„Bereits bei Vertragsschluss nennen wir Ihnen die Monatsrente je 10.000 EUR Vertragsguthaben zum Ende der Ansparphase. […] Wenn sich die Lebenserwartung unerwartet stark erhöht bzw. die Rendite der Kapitalanlagen nicht nur vorübergehend absinkt und dadurch die langfristige Erfüllbarkeit einer lebenslangen Rentenzahlung nicht mehr sichergestellt ist, sind wir berechtigt, Ihre Monatsrente je 10.000 EUR Vertragsguthaben so weit herabzusetzen, wie dies erforderlich ist, um diese langfristige Erfüllbarkeit zu gewährleisten. […]“ So lautet die streitgegenständliche Klausel in den Produktbedingungen des Tarifs „Förder Renteinvest“ bei Zurich Deutsche Herold.

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2017 machte der Versicherer davon Gebrauch und senkte einseitig den Rentenfaktor. Für einen Versicherten aus Köln bedeutete das konkret: statt der im Versicherungsschein vereinbarten 37,34 Euro Monatsrente je 10.000 Euro erspartem Kapital, sollte er nur noch 27,97 Euro erhalten. Dagegen richtete sich die Klage des Mannes.

Das Landgericht Köln entschied nun zu Gunsten des Riester-Sparers (Az.: 26 O 12/22). Die Bürgerbewegung Finanzwende, die den Kläger unterstütze, veröffentlichte Auszüge aus dem Urteil. Demnach erklärten die Richter die oben genannte Anpassungsklausel für unwirksam, weil sie den Zurich-Kunden unangemessen benachteilige. So bemängelten die Richter, dass die Klausel zwar Voraussetzungen für die Herabsenkung des Rentenfaktors regelt, aber keine Aussagen über Voraussetzungen zur Heraufstufung des Rentenfaktors trifft. Darin erkannten die Juristen eine Verletzung des Äquivalenzprinzips. „Anpassungsklauseln dürfen nicht nur bei Äquivalenzstörungen zulasten des Versicherers eine Anpassung vorsehen. Vielmehr müssen sie das vertragliche Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung in beide Richtungen wahren“, zitiert Finanzwende aus dem Urteil.

Den weiteren Ausführungen des Gerichts zufolge, durfte der Versicherte mit dem im Versicherungsschein genannten Rentenfaktor von 37,34 Euro rechnen. Die Voraussetzungen für eine Senkung des Rentenfaktors (§ 163 Abs. 1 S. 1 VVG) sahen die Richter im vorliegenden Fall nicht als erfüllt an. Denn die gesetzliche Regelung eröffne „keine Anpassungsbefugnis für den Fall, dass der Versicherer geringere Kapitalerträge erwirtschaftet, als er bei der Festlegung des Rechnungszinses kalkuliert hat.“

Allerdings ist das Urteil noch nicht rechtskräftig. Gegenüber dem Handelsblatt teilte ein Zurich-Sprecher mit, dass es sich um das erste Urteil zu einer sehr komplexen juristischen Frage handle. Derzeit analysiere man die schriftliche Urteilsbegründung und werde anschließend über das weitere Vorgehen entscheiden.

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Die Bürgerbewegung Finanzwende spricht von einem Urteil mit Signalwirkung. Denn bei dem Streit geht es auch um die Grundsatzfrage, ob Versicherer eine ursprünglich vereinbarte Rente nachträglich kürzen dürfen, zum Beispiel aufgrund niedriger Zinsen am Kapitalmarkt. Der Verein verweist darauf, dass viele Rentenversicherungen bei der Zurich und anderen Versicherungsunternehmen ähnliche Klauseln beinhalten. Finanzwende schätzt, dass bundesweit einige zehntausend Versicherte von derartigen Rentenkürzungen betroffen sein könnten. Denn auch andere Versicherer kürzten aufgrund ähnlicher Klauseln die künftigen Renten ihrer Versicherten.

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