Die Branche hat sich zu sehr an den Verkaufsakt gewöhnt: Abschluss statt Aufklärung, Quote statt Qualität. Das Provisionsdilemma tut sein Übriges: Hohe Abschlussvergütungen schaffen Anreize, die dem langfristigen Kundennutzen entgegenstehen. Echte Beratung beginnt dort, wo man das Produkt hinter die Person stellt – Biografie, finanzielle Belastbarkeit, Risikoneigung, familiäre Situation, steuerlicher Rahmen. Das Ziel ist nicht der Vertrag, sondern die tragfähige Vorsorgelösung.
Bankassurance: Wenn Breite Tiefe frisst
Bankassurance kann Synergien heben – wenn sie richtig aufgesetzt ist. In der Praxis sehen wir zu oft das Gegenteil: Beraterinnen und Berater, die vom Girokonto bis zum Fonds und zur Lebensversicherung „alles“ anbieten sollen, um intern anerkannt zu werden. Breite ersetzt Tiefe, der Verkaufsdruck ersetzt die Verantwortung. So entsteht keine Kundenbeziehung auf Lebenszeit, sondern Transaktionstheater. Korrektur bedeutet: klare Rollentrennung, Qualifikation vor Quote, Fachlichkeit vor Funnel.
Warum Rendite beim Versicherer oft höher wirkt als beim Kunden – und was daraus folgt
Lebensversicherer erwirtschaften auf der Kapitalanlageseite oft solide Erträge. Beim Kunden kommt davon weniger an – durch Abschlusskosten, laufende Verwaltung, Sicherheitsrückstellungen, Risikoprämien. In der Gesamtschau entsteht das Gefühl, der Versicherer verdiene planbarer als der Versicherte. Das mag im Kollektivsystem der Versicherung teils systemisch sein, kommunikativ ist es fatal. Wer das Vertrauen zurückgewinnen will, muss Nettorenditen in den Mittelpunkt stellen, Kosten brutal transparent machen und Produkte so bauen, dass sie auch ohne Finanzmathematik verstanden werden.