Frau Gersch, wer braucht noch Lebensversicherung und wozu?

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Laura Gersch: Die Antwort geben unsere Kunden. Wir haben in den vergangenen Jahren eine deutliche Nachfrage-Steigerung erlebt und zwischen 2015 und 2019 über 500.000 Kunden hinzugewonnen.
Und auch in den ersten Quartalen 2020 - der größten Krise, die ich bisher überhaupt erlebt habe - haben wir 60.000 Kunden für die Allianz Leben hinzugewonnen. Trotz Null- und Negativzinsen lassen sich die Menschen nicht entmutigen und sorgen weiter vor. Das zeigt: Zukunftsvorsorge ist im Nullzinsumfeld wichtiger denn je. Dafür brauchen die Menschen einen Partner, der ihnen einerseits Sicherheit bietet, aber auf der anderen Seite auch attraktive Renditechancen ermöglicht.
Und genau das bieten wir als finanzstärkster Versicherer Europas mit Expertise für weltweite Kapitalanlage. Zeitgemäße Garantien kombinieren wir mit den Chancen, die z.B. alternative Anlagen bieten.

Oft wird argumentiert, die Lebensversicherung sei das einzige Produkt, mit dem sich das Langlebigkeitsrisiko absichern liesse. Theoretisch könnte man das ja auch mit einem Investment in Aktien nachbilden, wenn die Unternehmen, in die investiert wurde, Dividenden ausschütten?

Laura GerschLaura Gersch... verantwortet seit Jahresbeginn das Vorstandsressort 'Firmenkunden' bei Allianz Leben.Allianz SEJa, rein theoretisch kann das auch mit einem Investment in Aktien klappen. Allerdings braucht man dazu auch viel Erfahrung. Menschen nehmen ja nicht ohne Grund in verschiedene Lebenslagen die Hilfe oder Unterstützung von Experten in Anspruch. Und Altersvorsorge gehört aus meiner Sicht zu eben diesen Lebenslagen. Bei einer reinen Anlage in Aktien gehen die Kunden dann auch voll ins Risiko: Dividenden sind nicht in jedem Jahr gleich hoch und die letzten Monate haben gezeigt, wie volatil der Aktienmarkt sein kann. Diese Risiken müssen eingegrenzt und gleichzeitig Chancen gewahrt werden. Damit erreicht Altersvorsorge über eine Lebensversicherung etwas ganz Wichtiges: Planbarkeit. Das unterstützen wir z.B. mit der jährlichen Meldung. So kann sich jeder Kunde darauf einstellen, was er in Zukunft tatsächlich von uns bekommt. Neben der Absicherung des Langlebigkeitsrisikos ist diese Verlässlichkeit der Altersvorsorge entscheidend.

Über die Abkehr von Garantie-Konzepten haben wir schon gesprochen. Können Sie verdeutlichen, wie Garantien das Eigenkapital von Versicherern binden und wie sich das auf die Ertragslage auswirkt?

Auch wir als Versicherer müssen uns natürlich fragen, wie wir Renditen für eine zukunftsfeste Altersvorsorge erwirtschaften können. Alleine mit sicheren Anlagen, wie zum Beispiel festverzinslichen Wertpapieren, ist das nicht mehr möglich. Wir brauchen Freiheiten in der Kapitalanlage, damit wir eben nicht nur in festverzinsliche Wertpapiere anlegen können, sondern eben breiter diversifiziert in verschiedene Klassen, zum Beispiel Sachwerte.
Bei einer Beitragsgarantie von 100 Prozent gibt es die klare regulatorische Anforderung, sehr sicher anlegen zu müssen. Und darunter würde die Rendite leiden. Liegt aber das Garantie-Niveau beispielsweise bei 80 Prozent, können wir einen größeren Teil des Kapitals anders anlegen und Chancen auf eine höhere Rendite generieren, die am Ende des Tages den Kunden zugute kommt. Nehmen wir das Beispiel unseres Vorsorgekonzepts KomfortDynamik: Bei 80 Prozent Garantie und 30 Jahren Laufzeit können wir zwei Drittel des Kapitals in chancenreiche Anlagen investieren.

Die deutschen Lebensversicherer sehen sich aber auch mit Kritik konfrontiert. So schreibt Axel Kleinlein, dass die Versicherer die Zinsbelastungen nur stemmen könnten, wenn sie ihr Tafelsilber verscherbeln. Mal ganz abgesehen davon, was eigentlich das Tafelsilber der Allianz ist… teilen Sie diese Einschätzung?

Ich kann nur für uns sprechen. Als finanzstärkster Versicherer Europas sind wir hier sehr gut aufgestellt, daher gilt diese Aussage für uns nicht. Bei Allianz sind alle langfristigen Garantien ausfinanziert.

Kleinlein benennt als eine Ursache der heutigen Probleme, dass sich Versicherer in den achtziger und neunziger Jahren massiv verkalkuliert hätten.

Zinsen in Höhe von 6 Prozent bei Staatsanleihen waren vor 30 oder 40 Jahren völlig normal. Es war daher in der damaligen Zeit vollkommen angemessen, höhere Garantien zu geben. Blicken wir doch nur auf den Höchstrechnungszins: Der lag 1990 noch bei 3,5 Prozent. Wir haben auch in der Vergangenheit immer und immer wieder unsere Angebote konsequent und frühzeitig so verändert, dass sie zu den Kundenbedürfnissen und den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen passen. Und das tun wir auch jetzt wieder. Letztlich geht es darum, die Altersvorsorge der Zukunft zu gestalten. Und das geht aus meiner Sicht nicht mit Lösungen von gestern oder vorgestern.

Mit Blick auf das US-Geschäft der Allianz - beschädigen diese Vorwürfe nicht generell die Aktienkultur und das Vertrauen in Fondsprodukte?

Das kann ich nicht bestätigen. Bei Allianz Leben haben wir über zehn Millionen Kunden. Kapitalmarktnahe Produkte machen bei uns bereits jetzt ein Drittel des Neugeschäfts aus. Unsere neuen Produkt-Konzepte wachsen doppelt so schnell wie die Vorsorge-Konzepte, die rein auf dem Sicherungsvermögen basieren. Fasst man alle Produkte mit neuen Garantien zusammen, machen diese bereits 93 Prozent des Neugeschäfts aus.

Kommen wir nochmal zurück auf die Kapitalanlage der Allianz. Wie haben Sie die umgebaut?

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Nach wie vor ist es natürlich so, dass wir einen Großteil in festverzinslichen Wertpapieren haben, aber die Mischung ist ausschlaggebend. Und wir sehen auch, dass Kunden bereit sind, für höhere Renditechancen auf einen Teil der Garantie zu verzichten.
Als institutioneller Anleger verfügen wir auch über ganz andere Investitionsmöglichkeiten - zum Beispiel Infrastrukturobjekte wie Gaspipelines und ähnliches. Als Einzelanleger kommt man kaum an solche Objekte heran. Wir poolen hier gewissermaßen Geschäft und können wie eine Einkaufsgemeinschaft auftreten. Das ist einer der Mehrwerte, die sich unseren Kunden bieten. Und wir ermöglichen so, dass sich auch Kleinanleger die Chancen am Kapitalmarkt sichern können.

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