Schöne(?) alte Zeit

Zur Altersvorsorge passt die die Lebens- oder Rentenversicherung immer und der Verdienst ist auch gut - so oder so ähnlich bekommen es Versicherungsvertreter zumeist von ihrem Lebensversicherer gesagt. Mit ähnlichen Argumenten versuchen die Maklerbetreuer der Lebensversicherer auch Versicherungsmakler zu überzeugen. Der Spruch "Da sind Sie versichert und bekommen am Ende der Laufzeit sogar Ihr Geld zurück + Gewinn." war nicht selten in Verkaufsgesprächen zu hören.

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Weitere Hauptargumente bei der klassischen Lebens- und Rentenversicherung sind oft der Garantiezins und die halbe Steuerfreiheit. Wobei die halbe Steuerfreiheit in Praxis auch nur die halbe Wahrheit ist, denn die Regelung zum Halbeinkünfteverfahren entfällt bei vorzeitiger Kündigung des Vertrages. Die Studie "Bei Abschluss: Verlust?" beschreibt, dass mehr als 75 Prozent aller auf 30 Jahre abgeschlossenen Verträge vorzeitig gekündigt werden, 55 Prozent sind es bei den 20jährigen Verträgen.

Keine heilige Kuh

So heilig, wie viele tun, ist der Garantiezins ohnehin schon heute nicht mehr. Viele Kunden erleben ein böses Erwachen, wenn sie ihre Lebensversicherung ausbezahlt bekommen. Oft erhalten sie weniger Geld zurück, als sie eingezahlt haben. "Das ist für viele immer wieder ein Aha-Erlebnis, wenn ich ihnen das vorrechne", sagt der unabhängige Versicherungsberater Stefan Albers. So schreibt es die "Welt am Sonntag" in einem Artikel vom 11.10.2015 auf Seite 11.

Steuererleichterung war als Erste zur Hälfte weg

Ab 2005 galt das Halbeinkünfteverfahren. Das war zwar in den Augen der Banken und Kapitalanlagegesellschaften ein Schritt in die richtige Richtung, aber andererseits war der Schritt völlig verkehrt. Mir hat sich nie erschlossen, aus welchem Grund Sparanlagen (egal welcher Art, mit Ausnahme des Grauen Kapitalmarktes) von Bürgern, die sich unterhalb des Grenzsteuersatzes bewegen, überhaupt besteuert werden.

Man verdeutliche sich dabei, dass es sich bereits um versteuerte Einnahmen handelt und dass Erbschaften (bis auf deren Freibeträge) der Erbschaftssteuer unterliegen. Zu beachten ist auch, dass zum Zeitpunkt der Geldausgabe der dann ehemaligen Sparbeiträge Umsatzsteuer auf die getätigten Käufe anfällt.

Garantiezins soll nun auch sein Ende finden

Das ist hart für die Versicherungsvermittler, nicht aber für die Lebensversicherer. Denn Letztere können das Kapitalanlagerisiko vollständig auf ihre Kunden umlegen. Da dann kein Zinsrisiko auf Garantien mehr besteht können die Lebensversicherer eigentlich nur gewinnen – ganz anders sieht das bei den Kunden aus.

Dass die Lebensversicherer ihren Vorteil sehr wohl seit längerer Zeit erkannt haben, dies ist aus den vom Gesamtverband der Versicherungswirtschaft (GDV) veröffentlichen Zahlen zu den Zuwächsen bei Fondsgebundenen Lebens- und Rentenversicherungen leicht zu erkennen. Vertriebssteuerung nennt man das, wobei völlig ungeniert nach Außen berichtet wird, wie die Verteilung des Lebensversicherungsgeschäftes in Zukunft auszusehen habe.

Versicherungsvermittler werden es schwer haben

Man darf sicher gespannt sein, wie Versicherungsvermittler zukünftig gegen Finanzanlagenvermittler antreten sollen. Auch der letzte Strohhalm "Garantiezins" scheint nun seine Tragfähigkeit zu verlieren.

Spannend dürfte es werden, wenn der mit dem Versicherungsvermittler im Wettbewerb stehende Finanzanlagenvermittler den Kunden auf das Produktinformationsblatt einer Fondsgebundenen Lebens- oder Rentenversicherung hinweist. Dort insbesondere auf den Teil, in welchem der Wert der Fondspolice bei einer Wertentwicklung von null Prozent und ohne Überschüsse aufgeführt ist. Oder der Kunde findet diese Zahl gar selbst. Im Vergleich zu einer reinen Investmentanlage ohne Versicherungsmantel dürfte der Versicherungsvermittler dann kaum noch Verkaufschancen besitzen.

Versicherungsmakler und zusätzlich Finanzanlagenvermittler nach § 34f Abs. 1 S. 1 GewO

Versicherungsvermittler mit Erlaubnis als Finanzanlagenvermittler nach § 34f Abs. 1 S. 1 GewO sind da besser aufgestellt, müssen aber m.E. aufpassen, wie sie agieren. So stellt sich z.B. die Frage, mit welcher Begründung insbesondere ein Versicherungsmakler seinem Kunden zu einer Fondsgebundenen Lebens- oder Rentenversicherung rät, obwohl er über eine Zulassung als Finanzanlagenvermittler nach § 34f Abs. 1 S. 1 GewO verfügt.

Warum trennt der Versicherungsmakler die Bereiche Geldanlage/Altersvorsorge und Absicherung nicht? Wie will der Versicherungsmakler das als Interessenvertreter und Sachwalter seiner Mandanten im Ernstfall vor Gericht begründen? Wie und mit welcher Begründung hat er dazu seinen Rat in der gesetzlich vorgeschriebenen Beratungsdokumentation verfasst? Viele Fragen, die vermutlich eher früher als später die Gerichte beantworten werden …

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... befürchtet freundlichst Ihr
Freddy Morgengrauen

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