Die Europäische Zentralbank (EZB) hat den Leitzins um 0,5 Prozentpunkte angehoben: Das kommt auch den deutschen Altersvorsorge-Anbietern zugute. Legen die Lebensversicherer ihr Geld neu an, können sie auf höhere Renditen hoffen, was auch dazu führt, dass sie weniger Rückstellungen der Zinszusatzreserve (ZZR) zuführen müssen: also ihrem Kapitalpuffer für Garantiezusagen. Wie nun Frank Grund berichtet, bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) für Versicherungen zuständig, hat sich dadurch die Situation der Anbieter zunächst entspannt.

Anzeige

Weniger Vorsorge-Anbieter in Manndeckung der BaFin

Die BaFin habe aufgrund steigender Zinsen aktuell nur noch rund 30 statt 40 Pensionskassen unter intensivierter Aufsicht und rund 15 Lebensversicherer statt -wie zuvor- 20, berichtete Grund beim Handelsblatt-Strategiemeeting Lebensversicherung. Die Lebensversicherer müssen der Behörde jährlich Solvenzberichte vorlegen, um ihre Finanzstärke nachzuweisen. Zeichnen sich mittel- bis langfristig Probleme ab, kann die BaFin erweiterte Berichtspflichten fordern - sowie Maßnahmen verlangen, damit die Anbieter ihre Finanzsituation verbessern. Um welche Gesellschaften es sich handelt, kommuniziert die BaFin in der Regel nicht - allerdings sind die Solvency II-Berichte auch öffentlich einsehbar.

Allerdings sieht Grund neue Probleme auf die Branche zukommen, wie das „Handelsblatt“ berichtet. Verbraucher könnten vermehrt ihre Verträge stornieren, auch ein rückläufiges Neugeschäft und eine höhere Zahl an Beitragsfreistellungen würden den Anbietern drohen. „Andere Geldanlagen sind wieder attraktiver“, sagte Grund, ohne Details zu nennen. Und weiter: „Ein gutes Liquiditäts- und Risikomanagement sind in dieser Situation besonders wichtig“.

Sparkassen-Chef warnt vor fehlendem Geld für Altersvorsorge

Dass stark steigende Preise für Benzin, Energie und Lebensmittel den Bürgerinnen und Bürgern vermehrt die Möglichkeit nimmt, für das Alter vorzusorgen, befürchtet auch Sparkassen-Präsident Helmut Schleweis. Er rechne damit, dass wegen der deutlichen Preissteigerung perspektivisch bis zu 60 Prozent der Haushalte ihre gesamten verfügbaren Einkünfte – oder mehr – monatlich für die reine Lebenshaltung einsetzen müssen, sagte Schleweis laut einem Bericht der „Leipziger Volkszeitung“ (LVZ). Vor einem Jahr seien hingegen lediglich 15 Prozent nicht mehr in der Lage gewesen, Geld zurückzulegen oder für das Alter vorzusorgen.

Anzeige

Was in Corona-Zeiten befürchtet wurde, ist bisher nicht eingetreten: Dass Kundinnen und Kunden ihre Altersvorsorge-Verträge abstoßen oder ruhend stellen, weil sie dringend Geld brauchen. In den Krisenjahren blieb die Stornoquote der Lebensversicherer laut GDV stabil niedrig, auch wenn sie 2021 gegenüber dem Vorjahr leicht anstieg: von 2,55 Prozent auf 2,57 Prozent. Doch nun, da die Inflation Rekordwerte erreicht und viele Haushalte im Herbst mit ihren Nebenkosten überfordert sein dürften, ist die Gefahr vieler Kündigungen nicht gebannt, wenn Haushalte in finanzielle Not geraten: Das lassen die Statements erkennen.