Martin Markowsky, Versicherungsmakler und Gründer von Dogvers, berät seit über 15 Jahren ausschließlich zu Tierversicherungen. Im Interview spricht er über die wachsende Bedeutung von OP- und Krankenversicherungen für Hunde und Katzen, typische Missverständnisse in der Beratung und warum Ehrlichkeit bei Ausschlüssen das wichtigste Verkaufsargument ist.
Versicherungsbote: Herr Markowsky, Sie beschäftigen sich seit über 15 Jahren ausschließlich mit Tierversicherungen. Wie hat sich dieser Markt in den letzten Jahren entwickelt und welche Produkte sind heute besonders gefragt?
Martin Markowski: Der Markt hat sich in den letzten Jahren massiv gewandelt. Früher war fast ausschließlich die Tierhalterhaftpflicht im Fokus, heute stehen OP- und Krankenversicherungen für Hunde und Katzen klar im Mittelpunkt. Besonders die OP-Versicherung hat sich etabliert, weil Tierhalter schnell merken, dass schon eine einzige Operation hohe Kosten verursachen kann.
Gleichzeitig steigt das Interesse an Vollkrankenversicherungen, die auch Vorsorge, Zahnbehandlungen und alltägliche Behandlungen abdecken. Der Trend geht eindeutig in Richtung umfassender Absicherung.
Sie betonen oft, dass es Ihnen wichtig ist, nicht nur Leistungen, sondern auch Ausschlüsse offen zu kommunizieren. Welche typischen Missverständnisse begegnen Ihnen in der Beratung?
Ein häufiges Missverständnis ist die Annahme, dass wirklich jede Krankheit und jede Behandlung automatisch mitversichert ist. Viele Tierhalter glauben etwa, dass rasse-spezifische Erkrankungen oder bereits bestehende Leiden ohne Einschränkungen übernommen werden. Auch Unterschiede bei Vorsorge, Impfungen oder Zahnbehandlungen werden oft übersehen. Hier kläre ich von Anfang an offen auf, um spätere Enttäuschungen zu vermeiden.
Wie gehen Sie in der Beratung mit dem Thema Ausschlüsse um, ohne den Kunden zu verunsichern?
Ganz offen und ehrlich. Ich spreche die Ausschlüsse direkt an, bevor überhaupt ein Antrag gestellt wird. Dabei erkläre ich, warum es diese Einschränkungen gibt – etwa aus medizinischen oder kalkulatorischen Gründen. Meine Erfahrung zeigt: Wenn man diese Punkte verständlich darlegt, fühlen sich Tierhalter nicht verunsichert, sondern gut informiert und abgeholt.
Neben der Haftpflicht werden Tier-OP- und Krankenversicherungen immer beliebter. Welche Faktoren entscheiden Ihrer Meinung nach darüber, ob ein Halter sich für eine OP-Versicherung oder eine Vollversicherung entscheidet?
Das hängt in erster Linie vom Budget und der Erwartungshaltung ab. Wer vor allem die großen finanziellen Risiken absichern möchte, entscheidet sich meist für eine OP-Versicherung. Wer hingegen Wert auf eine umfassende Versorgung legt und auch kleinere Behandlungen mit abgesichert haben will, wählt die Vollkrankenversicherung. Ein wichtiger Punkt ist auch das Alter des Tieres: Je früher eine Vollversicherung abgeschlossen wird, desto besser. Ein wichtiger zusätzlicher Punkt: In der Ende 2022 angepassten Gebührenordnung für Tierärzte (GOT) sind die ambulanten Kosten deutlich stärker gestiegen als im OP-Bereich!
Viele Halter erwarten „Rundum-Schutz“. Wie erklären Sie Kunden, dass es die sprichwörtliche eierlegende Wollmilchsau in der Tierversicherung nicht gibt?
Ich erkläre, dass jede Versicherung immer ein Balanceakt zwischen Preis und Leistung ist. Natürlich gibt es sehr leistungsstarke Tarife, aber gewisse Grenzen bestehen immer – sei es bei Vorerkrankungen, bei bestimmten Behandlungen oder bei Erstattungshöchstgrenzen. Es geht nicht darum, das perfekte Produkt zu finden, sondern das individuell passende. Das perfekte Produkt gibt es einfach nicht! Diese Ehrlichkeit schätzen die Kunden.
„Tierversicherungen sind kein Selbstzweck“
Welche Rolle spielt die Tiergesundheit insgesamt in Ihrer Arbeit?
Eine sehr große. Tierversicherungen sind kein Selbstzweck, sondern ein Werkzeug, damit Tierhalter ihrem Tier im Ernstfall die bestmögliche medizinische Versorgung ermöglichen können. Deshalb gehört für mich auch Aufklärung über Vorsorge, Kosten und Absicherung immer dazu. Am Ende steht für mich immer das Tier im Mittelpunkt – es soll gesund bleiben und im Ernstfall optimal versorgt sein.
Der Markt für Tierversicherungen wird zunehmend von Vergleichsportalen bespielt. Wo sehen Sie die Unterschiede zwischen Online-Abschluss und individueller Fachberatung?
Vergleichsportale sind praktisch, wenn es um einen schnellen Überblick geht. Aber sie zeigen meist nur einen Teil des Marktes und erklären die Bedingungen nicht im Detail. In der Fachberatung gehe ich tiefer, bespreche die individuellen Bedürfnisse, kläre über Stolperfallen auf und begleite den Kunden auch bei der Schadenabwicklung.
Das ist ein klarer Mehrwert, den ein Portal nicht bieten kann. Beispielsweise das Thema Ausschlüsse: Jeder Interessent kann sich auf den Webseiten der Anbieter schnell ansehen, was versichert ist – die Ausschlüsse müssen dann doch schon gesucht werden.
Gerade für Maklerkollegen stellt die Tierversicherung oft nur eine Nische dar. Welche Chancen bietet dieses Geschäftsfeld und wie können Makler es sinnvoll in ihre Beratung integrieren?
Tierversicherungen sind eine emotionale Nische – und genau das macht sie so interessant. Viele Tierhalter sind dankbar, wenn ein Makler das Thema von sich aus anspricht. Für Makler ist es ein hervorragender Türöffner, weil das Gespräch über das Haustier eine sehr persönliche Ebene schafft. Dazu lässt sich die Tierversicherung optimal mit anderen Sparten kombinieren, zum Beispiel mit der Haftpflicht oder der Hausratversicherung.
Abschließend: Welche Entwicklungen erwarten Sie im Bereich Tierversicherung in den nächsten fünf bis zehn Jahren – Stichwort steigende Tierarztkosten, Digitalisierung oder neue Produktkonzepte?
Die Tierarztkosten werden weiter steigen, daran führt kein Weg vorbei. Damit wird auch die Nachfrage nach OP- und Krankenversicherungen deutlich zunehmen. Ich rechne außerdem mit digitaleren, transparenteren und und hoffentlich kundenfreundlicheren Produkten. Zukünftig werden Tarife individueller und flexibler sein – etwa durch modulare Bausteine, die sich Halter selbst zusammenstellen können. Für Makler bedeutet das: noch mehr Beratungsbedarf, aber gleichzeitig auch große Chancen.
Hintergrund: Das Interview erschien zuerst im neuen kostenfreien Versicherungsbote Fachmagazin 02-2025. Das Magazin kann auf der Webseite des Versicherungsbote bestellt werden. Die Fragen stellte Björn Bergfeld.