Versicherungsmakler und ihre Haftung: Pflichten, Risiken und Rechtsprechung

Quelle: DALL-E

Rechtsanwalt Roland Kural analysiert die rechtlichen Rahmenbedingungen für Versicherungsmakler und deren Pflichten gegenüber ihren Kunden. Insbesondere die Eigenhaftung, die Bedeutung der Beratungsdokumentation und die Risiken der Berufshaftpflicht stehen im Fokus. Warum Versicherungsmakler in der Beratung keine Kompromisse eingehen sollten – und welche Fallstricke zu vermeiden sind.

Der bereits vor der zum 01.01.2008 in Kraft getretenen Reform des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) auch als Auge und Ohr des Versicherers bezeichnete Versicherungsvertreter (als Handelsvertreter oder angestellt) ist einem oder mehreren Versicherern (dann Mehrfachvertreter) gegenüber verpflichtet, neue Kunden zu gewinnen und den Bestand an Versicherten zu erhalten und zu betreuen. Der typische Versicherungsvertreter nimmt damit in erster Linie Aufgaben des Versicherers wahr. Demgegenüber ist der Versicherungsmakler treuhänderischer Sachwalter des Versicherungsnehmers und damit Vertrauter und Berater desselben.

Quelle: DALL-E

Beide Berufstypen fasst Paragraf 59 Abs. 1 VVG schlicht als Versicherungsvermittler zusammen. Neu ist seit der Reform des VVG die Eigenhaftung des Versicherungsvertreters (Paragraf 63 VVG). Zuvor war eine eigenständige Haftung des Versicherungsvertreters nach der Rechtsprechung nur dann begründet, wenn dieser ein „besonderes persönliches Vertrauen“ des Versicherungsnehmers für sich in Anspruch genommen hatte. Dagegen beruhte die Haftung des Versicherungsmaklers schon immer auf dessen Nähe- und Vertrauensverhältnis zum Versicherungsnehmer. In der Rechtsprechung wurde das Berufsbild des Versicherungsmaklers den sonstigen Beratungsberufen angenähert (BGH vom 22.05.1985, IV a ZR 190/83).

Inhalt des Versicherungsmaklerauftrags bzw. Maklervertrags

Typischerweise ist der Versicherungsmakler zugleich Interessen- oder Abschlussvertreter des Versicherungsinteressenten bzw. als Bestandsinhaber „Sachwalter“ des jeweiligen Versicherungsnehmers. Der Versicherer tritt bei Vorlage einer entsprechenden Maklervollmacht in eine Korrespondenzpflicht mit dem Makler. Dies beruht darauf, dass der Versicherungskunde frei entscheiden kann, welchen Berufstyp des Versicherungsvermittlers er bevorzugt. Viele Versicherer schließen mit Versicherungsmaklern bzw. mit deren Interessenvertretungen („Maklerpools“) Courtagevereinbarungen ab. Die dabei auftretenden „Spielarten“ dieser Maklerverträge sind vielgestaltig; charakteristisch ist dafür jedoch, dass zwar auf Seiten des Versicherers eine Vergütungspflicht für erfolgreiche Vermittlungsgeschäfte besteht, der Versicherungsmakler aber weiterhin „im Lager“ des Versicherungsinteressenten steht und im Hinblick auf die Sorgfaltspflichten bei der Versicherungsvermittlung alleine diesem gegenüber verantwortlich ist und bleibt. Es gilt hier somit gerade nicht die Lebensweisheit: „Wes Brot ich ess‘, des Lied ich sing‘“. Während beim Versicherungsvertreter (gebundenen Vermittler) folglich die Hervorhebung der Vorzüge der von ihm vertriebenen Produkte im Mittelpunkt steht, hat der Versicherungsmakler das Interesse seines Klienten an der zutreffenden Auswahl des Versicherungsschutzes für das zu versichernde Risiko wahrzunehmen.

Die in der Vergangenheit darüber geführte Diskussion, ob der Makler seinem Kunden eine Beratung schulde, die das Prädikat best advice verdiene, ist bereits deshalb nicht zielführend, weil zu der großen Produktvielfalt weitere Auswahlkriterien wie z. B. das Service- und Regulierungsverhalten des Versicherers und dessen Ortsnähe zählen können. Vielmehr wird der Makler seiner Beratungspflicht in der Regel gerecht werden, wenn er dasjenige Produkt zum Abschluss empfiehlt, welches den Interessen seines Kunden am ehesten entspricht. Mit Blick auf diese individuelle Interessenlage, die von Klient zu Klient variieren dürfte, ist eine Abwägung, die zu einer zweckentsprechenden, gut vertretbaren Versicherungsvermittlung führt, als vertragsgemäße Leistung des Versicherungsmaklers gemäß Paragraf 60 Abs. 1 VVG zu betrachten.

Insbesondere: Bedarfsermittlung und Dokumentation

Entsteht aufgrund einer mangelnden Aufklärung über die zu versichernden Risiken eine Deckungslücke beim Versicherungsnehmer, so kann dieser im Schadenfall vom Versicherungsmakler verlangen, so gestellt zu werden, als hätte er den erforderlichen Versicherungsschutz erhalten („Quasideckung“, BGH vom 26.03.2014, IV ZR 422/12).

Dabei wird in der Regel vermutet, dass sich der Versicherungsnehmer bei sachgerechter Beratung „beratungsrichtig“ verhalten und das aufgezeigte Risiko entsprechend versichert hätte. Ein Verschulden des Maklers an der Fehlberatung wird vermutet, so dass eine Beweislastumkehr eintritt und der Makler sich davon entlasten muss. Besonders prekär wird es für den Versicherungsmakler dann, wenn er kein Beratungsprotokoll vorweisen kann.

Der Versicherungsinteressent kann zwar auf die Beratung und / oder die Dokumentation derselben verzichten (Paragraf 61 Abs. 2 VVG). Abgesehen davon, dass es wenig lebensnah erscheint, dass der Klient einen Versicherungsmakler aufsucht, um dann auf dessen Beratung zu verzichten, kann nur davor gewarnt werden, die Beratungspflicht durch Verzicht des zu Beratenden zu umgehen, weil hierdurch die Kardinalpflicht aus dem Maklervertrag ausgehöhlt werden würde. Im Konfliktfall könnte dies dazu führen, dass die Verzichtserklärung rechtlich bedeutungslos wäre und der Makler den geschlossenen Vermittlervertrag nicht oder schlecht erfüllt hätte.

Wenn jedoch bereits die Beratungspflicht, wozu die Ermittlung des Versicherungsbedarfs gehört, unabdingbar ist, so ist die logische Konsequenz daraus, dass die wesentlichen „Meilensteine“ der Beratung schon im Eigeninteresse des Versicherungsmaklers dokumentiert werden sollten, damit die ordnungsgemäße Beratung nicht nur behauptet, sondern im Zweifel auch gerichtsfest dargestellt werden kann.

Exkurs: Berufshaftpflichtversicherung des Versicherungsmaklers

Die obligatorische Berufshaftpflichtversicherung tritt bei vorsätzlicher Verletzung der Vertragspflicht nicht ein. Dabei ist stets zu beachten, dass dieser Leistungsausschluss bereits dann erfüllt ist, wenn der Makler die Pflichtverletzung an sich erkennt bzw. als wesentliche Vertragspflicht einfach erkennen muss. Auf die Schadensfolgen einer Pflichtverletzung muss sich der Vorsatz somit nicht erstrecken.

Hintergrund: Der Gastbeitrag ist zuerst in der Ausgabe 01/2025 des Fachmagazins Versicherungsbote erschienen. Das Magazin kann auf der Versicherungsbote- Webseite kostenfrei abonniert werden.