Lebensversicherer zeigen sich auch in Corona-Zeiten stabil

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Aktienkurse brachen ein, Menschen haben durch Kurzarbeit weniger Einkommen für Produkte und das Bedienen der Beiträge. Werden die Lebensversicherer durch die Corona-Krise also hart getroffen? Nach jetzigem Stand ist eher Gelassenheit angebracht. Denn der "Marktausblick Lebensversicherung 2020/2021" der Rating-Agentur Assekurata bietet alles andere als düstere Aussichten. Dies verdankt sich auch den hohen gesetzlichen Anforderungen für die Reserven alter Garantien. Der Versicherungsbote stellt ausgewählte Ergebnisse der Rating-Experten vor.

Corona: 200-Jahres-Schaden wird Realität

Es sind Zeiten nach der Krise: Durch die Begleitumstände von Corona verlor der DAX in vier Wochen knapp 40 Prozent. Die Rating-Experten von Assekurata pointieren hierzu: Durch die Corona-Pandemie und die Folgen hat sich quasi jener 200-Jahres-Schaden realisiert, wie er maßgebend ist für die Kapitalanforderungen unter Solvency II. Bestehen aber die Versicherer den realen „Stresstest Corona?“ Zu dieser Frage analysierte der aktuelle Marktausblick aus dem Hause Assekurata die Daten des zurückliegenden Geschäfts, um hierdurch Aussagen über die zukünftige Entwicklung der Leben-Branche zu treffen.

Demnach ist natürlich auch ein Corona-Effekt für die Lebensversicherer zu erwarten. Das erklärt sich zum einen aus den allgemeinen Verlusten an den Aktienmärkten, der sich mittlerweile allerdings schon wieder tendenziell ausgeglichen hat (nachdem zum Beispiel der Dax einen historischen Tiefstand von 8.441,71 Zählern durch die Corona-Krise erreichte, steht er aktuell zum 26.06. 2020 mittags bei 12.275 Zählern). Der 200-Jahres-Schaden schuf demnach keinen dauerhaften Krisenzustand. Folgenreicher als jene kurzfristigen Marktschwankungen ist aber nun das Beibehalten der Niedrigzins-Politik aufgrund der Corona-Pandemie.

Lebensversicherung: Noch immer von festverzinslichen Anlagen abhängig

Das hängt damit zusammen, dass die Lebensversicherer noch immer stark am Tropf der festverzinslichen Anlagen hängen. Und das, obwohl Versicherer durch alternative Produkte immer mehr versuchen, sich aus der Niedrigzins-Falle konservativer Anlagestrategien zu befreien. Dennoch: Durchschnittlich 81,3 Prozent der Kapitalanlagen (nach Marktwerten) waren zum Bilanzstichtag 2019 immer noch festverzinslich angelegt, führen die Experten von Assekurata aus.

Erfordernisse an die Aktiv-Passiv-Steuerung (ALM) und Kapitalanforderungen unter Solvency II nämlich motivieren noch immer zur Anlage in Festverzinsern, häufig verbunden mit längeren Laufzeiten. Dass demnach selbst bei alternativen Produkten wie den Indexpolicen, die als weniger abhängig von der Zinsentwicklung gelten sollen, Beiträge und Guthaben fast vollständig in das konservativ gehandhabte Sicherungsvermögen fließen, verwundert kaum (der Versicherungsbote berichtete).

Neue Anlagestrategien haben es schwer

Demnach ist der Anteil anderer Geldanlagen in der Lebensversicherung noch immer wesentlich kleiner, als man mit Blick auf den Niedrigzins annehmen könnte. Mit Stand vom 31.12. 2019 flossen in diesem Geschäftsjahr nur 2,9 Prozent der Anlagen in Aktien und nur 2,6 Prozent der Anlagen in alternative Investments. In Immobilien flossen außerdem 6,1 Prozent der Anlagen. Auch flossen 4,1 Prozent in Beteiligungen. Und 3,0 Prozent diverser Anlagen werden durch die Experten unter „Sonstiges“ zusammengefasst.

Freilich: Zugleich lässt sich jener Transformationsprozess weiterhin beobachten, der seit Jahren im Gange ist: Versicherer reduzieren ihre konservativen Anlagen. Seit 2011 ist der Bestand an festverzinslichen Wertpapieren bei den von Assekurata gerateten Lebensversicherern durchschnittlich um 10,3 Prozentpunkte zurückgegangen. Der Trend weg von Festverzinsern ist also zwar deutlich, verläuft aber dennoch langsam.

Zinszusatzreserve: Gut für Krisen

Dass Lebensversicherer die Corona-Krise nach jetzigem Stand gut bewältigen, liegt wesentlich auch an den strengen gesetzlichen Vorgaben zur Zinsvorsorge, unter denen Lebensversicherer ihre Verpflichtungen absichern müssen. Denn damit Altgarantien weiterhin bedient werden können, führte der Gesetzgeber schon in 2011 – bei wesentlich milderen Niedrigzins-Belastungen – die sogenannte Zinszusatzreserve als obligatorischer Sicherheitspuffer für die Branche ein (der Versicherungsbote berichtete). Und der Puffer hilft natürlich auch in Krisen wie der Corona-Krise.

Laut Berechnungen von Assekurata flossen branchenweit bereits über 65 Milliarden Euro von 2011 bis 2018 ins Finanzpolster. Mit Wirkung zum Bilanzstichtag 2018 wurden zwar neue und entlastende Regeln zur Berechnung der Zinszusatzreserve eingeführt: Ein „Korridor“ wurde gespannt, in welchem eine maximale Abweichung zum Vorjahreswert angenommen wird. Solche Möglichkeiten, Abweichungen der Marktentwicklung auszugleichen, sind natürlich auch für die Krise relevant.

Trotz dieser entlastenden Regeln haben aber die Lebensversicherer von 2011 bis 2019 einen ZZR-Bestand von knapp 75 Milliarden Euro aufgebaut und so auch umfangreiche Zinsvorsorge betrieben – eine Tatsache, die sich auch in Zeiten wie der Corona-Krise mildernd auswirkt.

Noch immer eine Hauptaufgabe des Geschäfts: Reserven für Altgarantien

Mit der Finanzierung der Altgarantien bleibt die Finanzierung der Zinszusatzreserve aber auch eine hohe Herausforderung für die Bilanzen der Lebensversicherer: Ihre Erfolgslage ist wesentlich von der Zinszusatzreserve geprägt, wie die Experten ausführen. In 2019 lag der Referenzzins für die Zinszusatzreserve bei 1,92 Prozent. Und Bestände mit Garantiezins ab 2,25 Prozent aufwärts waren von der Zinszusatzreserve betroffen und mussten auf den Referenzzins von 1,92 Prozent nachreserviert werden.

Unter Berücksichtigung der ZZR waren die Bestände Ende 2019 mit durchschnittlich 1,77 Prozent statt nominell mit 2,73 Prozent zu verzinsen. Die ZZR wirkt sich also deutlich auf den Geschäftserfolg aus und hält Mittel auf der Passivseite. Rund 80 Prozent der Branchenverpflichtungen fließen in die Zusatzreserve. Die ZZR-Zuführung für das Geschäftsjahr 2019 lag bei 9,5 Milliarden Euro.

Break-Even-Nettoverzinsung: Trotz ZZR-Reform steigen Zinsverpflichtungen wieder

Ein wichtiger Wert der Zinszusatzreserve ist zudem die Break-Even-Nettoverzinsung. Bei der Break-Even-Nettoverzinsung handelt es sich um eine Kennzahl, die darstellt, wie viel Kapitalanlageergebnis ein Lebensversicherer zur Erfüllung seiner Zinsverpflichtungen überhaupt benötigt. Genau genommen stellt die Kennzahl laut Assekurata jenen „kritischen“ Nettozins dar, der „rechnerisch erwirtschaftet werden muss, um zu einen ausgeglichenen Rohüberschuss – das heißt einem Rohüberschuss von genau null – zu gelangen.“

Sobald ein Versicherer den kritischen Prozentwert unterschreitet, erwirtschaftet er nicht genug Kapital, um alle herausgegebenen Garantien zu decken. Vor der entlastenden ZZR-Reform lag, in 2017, die Break-Even-Nettoverzinsung bei 3,31 Prozent. Sie sank durch Einführung der „Korridormethode“ in 2018 auf 2,32 Prozent. Jedoch: Schrittweise stieg der Kennwert wieder. Für 2020 prognostizieren die Experten, dass die Break-Even-Nettoverzinsung bei 2,95 Prozent liegen wird.


Der Ausblick: vorsichtig optimistisch

Wie aber lauten nun die Aussichten der Experten? Eine strukturelle Neuausrichtung stimmt optimistisch. Denn neue Produkte bescheren der Branche durchaus Wachstum: Die Lebensversicherer haben im zurückliegenden Geschäftsjahr 2019 ihren Neuzugang nach Beiträgen gegenüber dem Vorjahr um mehr als zehn Milliarden Euro gesteigert.

60 Prozent des Zuwachses durch neue Produkte

Nach Einschätzung von Assekurata entfallen rund 60 Prozent dieses Zuwachses auf Altersvorsorgeprodukte mit kapitaleffizienten Garantien, also insbesondere neue klassische, Index- und hybride Policen. Dieses Segment vereinnahmt mit etwa 45 Prozent zugleich die höchsten Prämienanteile im Neugeschäft. Auffallend ist auch: Das Beitragsplus verdankt sich zu einem bemerkenswerten Teil steigenden Einmalbeiträgen. Auch das könnte auf eine veränderte Produktstruktur deuten.

Es findet also eine Transformation im Markt statt, bei der neue Beteiligungs- und Garantiemodelle die alten Produkte mit hohen Zinsgarantie- Lasten ersetzen. Der Anteil der traditionellen Klassik geht erwartungsgemäß immer mehr zurück: In 2018 lag er bei 26,4 Prozent und in 2019 bei 2,3 Prozent. Und dieser Transformationsprozess wird sich weiter fortsetzen und wird, wie die Experten ausführen, durch Corona nur ausgebremst.

Marktkonsolidierung nimmt durch Corona zu

Beim Branchen-Rohüberschuss gibt es für 2019 ebenfalls einen Erfolg zu vermelden: Wenngleich er von 11.966 Millionen Euro in 2018 auf 10.950 Millionen Euro in 2019 zurückging, liegt er seit 2010 – noch immer – robust über der 10.000 Millionen-Euro-Grenze. Freilich liegt der Erfolg des Geschäftsjahres 2019, der nun trotz Corona zum Optimismus führt, auch an einer gewissen Zentrierung des Marktmarkt.

Denn mittlerweile würden knapp 77 Prozent der Beitragseinnahmen in der Lebensversicherung auf die zehn größten Anbieter gehen, knapp 30 Prozent allein auf die Allianz, führen die Experten aus. Im Jahr 2016 hingegen hätten die „Big 10“ noch lediglich 74,4 Prozent vereinnahmt und die Allianz 21,0 Prozent.

Stabile Gesellschaften könnten sogar profitieren

Es sind folglich auch die Gesellschaften mit einer soliden Bilanzstruktur sowie einer modernen und digitalen Geschäftsausrichtung, die letztendlich sogar von der Corona-Krise profitieren könnten. Größere Schwierigkeiten durch Corona hingegen bekommen Gesellschaften ohne solide Bilanzstruktur. Der Marktausblick Lebensversicherung 2020/2021 mit einer Vielzahl von Daten zum zurückliegenden Geschäft kann auf der Webseite von Assekurata kostenpflichtig bestellt werden.