Immer mehr Rentnerinnen und Rentner sind in Deutschland auf Grundsicherung angewiesen. Demnach erhielten im Juni 2022 bundesweit 628.570 Menschen die sogenannte Grundsicherung im Alter nach dem 4. Kapitel des Zwölften Sozialgesetzbuches (SGB XII). Gegenüber dem Vorjahres-Monat bedeutet dies ein Plus von fast neun Prozent. Das berichtet das RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) und beruft sich auf Zahlen des Statistischen Bundesamtes. Angefragt hatte die Daten die Linke-Fraktion im Bundestag.

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Wer Grundsicherung im Alter erhält, hat bereits die Altersgrenze nach dem SGB XII erreicht oder überschritten. Vor dem Jahr 1947 geborene Personen erreichten die Altersgrenze mit 65 Jahren; für 1947 und später Geborene wird die Altersgrenze seit dem Jahr 2012 schrittweise auf 67 Jahre angehoben. Im Juni 2021 lag die Altersgrenze daher bei 65 Jahren und elf Monaten.

Angesichts der aktuellen Zahlen forderte Linksfraktionschef Dietmar Bartsch die Bundesregierung zum Handeln auf. Altersarmut steigt und steigt“, sagte Bartsch dem RND. Das sei angesichts der ungebremsten Inflation kein Wunder. Die Ampel müsse deutlich mehr tun, damit Rentnerinnen und Rentner nicht den sozialen Abstieg und Verarmung erleben müssten. „Wir brauchen einen Abwehrschirm gegen Altersarmut. Die Preise für Strom und Gas müssen vor dem Winter gedeckelt werden, nicht danach“, sagte er.

Dabei verweist eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) Berlin aus dem Jahr 2019 darauf, dass weit mehr Menschen theoretisch Anrecht auf Grundsicherung im Alter hätten. „Die Grundsicherung im Alter wird von rund 60 Prozent der Anspruchsberechtigten – hochgerechnet etwa 625.000 Privathaushalten – nicht in Anspruch genommen“, schreiben die Wirtschaftsforscher, die Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) ausgewertet haben. Gründe seien unter anderem Scham und Unwissenheit. Doch teils können auch die strengen Regeln dazu beitragen, dass einige Menschen lieber verzichten. Gegenüber dem Sozialamt muss das gesamte Vermögen offengelegt werden: selbst kleine Geld- und Sachgeschenke werden angerechnet.

Auch mehr Seniorinnen und Senioren von relativer Armut bedroht

Bereits vor wenigen Wochen war bekannt geworden, dass die Zahl der der über 65-jährigen, die in Deutschland armutsgefährdet sind, in den letzten Jahren deutlich angestiegen ist. Allerdings beziehen sich die Zahlen noch auf das Vorjahr. Demnach stieg die Armutsgefährdungsquote im Zeitraum von 2018 bis 2021 von 14,7 auf 17,4 Prozent: jede(r) Sechste im Rentenalter war folglich betroffen. Als armutsgefährdet gilt, wer weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Gesamtbevölkerung hat. 2021 lag dieser Schwellenwert laut Statistischem Bundesamt für eine alleinlebende Person in Deutschland bei 15.009 Euro netto im Jahr (1.251 Euro im Monat).

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Besonders armutsgefährdet sind Frauen. Bei ihnen fiel das Armutsgefährdungsrisiko im Jahr 2021 mit 21,0 Prozent deutlich höher aus als bei den Männern derselben Altersklasse mit 17,4 Prozent. „Die geringeren Alterseinkommen von Frauen im Vergleich zu Männern sind beispielsweise auf unterbrochene Erwerbsbiografien und damit geringere Rentenansprüche zurückzuführen“, berichtet das Statistische Bundesamt.

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