R+V-Chef Rollinger: Vermittler sind „Buhmann“ für den Niedrigzins

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Sparen wird durch Zinsen belohnt. Diese Annahme galt lange als Selbstverständlichkeit – eine ganze Vorsorgelandschaft baute darauf auf. Auch Produkte der Lebensversicherung verhießen gute Zinsen auf eingezahlte Beträge. Denn wenngleich der so genannte Garantiezins in der Lebensversicherung nur den Sparanteil der eingezahlten Beträge betrifft (bei diesem Anteil werden Kosten für Vertrieb, Verwaltung und Risikokosten herausgerechnet), galt ein hoher Garantiezins lange Zeit als Haupt-Verkaufsargument der Leben-Policen. Das verwundert kaum: Zwischen Juli 1994 und Juni 2000 lag dieser Zins zum Beispiel kontinuierlich bei 4,00 Prozent, woran auch Rollinger in dem Interview mit dem Handelsblatt erinnert (das Interview ist auf der Webseite des Handelsblatts kostenpflichtig verfügbar).

Derart hohe Zinsgarantien und weitere Leistungen der Lebensversicherung – genannt sei zum Beispiel der Todesfallschutz vieler Produkte – sicherten der Lebensversicherung lange eine hohe Beliebtheit. Und: Kunden mit alten Verträgen profitieren nun weiterhin von den Garantien, die für die Versicherer jedoch nun teuer geworden sind. Zinsparer hingegen haben keine derartigen Vorteile des Vorsorgesparens über ältere Lebensversicherungsverträge, sind sogar aktuell von Minus- und Strafzinsen bedroht.

Die Zeiten hoher Garantiezinsen in der Lebensversicherung sind jedoch aufgrund der Niedrigzinspolitik auch für Neukunden schon länger vorbei. Demnach befindet sich auch jener durch das Bundesministerium für Finanzen (BMF) genehmigte Höchstrechnungszins für Leben-Tarife im Sinkflug, der für viele Lebensversicherer zugleich Richtwert ist für den so genannten Garantiezins auf Spareinlagen: 0,90 Prozent beträgt er seit Januar 2017. Und der Garantiezins könnte weiter sinken, wie Rollinger im Interview mit dem Handelsblatt eingesteht:

Laut Rollinger wäre es derzeit „schwierig“, die Garantie von 0,9 Prozent „noch zu halten“. Aus diesem Grund müsse die Deutsche Aktuarvereinigung „in den kommenden Monaten darüber reden“, ob „der Garantiezins noch einmal gesenkt werden muss“. Könnten sich die Versicherer von der allgemeinen Renditeentwicklung doch „nicht einfach abkoppeln“.

Wovon sich freilich immer mehr Lebensversicherer abkoppeln können, das sind die teuren Garantien. Demnach bieten immer mehr Lebensversicherer Produkte der sogenannten „Neuen Klassik“ an, für die garantierte Zinsen keinen Richtwert mehr darstellen.

Damit aber hat sich zwar das Problem teurer Garantien, nicht jedoch das Problem niedriger Zinsen und geringer Renditen durch die Niedrigzinspolitik der EZB erledigt. Denn auch für Produkte der „Neuen Klassik“ muss ein Großteil der Kunden- und Beitragsgelder im Sicherungsvermögen bzw. dem Deckungsstock der Lebensversicherer angelegt werden – die Versicherer sind weiterhin gebunden an einen hohen Anteil zinsabhängiger (zum Beispiel festverzinslicher) Wertpapiere (der Versicherungsbote berichtete).