Auch im Jahr 2024 wird ein Milliardendefizit bei den gesetzlichen Krankenkassen erwartet: Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat deshalb den durchschnittlichen Zusatzbeitrag zur Krankenversicherung für das kommende Jahr um 0,1 Prozentpunkte auf 1,7 Prozent angehoben. Aber dieser Zusatzbeitrag ist für die einzelnen Anbieter nicht bindend, sondern dient lediglich der Orientierung. Umso gespannter erwarteten Branchenbeobachter, wie die einzelnen Kassen ihren Zusatzbeitrag im kommenden Jahr gestalten werden.

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TK hält Zusatzbeitrag stabil, Barmer hebt ihn deutlich an

Mittlerweile haben einige der größten Krankenkassen bekannt gegeben, worauf sich die Versicherten im kommenden Jahr werden einstellen müssen. Und zumindest für Versicherte des Marktführers gibt es eine gute Nachricht: Die Techniker Krankenkasse (TK) hält ihren Zusatzbeitrag weiterhin stabil. Der Zusatzbeitragssatz der TK beträgt auch im nächsten Jahr 1,2 Prozent. Das hat der TK-Verwaltungsrat im Dezember 2023 für das Jahr 2024 beschlossen, wie die Krankenkasse der Presse mitteilt. Die TK ist Deutschlands größter Krankenversicherer. Zum Stichtag 1. Januar 2023 hatte die TK nach eigenen Angaben 11.082.739 Versicherte und 8.528.207 Mitglieder.

Wer bei der Barmer krankenversichert ist, muss hingegen 2024 mehr zahlen. Deutschlands zweitgrößter Krankenversicherer mit rund 8 Millionen Versicherten hat am Mittwoch beschlossen, dass der Zusatzbeitrag deutlich steigen muss: um 0,69 Prozentpunkte auf nun 2,19 Prozent. Damit liegt der Zusatzbeitrag sogar über dem Branchenschnitt. Insgesamt müssen Arbeitnehmer und Arbeitgeber nun einen Beitragssatz von 16,79 Prozent zahlen. Allerdings will die Barmer den Versicherten ein alternatives Angebot unterbreiten: Wer bereit ist, einen Wahltarif mit Selbstbehalt zu vereinbaren, könne eine jährliche Prämie von bis zu 450 Euro erhalten. Als Ursache gibt die Barmer deutlich steigende Ausgaben an.

AOK Plus erhöht um 0,3 Prozentpunkte

Auch die AOK Plus sieht sich gezwungen, ihren Zusatzbeitrag 2024 anzupassen. In Sachsen und Thüringen hat die Krankenkasse nahezu eine Monopolstellung und zählt nach eigenen Angaben knapp 3,5 Millionen Versicherte. Der Verwaltungsrat hat sich in seiner Sitzung am 19. Dezember 2023 auf den Zusatzbeitragssatz in Höhe von 1,8 Prozent ab 1. Januar 2024 verständigt, wie die AOK Plus mitteilt. Das sind 0,3 Prozentpunkte mehr. Der Gesamtbeitrag wird damit bei 16,4 Prozent des Bruttoeinkommens liegen.

Daniela Kolbe, Verwaltungsratsvorsitzende der AOK Plus, kritisiert die Gesundheitspolitik der Bundesregierung scharf. „Die Entscheidung für die Anhebung des Beitragssatzes für unsere Versicherten und Arbeitgeber fiel uns nicht leicht. Aber der fehlende Wille der Politik in Berlin, die gesetzliche Krankenversicherung nachhaltig zu stabilisieren, führt dazu, dass die Ausgaben schneller steigen als die Einnahmen. Das geht zulasten der Beitragszahlenden“, sagte Kolbe. Und weiter: „Politische Eingriffe wie die zweifache Vermögensabführung 2021 und 2023 in Höhe von knapp 840 Millionen Euro haben der AOK PLUS zusätzliche Handlungsspielräume genommen. Diese Rücklagen – Gelder unserer Mitglieder und Arbeitgeber – waren dafür gedacht, den Beitragssatz stabil zu halten“.

Ebenfalls deutlich nach oben geht es bei der AOK Nordost, die in Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern tätig ist. Die Krankenkasse mit 1,73 Millionen Versicherten hebt ihren Zusatzbeitrag sogar um 0,8 Prozentpunkte an. Damit wird ein Zusatzbeitragssatz von insgesamt 2,7 Prozent fällig.

DAK Gesundheit und AOK Bayern halten Zusatzbeitrag stabil

Stabil bleibt der Zusatzbeitrag hingegen bei zwei weiteren großen Krankenkassen. Die DAK Gesundheit wird im kommenden Jahr weiterhin unverändert 1,7 Prozent berechnen, sodass der Gesamtbeitrag 2024 bei 16,3 Prozent liegen wird. Das teilt der Versicherer auf seiner Webseite mit. Die Krankenkasse mit Sitz in Hamburg zählt nach eigenen Angaben mehr als fünf Millionen Versicherte.

Ein regionales Schwergewicht ist die AOK Bayern. Die Ortskrankenkasse gehört mit 4,6 Millionen Versicherten zu den größten Krankenkassen und hat bereits vor zwei Wochen bekanntgegeben, dass der Zusatzbeitrag bei 1,58 Prozent belassen werden soll. Den Zusatzbeitrag beschließt der Verwaltungsrat am heutigen Donnerstag. Der Versicherer hat bundesweit für Schlagzeilen gesorgt, weil die Kassenzahnärztliche Vereinigung Bayerns (KZVB) der AOK vorwirft, das Budget für zahnärztliche Leistungen deutlich überschritten zu haben. Die Kassenpatienten sollen deshalb Schwierigkeiten haben, bis zum Jahresende Prophylaxetermine zu erhalten: Die Zahnärzte bleiben demnach auf einem Teil der Kosten sitzen.

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Nach Ansicht des Ökonomen Bernd Raffelhüschen ist ein Ende der Teuerungen noch nicht erreicht. Das liege vor allem daran, dass trotz steigender Kosten die Leistungen nicht gekürzt wurden und werden. „Insofern muss die Botschaft für das nächste Jahr auch leider eine zusätzlich schlechte sein. Denn es werden nicht nur die Zusatzbeiträge erhöht, sondern es werden auch die generellen Beiträge aller Wahrscheinlichkeit nach im nächsten Jahr noch steigen müssen“, sagte der Freiburger gegenüber MDR Info. Aktuell liegt der allgemeine Beitragssatz bei 14,6 Prozent. Ihn müssen alle Krankenkassen gleichermaßen erheben: Den Zusatzbeitrag, der obendrauf kommt, dürfen sie individuell festlegen.

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