Wie sinnvoll ist eine Elementarschaden-Pflichtversicherung, wenn sie nicht von geänderten Bauvorschriften und Präventionsmaßnahmen begleitet wird?
Ich halte persönlich nichts von einer solchen Pflichtversicherung, besonders dann nicht, wenn der Staat so etwas steuern und managen will. An den Hilfeleistungen für das Ahrtal hat man gesehen und sieht immer noch, wie unfähig unsere Politik in solchen Dingen ist. Eine Pflichtversicherung würde nur Sinn ergeben, wenn diese von der Versicherungswirtschaft gesteuert wird. Also ähnlich der Kfz-Haftpflichtversicherung. Von Seiten der Politik müssten dazu dann Mindestanforderungen an die Bedingungen und Summen vorgegeben werden, die von jedem einzuhalten sind.
Was Bauvorschriften und Prävention angeht, so habe ich meine Zweifel, dass so etwas überhaupt umgesetzt werden kann. Beim Neubau sicher, aber was ist mit alten Gebäuden? Diese elementarfest zu machen, würde immense Summen verschlingen. Und wer soll das bezahlen? Heutzutage können doch schon sehr viele nicht mehr eine ordentliche, normale Instandhaltung finanzieren. Der Aufwand würde die meisten total überfordern. Und dazu kämen noch die Maßnahmen, um Fehler der Vergangenheit zu beseitigen. Bodenversiegelungen, kanalisierte Bachläufe, Überlaufzonen für Bäche und Flüsse, Warnsysteme usw. – dieses wäre sicher ein Jahrhundertprojekt.
Wie stehen Sie zum ‚Wiederaufbau an gleicher Stelle‘?
Der Wiederaufbau an gleicher Stelle ist eigentlich Quatsch und sollte in keinem Bedingungswerk mehr auftauchen. Es ist ja so, dass in den meisten Fällen der Besitzer an der gleichen Stelle wieder aufbauen will. Besonders bei Wohnhäusern ist das der Fall. In den Fällen, wo es zum Beispiel aufgrund von behördlichen Beschränkungen nicht mehr möglich ist, kann der Versicherungsnehmer auch an anderer Stelle aufbauen. Hier muss man allerdings aufpassen, ob das Bedingungswerk dieses zulässt und auch die evtl. höheren Kosten abgedeckt sind. In modernen Bedingungen ist sowas kein Problem. Generell sollte man aber die alte Klausel für unwirksam erklären.
Massiv steigende Energiekosten, instabile Lieferketten, Inflation, Fachkräftemangel: Die Multikrise hat insbesondere den deutschen Mittelstand fest im Griff. Wie würden Sie das Geschäftsumfeld für Gewerbemakler derzeit beschreiben?
Das Geschäftsfeld ist eigentlich sehr gut.
Wenn man davon ausgeht, dass geschätzt weit mehr als 50% der Gewerbepolicen nicht zum Risiko passen (ich stelle leider noch höhere Zahlen fest), dann haben alle noch sehr viel zu tun. Viele Betriebe haben ihre Versicherungen seit Jahrzehnten nicht überprüft, dazu kommen geänderte Betriebsrisiken und immer mehr vertragliche Risiken, an die man früher nie gedacht hat. Ein weiterer, von vielen unterschätzter Bereich ist die Kontrolle der Obliegenheiten aus Policen. Jeder Unternehmenslenker tut gut daran, ein Risikomanagement zu betreiben, um zum einen den Versicherungsschutz zu erhalten und zum anderen nicht auch in die persönliche Haftung zu geraten.
Gewerbemakler haben hier sehr viel Arbeit in den kommenden Jahren, aber müssen sich auch auf die neuen Herausforderungen einstellen.
Was muss sich aus Ihrer Sicht dringend ändern?
Sehr viel. Wir haben mehrere Hauptbereiche:
- Nachwuchs und Mitarbeiter: Nachwuchs und Fachkräfte zu bekommen, ist momentan eine echte Herausforderung für jeden. Die Branche überaltert und junge Leute sind nur schwer für diesen Bereich zu gewinnen.
- Aus- und Weiterbildung: Hier wäre auch die Politik gefordert. Meines Erachtens sollten die Anforderungen an die Weiterbildung verschärft werden. Die 15 Pflichtstunden sind meiner Meinung nach nur eine minimale Basis. Hier müsste fachspezifisch viel mehr verlangt werden. Ein Rettungssanitäter kann ja auch nicht einfach ein Chirurg werden, dazwischen sind schon einige Qualifikationen notwendig.
- Entbürokratisierung: Was man den Maklern mittlerweile an Bürokratie auferlegt, ist einfach zu viel. Hier gehören viele Dinge wieder abgeschafft.
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Risikobereitschaft der Versicherer: Es kann nicht sein, dass Versicherer sich in vielen Bereichen einfach zurückziehen und es keine Absicherungsmöglichkeiten mehr gibt.
Hier sind auch Rückversicherer gefragt, die ja einen erheblichen Anteil an der Situation haben, wenn bestimmte Risiken zunehmend nicht mehr versicherbar sind. - Zusammenrücken der Makler-Lobby: Makler sind leider nur unzureichend organisiert. Es gibt viele kleine Verbände, die aber kaum Gewicht haben, in der Politik schon gar nicht. Hier fehlt eindeutig eine starke Lobby.