Restschuldversicherungen sollen einen Kreditnehmer absichern, wenn er in Folge von Arbeitslosigkeit, Arbeitsunfähigkeit oder gar dem Tod die Raten eines Kredites nicht mehr zahlen kann. So weit die Theorie. Dass bei diesen Verträgen vieles im Argen liegt, hat nun auch die deutsche Finanzaufsicht BaFin mit einer Marktanalyse bestätigt. Zu teuer, zu intransparent, zu verbraucherunfreundlich: So lassen sich stark verkürzt die Vorwürfe der Aufsichtsbehörde zusammenfassen.

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Vereinzelt mehr als 70 Prozent als Provision für Banken

„Überrascht“ zeigte sich die BaFin von den exorbitant hohen Vergütungen, die Banken erhalten, wenn sie diese Verträge vermitteln. Es habe sich die von Verbraucherschützern geäußerte Vermutung bestätigt, „dass die von den Versicherungsunternehmen an die Kreditinstitute geleisteten Provisionen teilweise außerordentlich hoch sind“, heißt es in der Analyse, die auf der Webseite der BaFin gelesen werden kann.

Die Fakten: Insgesamt hat die BaFin 30 Versicherer und 31 Geldhäuser befragt. Dabei gaben sieben Banken an, mehr als 50 Prozent der Versicherungsprämie als Provision für die Vermittlung der Verträge zu erhalten. Weitere zwölf Kreditinstitute sagten aus, dass sie 50 Prozent der Versicherungsprämie als Provision kassieren. Bei zwölf weiteren Banken lag der Provisionshöchstsatz unter 50 Prozent. In Einzelfällen haben Versicherer sogar mehr als 70 Prozent der Versicherungsprämie als Provision ausgezahlt, rügt die BaFin.

Für bonitätsschwache Kunden ist Restschuld-Police mitunter Pflicht

Die Finanzaufsicht ging auch dem oft vorgebrachten Vorwurf nach, bei vielen Banken würden Kredite nur bei gleichzeitigem Abschluss einer Restschuldversicherung gewährt. Immerhin: Das war nicht der Fall. Zwei Drittel der Geldhäuser gaben an, mehr Verbraucherdarlehensverträge ohne Restschuldversicherung als mit der Absicherung zu vermitteln. Aber auch hier gibt es deutliche Ausschläge nach oben. Manche Banken vermittelten 80 Prozent ihrer Kredite in Kombination mit einer Restschuld-Police.

Bedenklich ist laut BaFin zudem, dass in Einzelfällen bonitätsschwache Kunden ein Darlehen nur bei Abschluss eines Restschuld-Vertrages erhalten. In diesem Fall sei die Police wirklich obligatorisch. Das werfe die Folgefrage auf, ob den Verbrauchern die Verknüpfung zwischen Kredit und Versicherung transparent aufgezeigt werde. „Nur wenn dies geschieht, können sich die Betroffenen angesichts der damit verbundenen Kreditkosten selbstkritisch mit ihrer Bonität auseinandersetzen und ihren Kreditwunsch gegebenenfalls überdenken“ schreibt die BaFin.

Zudem biete ein Drittel der Banken die Mehrzahl ihrer Kreditverträge konstant mit Restschuld-Policen an. Dadurch könne der Eindruck entstehen, dass ein solcher Vertrag tatsächlich Pflicht sei, bemängelt die Finanzaufsicht.

Komplizierte Dreiecksverhältnisse - Verträge sind oft intransparent

Ein weiteres grundsätzliches Problem sieht die BaFin bei Restschuldversicherungen. Die Vertragsgestaltung sei für die Kunden oft nicht nachvollziehbar. Aus gutem Grund: Oft werde der Vertrag als Gruppenversicherung zwischen einem Versicherer und der vermittelten Bank geschlossen. Das heißt, der Kunde ist gar nicht selbst Versicherungsnehmer, sondern eben das Geldhaus, welches den Vertrag vermittelt hat.

Das hat Konsequenzen für die Verbraucherrechte. Denn die vorgesehenen Informations- und Beratungspflichten bei Versicherungen greifen bei diesen Verträgen nicht. Deshalb gebe es auch oft Rechtsstreite, wenn ein Vertrag vorzeitig gekündigt oder widerrufen werden soll.

Unwirksame Klausel weiter verwendet

Eine weitere Überraschung: Die BaFin stellte fest, dass sich viele Versicherer weiterhin auf eine Klausel in den Allgemeinen Vertragsbedingungen beriefen, die vom Bundesgerichtshof (BGH) gekippt worden war. Laut dem Urteil dürfen Versicherer keine Leistung ablehnen, wenn der Versicherte "ernstliche Vorerkrankungen" verschwiegen habe. Diese Formulierung sei intransparent und damit unwirksam, hatte der Bundesgerichtshof entschieden (Urteil vom 10. Dezember 2014 · Az. IV ZR 289/13).

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Rund 30 Prozent der Versicherer störte dies laut BaFin-Analyse nicht. Sie verwendeten weiterhin die intransparente Klausel, zumindest im Bestandsgeschäft. "Die meisten Unternehmen, die eine entsprechende Klausel nach der Veröffentlichung des Urteils anwandten, haben in der Folge dann auch entsprechende Leistungen aufgrund dieser Klausel abgelehnt. Insgesamt betraf dies 1753 Fälle", schreibt die BaFin. Teils hätten sich die Versicherer darauf berufen, dass die Formulierung in den eigenen Verträgen "nicht wortgleich" zu dem BGH-Urteil gewesen sei. Die Aufsichtsbehörde will nun mit den Versicherern über die Konsequenzen der Studie sprechen.

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