Zuletzt lief es nicht gut für jene Form der betrieblichen Altersvorsorge, die als Tarifpartnermodell bzw. „Nahles-Rente“ bekannt ist. Bei dieser Betriebsrente einigen sich Vertreter von Arbeitgebern und Arbeitnehmern - eben die Tarifpartner - auf einen Vertrag, der vorsieht, dass den Beschäftigten die Höhe der Betriebsrente nicht garantiert ist. Im Oktober schmetterte die mächtige IG Metall das Sozialpartnermodell ab und beschloss auf ihrem Gewerkschaftstag, dass sie ein solches Modell nicht eingehen will. Darin sahen Branchenbeobachter bereits den Todesstoß für die „Nahles-Rente“, denn die Gewerkschaft vertritt 3,3 Millionen Beschäftigte.

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Privatbanken und Gewerkschaften einigen sich auf Betriebsrente

Doch nun kann ein neuer Erfolg vermeldet werden. Die Tarifparteien im privaten Bankgewerbe haben sich auf einen Tarifvertrag zur betrieblichen Altersversorgung nach dem Sozialpartnermodell geeinigt. Das berichten der Arbeitgeberverband der Banken (AGV Banken) sowie die beteiligten Gewerkschaften Verdi und DBV in einer gemeinsamen Pressemitteilung. „Wir schaffen die Möglichkeit, das bereits hohe Versorgungsniveau in unserer Branche mit höheren Renditechancen nochmals aufzuwerten und weitere Beschäftigte in betriebliche Altersversorgungs-Systeme einzubeziehen“, kommentiert Thomas A. Lange, Vorsitzender des AGV Banken.

Damit wäre das Bankgewerbe die dritte Branche, die das Sozialpartnermodell anbietet. Bisher gibt es ein solches nur in der chemischen Industrie und beim Energieversorger Uniper. Allerdings muss die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) den entsprechenden Tarifvertrag noch genehmigen.

Ein Durchbruch? Wie das „Handelsblatt“ berichtet, waren die Vorbehalte auch bei den Gewerkschaften der Privatbanken groß. Die Einigung sei erst nach mehr als dreieinhalbjährigen Verhandlungen zustande gekommen. Nun sei es den Unternehmen überlassen, ob sie diese Betriebsrente einführen. Vor allem stören sich die Arbeitnehmervertreter daran, dass bei diesem Modell nicht mehr garantiert wird, wie hoch eine Betriebsrente ausfallen wird: und damit die Arbeitnehmer nicht wissen, mit welcher Zusatzrente sie rechnen können. Beim Sozialpartnermodell garantiert der Arbeitgeber keine konkrete Rentenhöhe mehr, sondern gibt lediglich eine Beitragszusage. Er garantiert also, monatlich einen bestimmten Betrag einzuzahlen.

Tarifpartnermodell: Arbeitgeber werden enthaftet

Das Sozialpartnermodell kann seit 2018 angeboten werden. Seine Einführung war Teil des Betriebsrentenstärkungsgesetzes, das dafür sorgen sollte, dass insbesondere kleine und mittlere Unternehmen ihren Beschäftigten vermehrt eine Betriebsrente anbieten. Denn der Verbreitungsgrad von Betriebsrenten in kleinen Unternehmen ist sehr gering. Das liegt auch daran, dass beim Durchführungsweg der Direktzusage der Arbeitgeber für die Höhe der Rente haftet, wenn der Produktgeber in finanzielle Schieflage gerät: Er muss also die Rente bis zum Lebensende des Arbeitnehmers zahlen. Dies stellt für Unternehmen ein existenzbedrohendes Risiko dar.

Doch das Tarifpartnermodell hatte von Anfang an Konstruktionsfehler. So sind viele Betriebe gar nicht tariflich organisiert. Sie können sich aber einem Modell anschließen, wenn innerhalb einer Branche sich Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften auf ein Modell geeinigt haben. Stellen sich die Gewerkschaften quer wie aktuell in der Metallindustrie, sodass kein Abschluss zustande kommt, können die Beschäftigten einer gesamten Branche das Tarifpartnermodell nicht nutzen.

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Aber die Bundesregierung hält weiter am Tarifpartnermodell fest: Und plant Reformen. Das berichtete Rolf Schmachtenberg, Staatssekretär im SPD-geführten Bundesarbeitsministerium, auf einer „Handelsblatt“-Tagung im November. Demnach plant die Bundesregierung ein 24-Punkte-Reformprogramm, das auch vorsieht, das Tarifpartnermodell zu öffnen und mehr Beschäftigten zugänglich zu machen. So soll das Tarifpartnermodell für nicht tarifgebundene Unternehmen und Freiberufler geöffnet werden. „Bei der Öffnung des Modells für nicht tarifgebundene Unternehmen sind wir noch auf der Suche nach einer Regelung“, wird Schmachtenberg von „Versicherungsmonitor“ zitiert.

Details des Sozialpartnermodells im Bankgewerbe

In der Pressemitteilung zum Sozialpartnermodell geben die Arbeitgeber der Banken und die beteiligten Gewerkschaften Verdi und DBV auch die vertraglichen Details der Vereinbarung bekannt. Folgende Punkte wurden demnach zwischen den Tarifpartnern vereinbart:

  • Optionsmodell: Die Entscheidung darüber, ob das neue Modell eingeführt wird, liegt bei den Unternehmen. Die Einführung erfolgt in Unternehmen mit Betriebsrat vorrangig durch eine Betriebsvereinbarung, in der bestimmte Einzelheiten (etwa zum anspruchsberechtigten Personenkreis, zum Beitragsanteil der Arbeitnehmer und zu möglichen Finanzierungsformen) geregelt werden; der Beitragsanteil des Arbeitgebers ist bereits abschließend im Tarifvertrag geregelt. Die Tarifparteien haben sich auf eine Muster-Betriebsvereinbarung verständigt, die Anlage zum Tarifvertrag ist.
  • Keine Arbeitgeberhaftung, höhere Renditechancen: Die reine Beitragszusage verpflichtet den Arbeitgeber zur Abführung der Beiträge an die Versorgungseinrichtung und zur Weitergabe eingesparter Sozialversicherungsbeiträge. Darüber hinaus treffen den Arbeitgeber keine weiteren Pflichten; insbesondere steht er weder für Versorgungsleistungen in bestimmter Höhe ein, noch trifft ihn nach Eintritt des Versorgungsfalles eine Pflicht zur Prüfung oder Anpassung der Versorgungsleistungen. Im Gegenzug für diesen Garantieverzicht ermöglicht die reine Beitragszusage eine chancenorientiertere Kapitalanlage und damit höhere Rentenleistungen. Zur Absicherung dieser Finanzierungsform ist im Tarifvertrag zusätzlich ein Sicherungsbeitrag vereinbart.
  • BVV als exklusiver Partner: Als Versorgungseinrichtung haben sich die Tarifvertragsparteien auf die BVV Pensionsfonds des Bankgewerbes AG verständigt, einen der Versorgungsträger im BVV-Verbund. Der dazu zählende BVV Versicherungsverein des Bankgewerbes a.G. ist gemessen am verwalteten Vermögen Deutschlands größte Pensionskasse und seit 1909 das Branchenversorgungswerk für Banken und Finanzdienstleister.
  • Durchführung und Steuerung durch die Sozialpartner: Die Sozialpartner sind über einen paritätisch besetzten Beirat an der Durchführung und Steuerung der reinen Beitragszusage beteiligt.
  • Zwei Produktvarianten: Der BVV Pensionsfonds bietet für die reine Beitragszusage zwei Finanzierungsformen an, eine chancen- und eine sicherheitsorientierte Variante. Die chancenorientierte Variante ermöglicht eine höhere Kapitalanlagerendite als die sicherheitsorientierte Variante. In beiden Produktvarianten werden sämtliche Ergebnisse der Kapitalanlage an die Versorgungsberechtigten ausgezahlt; berichten der Arbeitgeberverband und die Gewerkschaften im Pressetext. Die sicherheitsorientierte Variante bedeutet jedoch nicht, dass die Beschäftigten Garantien für die Höhe der Rente erhalten: Diese sind bei dieser Form der Betriebsrente sogar untersagt. Worin sich beide unterscheiden, wird nicht kommuniziert: Wahrscheinlich ist, dass in der sicherheitsorientierten Variante die Gelder konservativer angelegt werden.
  • Hybride Gestaltung des Arbeitgeberbeitrags mit stufenweisem Anstieg: Die Arbeitgeber leisten in das neue System langfristig Beitragssätze oberhalb des heutigen Mindestbeitrags-Niveaus im BVV Versicherungsverein. Um Unternehmen in der Einführungsphase des neuen Modells nicht zu überfordern, steigt der Arbeitgeber-Beitragsanteil schrittweise in zwei Stufen: In den ersten beiden Jahren nach der betrieblichen Einführung des Sozialpartnermodells leisten tarifgebundene Arbeitgeber einen Gesamtbeitrag in Höhe von 1,75 Prozent des Brutto-Monatsgrundgehalts, in den darauf folgenden zwei Jahren 2,0 Prozent und anschließend 2,25 Prozent (Höchststufe).

    In Unternehmen ohne Tarifbindung liegen diese Stufen niedriger (Ausgangsstufe 1,15 / Zwischenstufe 1,4 / Höchststufe 1,65 Prozent); dadurch wird es diesen Unternehmen erleichtert, bislang unversorgten Beschäftigten eine Altersversorgung anzubieten und damit deren Verbreitung insgesamt zu erhöhen. Die Höhe der Arbeitgeberbeiträge ist im Tarifvertrag abschließend geregelt und kann betrieblich nicht verändert werden. In den Arbeitgeberbeiträgen ist in der chancenorientierten Produktvariante ein Sicherungsbeitrag in Höhe von 0,15 Prozentpunkten enthalten, der zur Bildung eines Puffers dient. Die Beiträge, die der Arbeitgeber bereits in andere Systeme der betrieblichen Altersversorgung leistet, sind – unabhängig von Tarifbindung und gewählter Produktvariante – auf die Beiträge zum Sozialpartnermodell anrechenbar.

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  • Mindest-Arbeitnehmerbeitrag: Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer leisten einen Beitrag von mindestens 1,0 Prozent des tarifvertraglichen Brutto-Monatsgehalts bzw. bei außertariflicher Vergütung des vertraglich vereinbarten Brutto-Monatsgehalts.
  • Sonderregelung für geringere Einkommen: Für Beschäftigte mit geringeren Einkommen (Fälle des § 100 Abs. 3 Ziff. 3 EStG, monatliches Arbeitsentgelt derzeit maximal 2.575 Euro) leistet der Arbeitgeber unmittelbar bei Einführung des Sozialpartnermodells den Höchstbeitrag von 2,25 Prozent (tarifgebundene Unternehmen) bzw. 1,65 Prozent (nicht tarifgebundene Unternehmen). Darüber hinaus können die Betriebsparteien für diesen Personenkreis regeln, dass kein Arbeitnehmerbeitrag geleistet werden muss, dies aber möglich ist.

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