Gesetzeswidrige Lohnabschläge

ALG II: Ausstieg eher ohne Minijob

Besonders niedrig sind die Bruttolöhne von Minijobbern, die gleichzeitig ALG II beziehen - immerhin 12 Prozent aller geringfügig Beschäftigten. Sie verdienten 2009 im Durchschnitt sogar nur 6,08 Euro pro Stunde. Das haben Dr. Irene Dingeldey, Peter Sopp und Dr. Alexandra Wagner auf Basis von Paneldaten der Bundesagentur für Arbeit (BA) errechnet. Auch dieser zusätzliche Lohnrückstand lässt sich nach Analyse der Wissenschaftler von der Universität Bremen und vom Berliner Institut FIA nicht durch geringere formale Qualifikation erklären. Vielmehr halten sie es für wahrscheinlich, dass die Grundsicherung bei solchen Löhnen oft einfach mit einberechnet werde, so dass "faktisch ein Kombilohn zu Lasten des Fiskus entsteht, die Wirtschaft folglich Lasten auf die Allgemeinheit abwälzt."


Dabei helfen Minijobs nur sehr begrenzt dabei, eine reguläre Beschäftigung zu finden: Den Erwerbslosen im BA-Panel gelang der Ausstieg aus dem Leistungsbezug häufiger, wenn sie vorher keiner geringfügigen Beschäftigung nachgegangen waren. "Eine allgemeine Brückenfunktion in den regulären Arbeitsmarkt ist nicht erkennbar", vermerken Dingeldey, Sopp und Wagner.

Minijobs oft Teil eines prekären Erwerbsverlaufs

Das bestätigen WSI-Forscherin Christina Klenner und ihre Co-Autorin Tanja Schmidt: Lediglich neun Prozent der geringfügig Beschäftigten wechseln in ein Normalarbeitsverhältnis. Ein dringendes Interesse an einem Job mit längerer Arbeitszeit und höherem Verdienst dürften jedoch weitaus mehr Minijobberinnen und Minijobber haben, zeigt die Untersuchung der beiden Wissenschaftlerinnen, die die Lebensverhältnisse von erwerbstätigen Frauen von 2001 bis 2007 anhand von SOEP-Daten nachgezeichnet und Erwerbsverlaufsmuster identifiziert haben.

Nur auf einen Teil der analysierten Frauen - rund 40 Prozent der Frauen mit Kindern - passt das verbreitete Bild von der Mutter mit normal verdienendem Partner, die per Teilzeittätigkeit das Familieneinkommen etwas aufbessert. Knapp zwei Drittel von ihnen haben Minijob-Erfahrung.

Daneben identifizieren die Wissenschaftlerinnen eine Gruppe von Frauen, die Minijobs ausgeübt haben, weil es für sie keine anderen Angebote auf dem Arbeitsmarkt gab. Mehr als ein Viertel der untersuchten Gruppe leben diese "diskontinuierlich-prekären" Erwerbsverläufe, bei denen Minijobs eine wichtige Rolle spielen. Das betrifft Mütter etwas häufiger als Frauen ohne Kinder, Ostdeutsche öfter als Westdeutsche, jüngere häufiger als ältere. Viele von ihnen sind niedriger qualifiziert und leben in einem Haushalt mit sehr geringem Gesamteinkommen.

Nur ein Teil hat einen versorgenden Partner. Für diese Frauen sei der Minijob doppelt problematisch, warnen Klenner und Schmidt: Nicht nur längerfristig, etwa im Fall einer Trennung oder wegen der mangelnden Absicherung fürs Alter, sondern bereits kurzfristig als Teil eines Erwerbsmusters, aus dem nur wenige hinausfinden.