Viele gesetzlichen Krankenkassen haben 2015 ihre Beiträge gesenkt. Nun wird nach und nach bekannt, dass dafür auch die Leistungen zusammengestrichen werden. Zum Beispiel hat die BKK Mobil Oil ihr Bonusprogramm überarbeitet. Statt der bisher drei nötigen Maßnahmen, muss der Versicherte ab 2015 acht Maßnahmen erfüllen, um die volle Barprämie in Höhe von 200 Euro zu bekommen. Bei drei Nachweisen erhalten Mitglieder nur noch 75 Euro Prämie. Die Auflage wurde vom Bundesversicherungsamt erteilt, wie eine Sprecherin gegenüber Versicherungsbote mitteilte.

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Geiz-ist-geil-Mentalität statt Leistungsvergleich?

Auch der Marktführer Techniker Krankenkasse setzt den Rotstift an. Osteopathie-Behandlungen werden jährlich nur noch mit 120 Euro bezuschusst statt wie bisher mit 360 Euro. Zwar sind 95 Prozent aller Kassenleistungen vom Gesetzgeber vorgeschrieben. Doch Gesundheitsexperten befürchten nun, dass vor allem bei der Prävention gekürzt werden könnte. Der Hintergrund: Seit 2015 dürfen Krankenkassen wieder Zusatzbeiträge erheben. Ist dieser zu hoch, müssen die Anbieter Mitgliederverluste befürchten.

Die Verbraucherzentralen fürchten nun, dass sich bei den Kassenpatienten eine „Geiz ist geil“-Mentalität durchsetzt, sie aber nicht mehr auf die Leistungen der Krankenkassen schauen. „Wir sehen diese Entwicklung mit Sorge und bedauern die Verabschiedung vom einheitlichen Beitragssatz", sagt Christoph Kranich, Gesundheitsexperte der Verbraucherzentrale Hamburg, im Gespräch mit dem Hamburger Abendblatt.

Vor allem junge und gesunde Kassenpatienten profitieren vom Preiskampf

Verbraucherschützer Kranich geht davon aus, dass vom Preiswettbewerb vor allem Junge und Gesunde profitieren werden. "Sie sind bei einem Anstieg der Beiträge am ehesten bereit, den Anbieter zu wechseln, während Kranke und Ältere bei ihrer Kasse verbleiben." Das aber verschärft die Situation jener Krankenkassen mit älteren Mitgliedern – sie müssen ihre Beiträge umso schneller anheben. In Erinnerung ist noch vielen die Pleite der City BKK. Als die Kasse 2011 aufgeben musste, bot sie ebenfalls überproportional vielen Senioren Schutz.

Aktuell liegen noch nicht von allen gesetzlichen Krankenkassen die Leistungsänderungen vor. An den attraktiven Zusatzleistungen wollen aber laut bisherigen Informationen einige Kassen festhalten, bedeuten doch auch sie einen Wettbewerbsvorteil. Um zu entscheiden, ob ein Kassenwechsel sinnvoll sein könnte, sollten Versicherte noch zwei bis drei Wochen abwarten. Bis dahin sollten die Informationen über die Leistungsänderungen aller Kassen vorliegen.

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Die gesetzlichen Änderungen im Überblick

Bei der Gestaltung der Finanzen bringt das neue „Gesetz zur Weiterentwicklung der Finanzstruktur und der Qualität in der gesetzlichen Krankenversicherung“ (GKV-FQWG) mehr Freiheiten für die Krankenkassen, aber auch finanzielle Einschnitte. Der gesetzlich festgelegte Beitragssatz zur gesetzlichen Krankenversicherung wird zum 1. Januar 2015 von 15,5 um 0,9 auf 14,6 Prozent gesenkt. Den meisten Kassen reicht dieser Beitrag nicht und sie dürfen aus diesem Grund einen sogenannten „kassenindividuellen Zusatzbeitrag“ erheben. Dieser wird dann ebenfalls prozentual vom Einkommen des Versicherten berechnet – das ist neu.

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