Die Deutsche Aktuarvereinigung (DAV) warnt vor einer dramatischen Kostenentwicklung in der Pflegeversicherung. Vorständin Wiltrud Pekarek spricht von explodierenden Ausgaben, steigenden Eigenanteilen für Betroffene und dringendem Reformbedarf.
Pflege unter Druck: Warnsignal für Reformen
Die Finanzierung der Pflege in Deutschland steht nach Einschätzung der DAV auf zunehmend wackligen Beinen. Vor allem die gesetzliche Pflegeversicherung gerät unter Druck. „Die Pflegekosten laufen völlig aus dem Ruder. Wir müssen diese in den Griff bekommen und Eigenverantwortung fördern. Kostenkontrolle und eine zusätzliche kapitalgedeckte Absicherung sind daher unerlässlich“, erklärte Wiltrud Pekarek, Vorständin und Vorsitzende des Ausschusses Krankenversicherung der DAV.
Deutlich steigende Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung und hohe Eigenanteile seien ein klares Warnsignal, dass sich Reformen nicht länger aufschieben lassen. Schon heute sei die Lage angespannt, trotz steigender Beitragseinnahmen seien die Kassen defizitär.
Teilkasko-System wird häufig missverstanden
Ein zentrales Problem sieht Pekarek im Missverständnis über die Rolle der gesetzlichen Pflegeversicherung. „Es handelt sich um ein Teilkaskosystem. Anders als immer wieder suggeriert wird, heißt das eben, dass nicht alle Leistungen vollumfänglich gedeckt sind, sondern ein Teil – mittlerweile ein ganz erheblicher Teil – durch die Menschen selbst abzusichern ist.“ Die Ausweitung von Leistungen und die Einbeziehung weiterer Empfängergruppen hätten die Kosten zusätzlich stark erhöht.
Mehr Kapitaldeckung und Eigenverantwortung gefordert
Die demografische Entwicklung verschärft die Situation: Immer mehr Pflegebedürftige stehen einer sinkenden Zahl von Erwerbstätigen gegenüber. Für die umlagefinanzierte Pflegeversicherung bedeutet das zusätzliche Belastungen. Die DAV plädiert deshalb für eine stärkere kapitalgedeckte Vorsorge. Durch den Aufbau von Alterungsrückstellungen könnten die allein altersbedingten Pflegeleistungen generationengerecht finanziert werden.
Pekarek fordert entsprechende politische Rahmenbedingungen, um private Vorsorge attraktiver zu machen. „Es braucht Anreize und Förderung, damit ein Großteil der Bevölkerung passende Pflegezusatzprodukte für die eigene Absicherung nutzt. Das ist schon aus sozialen Gesichtspunkten unerlässlich und fair, denn sonst besteht die Gefahr, dass sich eine zunehmende Anzahl an Menschen im Pflegefall die Eigenanteile nicht leisten kann.“
Kosten im Fokus behalten
Neben zusätzlicher Absicherung sieht die DAV die Notwendigkeit, Kostensteigerungen auf ein vertretbares Maß zu begrenzen. Weitere Leistungsausweitungen dürften die gesetzliche Pflegeversicherung nicht zusätzlich belasten. Schon die 2017 eingeführte Ausweitung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs habe zu einem starken Anstieg der Zahl der Pflegebedürftigen und der Leistungsausgaben geführt.
Für die DAV ist klar: Pflege muss würdig und bedarfsgerecht erfolgen können. Zugleich müsse verhindert werden, dass die Finanzierung ins Ungleichgewicht gerät und die Belastung für Betroffene untragbar wird.