Die Versicherungsbranche muss sich laut Deutschlands größtem Autoversicherer darauf einstellen, dass in der Kfz-Sparte wieder mit härteren Bandagen um Neukunden gerungen wird. „Wir stehen vor dem dritten Preiskampf in der Geschichte der Kfz-Versicherung“, sagte Klaus-Jürgen Heitmann, Chef der HUK-Coburg, am Freitag der „Börsenzeitung“. Der Wettbewerb habe deutlich zugenommen.

Anzeige

Heitmann macht keinen Hehl daraus, dass dies auch einer Produktoffensive der Allianz zu verdanken ist, Nummer Zwei auf dem Autoversicherungs-Markt. „Der Zyklus beginnt, weil sich ein großer Wettbewerber neu positioniert hat, und zwar auch preislich“, sagte der Manager in dem Interview. Noch ist die HUK allerdings mit Abstand größter Autoversicherer, wenn man die Zahl der Verträge betrachtet. Ende 2017 waren bei der HUK 11,6 Millionen Autos versichert, 400.000 mehr als im Jahr zuvor.

Allianz hat Versicherungstarife rundumerneuert

Hintergrund des neuen Preiskampfes: Pünktlich zur Wechselsaison 2017 hatte die Allianz ihre Kfz-Tarife komplett rundumerneuert. Nicht nur senkte der Versicherer die Prämien, er führte auch bei den Assistance-Leistungen Neues ein. Zwei Beispiele: Mit dem Baustein „WerterhaltGarantie“ lässt sich die Neupreisentschädigung bei frisch gekaufen Fahrzeugen auf 60 Monate ausdehnen. Und ein Schutzbrief der Allianz soll garantieren, dass der Fahrer nach einem Unfall innerhalb von 60 Minuten wieder mobil wird – mit einem Taxi oder Mietauto (der Versicherungsbote berichtete).

All das zeigt Wirkung, denn die HUK konnte erstmals seit langer Zeit im Herbst diesen Jahres keine Neukunden dazugewinnen. „Unsere Erwartungen haben sich nicht erfüllt“, zeigt sich Heitmann gegenüber der Börsenzeitung ungewohnt offen. Noch im Vorjahr stand bei der HUK unter dem Strich ein Plus von 65.000 Neukunden. „Ich gehe davon aus, dass wir weiter wachsen werden, aber nicht in den Größenordnungen der letzten Jahre“, so Heitmann.

Inwiefern auch andere Wettbewerber im Kampf um Neukunden punkten konnten, lässt sich aus den aktuellen Branchenzahlen noch nicht ableiten. Hebt der Versicherer zum Jahresende die Preise an, ohne die Leistungen zu verbessern, so haben die Kunden ein einmonatiges Sonderkündigungsrecht: Sie können sich folglich auch jetzt noch einen neuen Versicherer suchen, die Wechselsaison ist noch in den Nachwehen. Folglich hofft auch Heitmann weiter auf wechselwillige Kunden.

Keine andere Versicherungssparte wird so oft im Netz abgeschlossen

Der Preiskampf in der Kfz-Sparte wird auch dadurch befeuert, dass keine andere Versicherungsart so oft online über den Direktvertrieb an den Kunden gelangt. Hier ist der Preis ein wichtiges Argument. Knapp ein Fünftel (18,5 Prozent) aller Kfz-Verträge wurden 2016 von den Verbrauchern im Netz oder über ein Vergleichsportal gezeichnet, so geht aus der Vertriebswegestatistik des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hervor. Zum Vergleich: In der Lebensversicherung sind es nur 2,3 Prozent des Neugeschäfts-Volumens. Allerdings sind die beiden Marktführer HUK und Allianz bei keinem der Vergleichsportale gelistet.

HUK ist auch bereit, in Auto-Sparte ein Minus zu akzeptieren

Problematisch wird dies dann, wenn der Preiskampf derart mit harten Bandagen geführt wird, dass die Versicherer in die roten Zahlen rutschen. Die HUK setzt traditionell auf billige Prämien – und hatte im Jahr 2016 eine Schaden-Kosten-Quote von 101 Prozent, so dass der Versicherer mehr für Schäden und andere Kosten ausgab, als er an Beiträgen einnahm. HUK-Chef Heitmann berichtet, dass man sich zuletzt gezwungen sah, die Prämien anzuheben.

Anzeige

„Im Jahr 2017 kommen wir spürbar besser 100 Prozent heraus“, so Heitmann. In einem neuen Preiskampf sei man aber auch wieder bereit, Verluste hinzunehmen. Man wolle das Image als preisgünstigster Autoversicherer „nicht kampflos aufgeben“. Die Autosparte muss dann durch andere Versicherungssparten in der Schaden- und Unfallversicherung quersubventioniert werden.

Anzeige