Aktuell liegt der Höchstrechnungszins für Neuverträge in der klassischen Lebensversicherung, also die garantierte Rendite auf den Sparanteil einer Police, bei mageren 0,9 Prozent. Noch 1994 betrug der Garantiezins 4,0 Prozent – viele der Verträge müssen auch heute noch bedient werden.

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Viele Unternehmen ächzen nicht erst seit der Coronakrise unter den hohen Zinsversprechen aus besseren Zeiten. Denn die anhaltende Zinsflaute macht es Lebensversicherern schwer, ihr Geld am Kapitalmarkt anzulegen. Staatsanleihen mit guter Bonität, in die deutsche Lebensversicherungen früher bevorzugt investierten, werfen nun kaum noch zählbares ab. Deshalb haben die Unternehmen schon länger ihre Produktpalette umgebaut und haben Angebote mit Garantiezinsen eingemottet. Inzwischen sind selbst Beitragsgarantien bei Altersvorsorgeprodukte nicht mehr standardmäßig verbaut.

Aktuare empfehlen Kürzung schon lange

Bereits im Dezember 2019 hatte die Deutsche Aktuarvereinigung die Annahmen für Rententarife überprüft und die dort einkalkulierten Sicherheiten für nicht mehr ausreichend erklärt. Die Aktuare empfahlen daraufhin den Garantiezins für Lebens- und Rentenpolicen zu kürzen. Die Mathematiker der Assekuranz legten dem Bundesfinanzministerium damals eine Absenkung auf 0,5 Prozent nahe. Inzwischen wurde der empfohlene Zinssatz noch weiter gestutzt. So solle der Höchstrechnungszins in der Lebensversicherung zum 1. Januar 2022 für Neuverträge auf 0,25 Prozent abgesenkt werden. Überdies forderte der Kölner Verein im Dezember 2020 umfassende Reformen bei der geförderten Altersvorsorge. So solle der vollständige Beitragserhalt bei der Riester-Rente sowie die Beitragszusage mit Mindestleistung in der betrieblichen Altersversorgung überarbeitet werden.

Bis zuletzt zeichnete sich seitens des Bundesministerium der Finanzen (BMF) keine Regung ab. Generell würde die Absenkung des Garantiezinses vermutlich eher nicht die gewünschten Erfolge bringen, wurde argumentiert. Denn für bereits bestehende Policen würde die Absenkung keine Folgen haben. Überdies kann jeder Versicherer individuell entscheiden, ob er den Höchstsatz ausschöpfen möchte oder eben nicht. Zudem hatte sich der Großteil der Lebensversicherer in den letzten Jahren von klassischen Leben-Policen mit Garantiezins losgesagt. Die meisten neuen Tarife haben einen Mix aus risikobehafteteren Anlagen und einer Beitragsgarantie. Wobei viele der neuen Policen nicht mal die kompletten eingezahlten Beiträge garantierten.

Ins gleiche Horn blasen auch das Bundesfinanzministerium und die Bafin. „Die Unternehmen müssen laufend überprüfen, ob die im Neugeschäft angebotenen Garantien auf Dauer erfüllbar sind und die Rückstellungen ausreichend vorsichtig bewertet sind.“, erklärte ein Sprecher des BMF im August gegenüber dem "Versicherungsjournal". Auch die Finanzaufseher der BaFin verwiesen darauf, dass sich die Unternehmen sowieso im Rahmen eines ordnungsgemäßen Risikomanagements damit auseinandersetzen müssten, welchen Garantiezins sie im Neugeschäft offerieren könnten.

Garantiezins-Senkung soll 2022 kommen

Nun soll die Senkung des Zinssatzes doch schnell durchgewunken. So plane das Bundesfinanzministerium eine Absenkung Höchstrechnungszins in der Lebensversicherung für Neuverträge von aktuell 0,9 Prozent auf 0,25 Prozent. Die Kürzung solle zum 1. Januar 2022 umgesetzt werden. Darüber berichtet die "Rheinische Post" und beruft sich dabei auf ein Schreiben der Parlamentarischen Staatssekretärin im Finanzministerium, Sarah Ryglewski (SPD), an die Bundestagsfraktionen von Union und SPD.

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Demnach werde der Höchstrechnungszins in der Öffentlichkeit "als ,Garantiezins‘ wahrgenommen, weswegen eine Anpassung auf breites Interesse stößt“, schreibt Ryglewski. Geplant sei, den Verordnungsentwurf bereits am 25. März an die anderen Ministerien zu verschicken. Im Optimalfall solle das Verfahren im Mai abgeschlossen sein, heißt es weiter.