Die Allianz Direct, Hoffnungsträger der Allianz Gruppe, verschlankt ihren Vorstand. Während der 51jährige Niederländer Bart Schlatmann in der Konzernspitze verbleibt, werden der frühere Allsecur-Chef Harald Boysen sowie Christian Warmuth ihr Amt aufgeben, aber andere Funktionen im Allianz-Verbund übernehmen. Neben Schlatmann soll der 36jährige Prokurist Philip Richard Hoffman künftig die Doppelspitze des Direktversicherers bilden. Das berichtet die „Süddeutsche Zeitung“ am Montag.

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Flaggschiff der Allianz: mit Startproblemen

Nun Teil einer Doppelspitze: Allianz Direct-Chef Bart Schlatmannallianz.comAllianz Direct ist der neue Direktversicherer der Allianz Gruppe: und soll ein wichtiger Baustein sein, um die Allianz zu einem erfolgreichen Digitalkonzern umzubauen. Im Herbst 2019 ging der Versicherer in Deutschland mit Autoversicherungen an den Start. Nach den Vorstellungen von Konzernchef Oliver Bäte soll der Direktversicherer dazu beitragen, dass die Allianz weltweit mit denselben Tarifen und derselben digitalen Infrastruktur um Kundinnen und Kunden wirbt. Eine Art Musterfabrik, um den Versicherer der Zukunft zu formen. Umso selbstbewusster treten die Münchener auf. "Allianz Direct hat es sich zum Ziel gesetzt, der Online-Versicherer Nummer eins in Europa zu werden", heißt es in einem aktuellen Pressetext der Allianz Direct.

Doch der Start im Herbst 2019 war holprig. Altkundinnen und -kunden des Vorgängers Allsecur beschwerten sich über das neue Flaggschiff: Trotz Kündigungen seien Verträge weitergeführt worden, der Service mangelhaft. Teils wussten die Versicherten nicht, wer die neuen Ansprechpartner sind und wie sie Allianz Direct erreichen können. Zudem verlor der Online-Anbieter zur Wechselsaison 2019/20 fast 300.000 Kfz-Verträge. Auch wenn die Probleme mittlerweile behoben sind, entstand zunächst der Eindruck, dass der Versicherer zu früh freigeschaltet wurde.

Produktpalette erweitert

Doch ausgebremst wurde die Allianz Direct auch durch die Coronakrise. Und so dauerte es mehr als ein Jahr, bis der Versicherer seine Produktpalette in Deutschland um Hausrat- und Haftpflichtversicherungen erweitern konnte. Seit dem 10. Dezember seien die neuen Policen auf der Webseite des Versicherers erhältlich, wie die Allianz per Pressetext berichtet.

Die Produktdetails deuten darauf hin, dass der Versicherer nun verstärkt über den Preis zu punkten versucht. Die Private Haftpflichtversicherung offeriert weltweiten Versicherungsschutz von bis zu 50 Mio. Euro und sei ab 2,55 Euro Monatsbeitrag erhältlich, schreibt die Allianz. Die Hausratversicherung soll ab 2,66 Euro im Monat kosten: inklusive Garten, Haus- und Wohnungsschutzbrief sowie Internetschutz, der zum Beispiel bei Hackerangriffen und Datenrettung greift. Die Tarife sollen täglich kündbar sein.

Auffallend: Der Versicherer betont im Pressetext explizit, dass die Policen die Mindest-Anforderungen des Verbraucherschutzes erfüllen bzw. diese sogar toppen. „Die Versicherung übertrifft den Grundschutz nach den Kriterien der Stiftung Warentest (Finanztest Ausgabe 10/2019, Seite 90/91) und ist ab 2,55 Euro** monatlich erhältlich“, heißt es.

Eine Proberechnung für eine 40-Quadratmeter-Wohnung in der Innenstadt von Leipzig (Obergeschoss, Mehrfamilienhaus) zeigt jedoch, dass diese Prämien stark variieren: Demnach kostet der Schutz 83,49 Euro Jahresbeitrag mit einem Selbstbehalt von 150 Euro. Der Selbstbehalt ist bei der Datenabfrage bereits voreingestellt gewesen, kann aber abgewählt werden. Weitere Bausteine wie Glasschutz, Fahrrad-Schutz und Elementarschaden (Schutz bei Überschwemmung und Rückstau) müssen -wie im Markt üblich- extra hinzugekauft werden.

Positiv: Die Allianz macht die Versicherungsbedingungen auf ihrer Webseite zugänglich, ohne dass der interessierte Neukunde zunächst sensible Daten hinterlassen müsste, um die Details einzusehen. Das ist bei Online-Anbietern noch immer keine Selbstverständlichkeit. Auch die Bedingungen selbst wurden überarbeitet: Statt Versicherungssprech ist die Allianz um eine einfachere Kundenansprache bemüht. Mitunter ist in Tabellen gegenübergestellt, was versichert ist - und was nicht.

Ein Risikoträger fürs internationale Geschäft

Neuigkeiten gibt es auch mit Blick auf die Vorstandswechsel im internationalen Geschäft. Ursprünglich wollte die Allianz Direct europaweit mit einem einzigen Risikoträger an den Start gehen - korrigierte diese Pläne dann aber zunächst, wie die Süddeutsche Zeitung berichtet. Nicht nur habe es aufsichtsrechtliche Bedenken gegeben: auch die jeweiligen Länder-Töchter hätten sich gesträubt, die Direktversicherer aus den Landesgesellschaften herauslösen zu lassen und damit Einfluss abzugeben.

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Diesen Schritt will die Allianz nun laut "SZ" korrigieren. Künftig soll die Allianz Direct auch als Risikoträger für das Auslandsgeschäft agieren, folglich die Direktversicherer nun doch aus den Landesgesellschaften heraustrennen. Bereits in Deutschland agiert der Onlineanbieter nicht unter dem Dach der Tochter Allianz Deutschland AG, sondern ist seit 2019 im Verbund der Allianz SE tätig. Entsprechend soll nun auch in den Niederlanden, Spanien und Italien der Direktversicherer von München aus gesteuert werden.

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