenversicherungs-Schutz verlor. Allerdings musste die Frau feststellen, dass der neue Vertrag von vorn herein kein Tagegeld und kein Krankenhaustagegeld vorsah. Daraufhin verklagte sie ihren Versicherungsmakler wegen Falschberatung.

Nachteile des neuen Schutzes hätten aufgezeigt werden müssen

Bereits vor dem Landgericht Heidelberg bekam die Versicherungsnehmerin Recht - und auch das Oberlandesgericht Karlsruhe urteilte in der Berufung, dass der Versicherungsmakler zu Schadensersatz verpflichtet ist. Dabei stellten die Karlsruher Richter auf die weitgehenden Beratungspflichten des Maklers ab. Er sei dazu verpflichtet, einen für das persönliche Risiko des Versicherungsnehmers individuell passenden Versicherungsschutz zu finden. Das beinhalte auch, die Vor- und Nachteile eines neuen Tarifs beim Vergleich einzubeziehen, wenn ein Makler zum Wechsel des Krankenversicherers rät.

Dem Makler fiel zudem auf die Füße, dass er seinen Rat schlecht dokumentiert hatte. Zwar behauptete er, die Versicherungsnehmerin über den fehlenden Tagegeld-Schutz aufgeklärt zu haben. Er konnte das aber nicht nachweisen. Laut einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) bewirkt eine fehlende oder lückenhafte Dokumentation des Beratungsprozesses eine Beweislastumkehr: Nun ist der Makler verpflichtet nachzuweisen, dass er tatsächlich ausreichend beriet und auf mögliche Deckungslücken hinwies (Urteil vom 13.11.2014, Az.: III ZR 544/13).

Aufgrund des fehlenden Schutzes für Krankentagegeld und Krankenhaustagegeld gingen die Richter davon aus, dass die Frau den alten Vertrag nicht gekündigt und den neuen unterzeichnet hätte, wenn sie über die Nachteile ausreichend in Kenntnis gesetzt worden wäre. Somit ist der Frau ein Schaden entstanden. Wenn die Versicherungsnehmerin zukünftig arbeitsunfähig wird, muss sie der Makler entsprechend entschädigen und für den nicht mehr bestehenden Versicherungsschutz aufkommen.

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„Leider ist eine fehlende Beratungsdokumentation erfahrungsgemäß eher die Regel als die Ausnahme“, kommentiert Tobias Strübing, Fachanwalt für Versicherungsrecht bei der Kanzlei Wirth Rechtsanwälte. „Dieses Urteil zeigt aber sehr deutlich, welche Konsequenzen eine fehlende Beratungsdokumentation haben kann und wir können genau aus diesem Grund nur immer wieder dringend empfehlen, die Beratung ordnungsgemäß zu dokumentieren“, so Strübing.

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