Bestandskundenmanagement – Goldgrube statt verschenktem Potenzial

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Viele Unternehmen befinden sich im täglichen Kampf um neue Kunden. Dabei haben viele Branchenteilnehmer den Goldschatz im eigenen Bestand. Viele Vermittler und auch Gesellschaften sehen das beträchtliche Potential nicht. Welche Chancen im Thema Bestandskundenaktionen steckt, hat sich Ralf Pispers genauer angeschaut. Der Geschäftsführer der PBM Personal Business Machine AG befasst sich in der Reihe „Wir müssen reden“ diesmal mit der Goldgrube Bestandskundenmanagement.


Ein Topf voll Gold – ein Schatz am Ende jedes Regenbogens, der als Brücke zwischen der Welt der Menschen und der der Kobolde dient. Aber aufgepasst: Wenn man danach suchen will, muss man zunächst wissen, wie man überhaupt zum Ende des Regenbogens kommt. Jeder hat diese Irische Sage schon einmal gehört oder denkt sogar an sie, wenn man einen Regenbogen sieht.

Quelle: PBM Personal Business Machine AG

Es mag vielleicht absurd klingen, aber auch die Versicherungsbranche hat einen Topf voll Gold – Bestandskunden! Sie sind deutlich günstiger und erfolgsversprechender und sogar die Conversion Rate liegt bei Bestandskund:innen neunmal höher als bei Neukund:innen. Zu schön um wahr zu sein? Nein. Dennoch, denken Unternehmen im Marketing viel zu selten an ihre vorhandenen Kund:innen als potenzielle Zielgruppe. Aber wieso? Die meisten Versicherer würden diese Frage wahrscheinlich mit dem Hinweis beantworten: Bestandskundenaktionen seien einfach zu aufwändig und mit zu vielen Hürden gekoppelt. Am Ende machen sie es sich einfach: ein 0815-Mailing. Doch die Erwartungshaltung der Kund:innen trifft das definitiv nicht.

Neu ist immer besser! Oder nicht?

Aber was genau macht die Bestandskundenaktionen so viel herausfordernder als die Neukundenakquise? Denn, normalerweise würde man doch davon ausgehen, dass die Ansprache bestehender Kund:innen viel einfacher ist als die Akquise von Neukund:innen. Schließlich kennen die Versicherer ihre Kund:innen und müssen eigentlich wissen, wie sie mit ihnen kommunizieren. Oder etwa nicht?

Während man eine Neukunden-Kampagne schon fast im Schlaf abarbeiten könnte - Briefing, Budgetplanung, Ausarbeitung der Kampgenen – sieht es beim Bearbeiten der Bestandskund:innen schon etwas komplizierter aus. Ein Meer an Fragen häuft sich: Wo sind die passenden Ansätze für die Kundenansprache? Wie route ich den Lead bzw. den Abschluss? Wer ist der Absender des Briefs oder des Mailings? Aber vor allem: Welche Daten sind von Relevanz? Und wo bekomme ich diese her? Erschreckend, denn auch im heutigen Zeitalter der Digitalisierung sind die Datensätze häufig veraltet oder schlecht gepflegt. Nutzlos für Bestandskundenmanagement. On top of that? Viele Kund:innen sind immer noch nur auf traditionellem Wege erreichbar – per Brief. Elektronische Werbeeinwillung für eine digitale Kommunikation? Fehlanzeige. All diese Gründe führen dazu, dass viele Versicherer sich gegen das Bestandskundenmanagement stellen und sich lieber auf die scheinbar einfachere, aber weit teurere Ansprache von Neukund:innen konzentrieren. Verschenktes Potenzial.

Die vier Schritte des Erfolgs

Wie nimmt man Versicherern diese Schrecken und Hürden? Wie bringt man sie dazu, das Potenzial zu nutzen statt zu verschenken? Die Antwort: digitale Tools und Plattformen. Mit Hilfe von Data Analytics, Customer Journey-Design wie auch personalisierten Medienaufbereitung und Marketing-Automation können Versicherer ein Großteil der Herausforderungen von Anfang an eliminieren. Schön und gut, aber wie gestalte ich den wichtigsten Prozess im Bestandskundenmanagement – die Ansprache der Kund:innen? Antwort: Versicherer sollten Silos aufbrechen und anfangen in Ökosystemen zu denken:

  1. Understand me: Hier kommt es stark auf die Relevanz und das Timing an. Kund:innen reagieren optimal auf für sie relevante Informationen. Statt auf herkömmliche Werbung müssen Versicherer auf die personalisierte Kommunikation setzen – abgestimmt auf die jeweilige Situation des Kunden.
  2. Engage me: Interaktion ist alles. Versicherer müssen den Kund:innen sofortige Interaktionsmöglichkeiten zur Verfügung stellen. Dies können beispielsweise Checkmodule zu konkreten Angeboten wie Kfz-Versicherungen oder Lebensversicherungen sein.
  3. Surprise me: Das Stichwort hier lautet Emotional Boosting. Versicherer müssen auf den Kunden eingehen und zeigen, dass sie proaktiv für seine Absicherung arbeiten. Dafür nutzen sie moderne Datenanalysen und bauen attraktive Customer Journeys.
  4. Work for me: Der gesamte Prozess muss End-to-End ablaufen. Erhält der/die Kund:in die Empfehlung, einen Beratungstermin auszumachen, muss diese Terminvereinbarung sofort möglich sein. Auch eventuelles Upselling muss direkt abgewickelt werden können.

Gut geplant ist halb gewonnen

Silos aufbrechen und in Ökosystemen denken – die ersten Schritte sind gemacht. Jetzt müsste doch alles wie am Schnürchen laufen, oder? Theoretisch, bestimmt. In der Praxis kommt es jetzt aber darauf an, wie man diese Bausteine richtig umsetzt und in die Bestandskundenaktionen miteinbringt:

  • Höher, weiter, schneller
    Versicherer sollten die Customer-Journey wie Jenga-Bausteine sehen. Je mehr Jenga-Bausteine, desto höher der Turm. Für die Versicherungsbranche heißt dies: Je mehr Bausteine oder Aktionen sich in der Journey befinden, desto mehr Einwilligungen und Kundendaten springen dabei heraus. Jede Aktion holt sich in der sekundären Zielsetzung die Einwilligung bzw. Aktivierung anderer Kanäle beim Kunden ab – ein Brief führt auf eine Landingpage, die wiederum den/die Kund:in zu einer App führt.
  • Geduld zahlt sich aus
    „Ist man in kleinen Dingen nicht geduldig, bringt man die großen Vorhaben zum Scheitern“, so Konfuzius. Versicherer müssen sich bewusstwerden, dass Kund:innen nicht immer direkt bei der ersten Ansprache etwas kaufen werden. Und ehrlich, die meisten sind bei der ersten Ansprache sowieso genervt. Stattdessen sollte man sie fragen, ob es momentan Bedarf nach einer speziellen Betreuung gibt oder einfach mal Danke sagen.
  • Customer Centricity is key
    Digitale Tools und Plattformen machen all unser Leben viel einfacher. Das heißt aber nicht, dass man nicht trotzdem noch einiges an Arbeit in die Bearbeitung von Bestandskund:innen stecken muss. Was hinter den Kulissen abläuft, ist dem Kunden schlicht egal. Was zählt ist der Output, den der/die Kund:in am Ende des Tages kriegt.

Auch wenn es anfangs aufwendig ist, die Arbeit mit Bestandskund:innen lohnt sich alle Male! Silos aufbrechen, die Arbeit in interdisziplinären Teams fördern, digital und personalisiert agieren – das ist die Devise. Bestandskund:innen haben einen unglaublich hohen strategischen Wert, der keinesfalls ungenutzt bleiben sollte. Also, liebe Versicherer: Es ist an der Zeit zu handeln und das ungenutzte Potenzial zu nutzen!