Die Zahl der Versicherungsvermittler schwindet: Waren vor sieben Jahren noch 263.000 Versicherungsvermittler bei den Industrie- und Handelskammern (IHKen) registriert, so sank ihre Zahl im Oktober 2018 auf 204.000 Vermittler. Der Trend dürfte sich noch deutlich beschleunigen, bewegt sich das Durchschnittsalter der Vertriebler doch bei 50 Jahren: Viele werden in den kommenden 10-15 Jahren in den Ruhestand wechseln.

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Das erlaubt auch die Frage, wie künftig Nachwuchskräfte für die Branche gewonnen werden können: eine Frage, die auch bei der Elefantenrunde der Versicherungsmesse DKM am Mittwoch in Dortmund debattiert wurde. Die anwesenden Vorstände fanden eine deutliche Antwort: nicht nur müsse die Unternehmenskultur in den Unternehmen sich auf junge Arbeitnehmer einstellen. Die Branche brauche vor allem einen Wandel in der Außenwahrnehmung.

“Altes“ Rekrutierungsmodell funktioniert nicht mehr

Armin Zitzmann, Vorstand der Nürnberger, berichtete bei der Diskussionsrunde am Mittwoch, dass bei dem fränkischen Versicherer die meisten Nachwuchskräfte aus dem familiären Umfeld der Vermittler gewonnen werden. Das erlaube es trotz des schlechten Rufes der Versicherungsbranche, junge Menschen für den Beruf des Vermittlers zu begeistern: Sie finden Vorbilder in der eigenen Familie. Sein Fazit lautet dennoch: „Die junge Generation zu erreichen, wird immer schwieriger“.

“Was künftig nicht mehr funktionieren werde, so gab Zitzmann zu bedenken: "Mit Ende 30 Leute abzuholen, die in anderen Branchen keinen Erfolg hatten“. Zur Erinnerung: Gerade bei Versicherungsmaklern rekrutierten sich in den 80er und 90er Jahren viele Vertriebskräfte aus Quereinsteigern, die ursprünglich eine andere Tätigkeit gelernt hatten. Noch heute werben zahlreiche Versicherer wie die DEVK oder R+V auf ihren Online-Seiten um Quereinsteiger für den Außendienst, die eine berufliche Neuorientierung wünschen.

Warum das alte Modell ein Auslaufmodell ist, erläuterte Achim Kassow, Vorstandschef der Ergo Deutschland. Die Ansprüche an den Beruf seien deutlich gestiegen: die Tätigkeiten sind anspruchsvoller und spezialisierter, die Tarife und Beratungsleistungen deutlich komplexer. Folglich würden auch weit höhere Anforderungen an die Qualifikation und Ausbildung der Vermittler gestellt.

Nach Kassows Auffassung ist dieser Wandel aber noch nicht in der Öffentlichkeit angekommen - und folglich auch nicht bei potentiellen Nachwuchskräften. „Wir brauchen bei der nächsten Generation im Vertriebs- und Versicherungsgeschäft eine andere Qualitätswarnehmung“, forderte er. Das qualitative Anforderungsprofil an eine hochwertige Versicherungs- und Vorsorgeberatung sei ein „völlig anderes Level…das ist hochgradig komplex und anspruchsvoll.“

Kulturwandel in Unternehmen vorantreiben

Die ebenfalls anwesenden Markus Faulhaber, Vorstandschef der Allianz Deutschland, sowie Alexander Vollert, Vorstandschef von Axa, hoben noch weitere Aspekte hervor: So müsse sich auch die Kultur in den Unternehmen noch stärker ändern, um junge Menschen für Tätigkeiten in der Versicherungsbranche zu begeistern. Ein Wandel, der aber schon stattfinde. Als Vorbild könnten hier gerade Insurtechs gelten, die es schaffen würden, dass junge Mitarbeiter sehr motiviert seien und sich mit ihrer Tätigkeit identifizierten.

Was damit gemeint ist, fasste Axa-Chef Alexander Vollert zusammen: flachere Hierarchien in den Unternehmen, mehr Teamwork, Leidenschaft für das eigene Thema, Schnelligkeit und Flexibilität sowie eine Risiko- und Fehlerstruktur, die auch das Ausprobieren und Experimentieren erlaube. Der Axa reagiere aber auf das Nachwuchsproblem: „Wir schaffen 80 Prozent unserer Ausbildungsplätze im Vertrieb“, hob Vollert hervor.

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Zugleich müsse die Branche deutliche Signale senden, dass der Job des Vermittlers wichtig und zukunftsfähig sei: trotz Digitalisierung. Alle waren sich einig darin, dass persönliche Beratung auch weiterhin im Versicherungsvertrieb eine zentrale Rolle einnehmen werde (der Versicherungsbote berichtete).

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